Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch
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Читать онлайн книгу Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch страница 11
»Dann werden wir morgen also Newgrange unter die Lupe nehmen und das Cottage beziehen, um dort Pläne zu schmieden«, schlussfolgerte Nadja.
»Ganz recht.«
»Hoffentlich gibt es in dem Haus genug Zimmer, denn noch einmal nehme ich nicht mit dir vorlieb.«
Er grinste. »Es hat deren drei. Und wir werden jetzt aufbrechen.«
Das war Nadja sehr recht, denn David war inzwischen etwas zu sehr von jungen Damen umlagert, fand sie. Kurz überlegte sie, dann blitzte Schalk in ihren Augen auf. Sie stand auf, brachte die Kleidung in den richtigen Sitz und schritt dann mit wiegenden Hüften und strahlendem Lächeln auf die Theke zu. Demonstrativ zeigte sie ihren leicht gewölbten Bauch unter dem hautengen T-Shirt, der bei ihrer schlanken, straffen Figur nur eine Deutung zulassen konnte. Die Menschen wichen ihr unwillkürlich, unbewusst aus, mit leicht verdutzten, aber nicht ablehnenden Gesichtern. Als ihr Blick sich mit Davids kreuzte, schien er für einen Moment flüchtig darüber hinweggehen zu wollen und mit dem Mixen fortzufahren. Doch dann ließ er die Hände sinken, die Augen unverwandt auf sie gerichtet. Ein verklärtes Lächeln erhellte seine Züge, und Nadja sah ein sanftes Glühen im Zentrum seiner Brust, knapp über dem Herzen. Dies galt allein ihr.
Enttäuschung malte sich auf den Gesichtern der Mädchen und jungen Frauen ringsum, die anhand der Miene erkannten, dass sie verloren hatten. Ab diesem Moment waren sie für den attraktiven neuen Barmann gar nicht mehr existent.
»Es ist spät«, sagte Nadja sanft. Die Polizeistunde schlug ohnehin gleich. Immerhin besaß der Pub eine Konzession bis Mitternacht, und vermutlich ging es danach hinter geschlossenen Türen weiterhin hoch her. Doch nicht für sie.
Um sie herum herrschte immer noch Stille. Nadja spürte Fabios Präsenz im Rücken, als er sich langsam näherte und weitere Menschen zum Abrücken brachte.
»Dann … wollen wir mal«, sagte David, der nicht mehr so recht zu sich zu finden schien, denn seine Bewegungen waren immer noch leicht fahrig. Er nickte dem Barmann und Marsha zu. »Ab jetzt übernehmt ihr wieder.« Damit verließ er unter Beifall seinen Platz hinter der Theke. Aus dem Nebenraum kam gerade Rian, mit den unsichtbaren Kobolden im Gefolge, und unter lauten Verabschiedungsrufen verließen sie alle den Pub und fanden sich in einer milden Nacht voller Sternglitzer und Vollmond wieder. Es war angenehm still, nur gelegentliche ferne Autogeräusche, und auf den Weiden wanderten grasende Pferde und Kühe, schwache Silhouetten im Mond- und Straßenlicht. Und das mitten im geschäftigen Europa.
»Hier gefällt’s mir«, stellte Pirx fest und tanzte die Straße entlang. »Es ist fast wie daheim, und die Menschen verstehen echt was von Musik!«
Auch der alte Grogoch wirkte bedeutend munterer als sonst und erzählte, dass er ähnliche Abende in den Schwarzbergen erlebt habe. Rian und Fabio gingen untergehakt und sangen von der steinigen Straße nach Dublin. David hatte den Arm um Nadjas Taille gelegt, halb an ihren leicht vorgewölbten Bauch, und wanderte still mit ihr dahin, sein Gesicht völlig entspannt und friedlich.
Das ist es, was wir brauchen, dachte Nadja. Zuversicht, Hoffnung.
3.
Der Getreue: Auf der Suche
Erregung erfasste den Getreuen, er vibrierte durch und durch, als er auf das Tor zuschritt. Er konnte es schon deutlich erkennen: Es war stabil!
Die Mühen hatten gefruchtet, es hatte geklappt! Ein Plan nach dem anderen ging auf, unaufhaltsam wie der Löwenzahn im Frühjahr, wenn die Wiesen gelb wurden. Nun konnte Bandorchu nichts und niemand mehr aufhalten. Der große Schritt war getan.
Der Getreue hielt die Schultern gerade, als er gemessenen Schrittes durch das Tor des Schattenlandes ging, den vertrauten privaten Raum vor sich sah, Zeuge so vieler leidenschaftlicher Stunden …
… aber er war leer.
Verblüfft blickte der Mann ohne Schatten sich um. Es gab nur wenig, das ihn aus der Fassung bringen konnte, und dies hier … brachte ihn an den Rand der Beherrschung.
Wo war Bandorchu? Das Tor war geöffnet und dauerhaft, das konnte nur das Werk der Königin gewesen sein! Aber weshalb war sie dann nicht hier und erwartete ihn? Gewiss, er hatte nach dem Setzen des Stabs ein wenig länger zur Erholung gebraucht, aber damit hatten sie ja beide gerechnet. Oder nahm sie etwa an, er sei tot? Nein, unmöglich, sie wusste, dass er nicht einfach so sterben konnte, nicht einmal nach einem Kampf gegen Morgana und einer gewaltigen Machtentfaltung, die einen Vulkan zur Explosion brachte.
Er witterte in die Luft, tastete mit seinen magischen Sinnen. Sie ist nicht hier. Ihr Blütenduft schwang durch die Luft, erfüllte den ganzen Raum, doch war er bereits am Verwelken. Und ihre magische Spur …
Der Getreue fuhr herum. War es möglich … sein mächtiger Körper setzte sich in Bewegung, und er hastete den Weg zurück, in die Menschenwelt. Unterwegs hatte er plötzlich das Gefühl, etwas würde reißen in ihm, und ein kurzer Schmerz durchzuckte ihn, doch er achtete nicht darauf. Er verließ das Portal und fand sich am schwarzen Felshang des Ätna wieder, und da saßen Cor und der Kau und sahen ihn erstaunt an. Dann sprangen sie hastig auf und verneigten sich.
»Ist sie hier?«, schrie er die beiden an, die sich daraufhin wieder aufrichteten. Verständnislosigkeit lag in ihren großen Augen, und sie warfen sich unsichere Blicke zu.
»Die Königin!«, fuhr er fort. »Ist sie bereits hier durchgekommen?«
Besorgnis zerknitterte das hagere Gesicht des Kau. »Nein, Meister«, fistelte er betreten und verknotete die Finger ineinander.
»Wir haben hier auf Euch gewartet, wie Ihr befohlen habt«, fügte der Spriggans hinzu. »Wir hätten nicht erwartet, Euch so schnell …«
»Setzt die Wache fort!«, unterbrach er zornig. »Dies wird eine Weile dauern.« Er wandte sich ab und schritt ein weiteres Mal durch das Portal, diesmal alle Sinne angespannt, auf der Suche nach einer Spur. Das Seltsame war, seitdem er dieses Gefühl des Reißens gehabt hatte, war er innerlich leer. Beinahe so wie in der Höhle der Skylla, doch diesmal bei vollem Bewusstsein. Was war nur geschehen?
Mit raschen Schritten durchquerte er den Privatraum der Dunklen Frau und riss die Tür auf.
Niemand da, der Gang leer und verlassen, nicht einmal eine Wache. Auch der Zofensitz war unbesetzt, eine unverzeihliche Nachlässigkeit. Der Mann ohne Schatten eilte lautlos den Gang entlang, dessen teils kristalline Wände durch Bandorchus Gedanken geschwärzt waren. Nur am Rande registrierte er, dass auch hier ein gewaltiges Erdbeben stattgefunden hatte. So viele filigrane Dekorationen, Kristallblumen, selbst Gewächse, waren vernichtet und dem Verfall ausgesetzt. Als er aus einem Fenster blickte, sah er, dass ein Großteil der Außenmauer eingestürzt war, der Park zerstört. Stellenweise erreichten die Schatten der schwarzen Wolken Kammern, deren Dach abgedeckt oder eingebrochen war. Im Park schimmerte sogar hier und da der Spiegelboden durch. Dieser Bereich aber war die Zitadelle, das erste errichtete Fundament. So stabil, dass es dem Untergang getrotzt hatte, die Mauern standen unversehrt, auch wenn es innen verheerend aussah.
Der Getreue erreichte den Thronsaal, dessen hölzernes Portal – in dem ein Wurzelfüßer eingebaut worden war, der sich aufgegeben hatte – sich von selbst vor ihm öffnete, als es ihn nahen spürte. Das Geisterabbild trauriger Augen verfolgte den Getreuen, als er hindurchschritt und neben den Thron trat.
Schweigen