Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch страница 6
Der Spriggans war wieder am Ende seiner Kräfte, und sie fielen ein zweites Mal hin. Beim Getreuen veränderte sich dadurch nichts. Sein Fleisch war nicht tot, denn es fühlte sich nachgiebig und warm an. Aber sein Geist schien den Körper vollständig verlassen zu haben. Vielleicht für immer.
Ab und zu sahen die beiden Elfen sich furchtsam um, ob nicht doch die Königin von Luft und Dunkelheit erschien und sie erneut in den Bann der Gefangenschaft schickte. Sie wären jetzt völlig hilflos. Aber vielleicht hatte Morgana ebenso unter Schwäche zu leiden, schließlich hatte sie sich im Kampf gegen den Getreuen verausgabt und sich dann um den Schutz der anderen gekümmert.
Während Cor als zusammengeschrumpelter wirrer, handtellergroßer Fellball dahockte und japste, suchte der Kau einen Weg, das Portal zu öffnen – und zwar ins Schattenland. »Wenn die Königin das Tor auf ihrer Seite bereits geöffnet hat, muss es auch von dieser Seite aus funktionieren!«, fistelte er. Über den Wunsch zu fliehen hatten beide nicht mehr gesprochen. Der Kau tat so, als habe er es nie erwähnt. Er mühte sich ab, das Portal zu öffnen, aber es gelang ihm nicht. Ratlos, ruhelos wanderte er auf und ab.
Der Tag verging ohne Veränderung. Zum Glück kamen keine Menschen hier herauf. Das Wetter hatte sich beruhigt, der Berg grummelte nur noch ein bisschen.
»Ich habe Hunger«, klagte der Kau.
»Ich bin schon so schwach, dass ich nicht einmal mehr die Haare aufstellen kann«, stimmte der Spriggans zu.
Dicht aneinandergedrängt verbrachten sie eine weitere elende Nacht, und der Kau merkte, dass Cor allmählich Zweifel kamen, ob es überhaupt einen Sinn hatte, hier weiter zu warten. Vielleicht konnte er ihn doch überreden …
Der nächste Morgen brach an. Die beiden kleinen Elfen hatten unruhig gedöst, als sie unvermittelt erschrocken hochfuhren.
Übergangslos setzte Kälte ein und der Getreue sich auf. Mit fließenden Bewegungen kam er auf die Beine und klopfte sich feucht klebenden und halb angetrockneten Lavasand ab.
Seine beiden Gehilfen starrten verstört zu ihm hoch. »M-Meister …«, begann Cor schließlich, da der Kau keinen Ton herausbrachte.
»Ja?«, grollte der Verhüllte unwirsch und kurz angebunden wie stets.
»Ist … alles in Ordnung?«
»Was soll diese dumme Frage?«
Der Kau räusperte sich. »Na ja, wir waren nicht sicher, ob Ihr je wieder …«, fing er an und jaulte auf, als der Getreue ihn an den Ohren packte, mit der anderen Hand den Spriggans ergriff und beide mit sich nahm, auf das Portal zu. Unsanft setzte er die zwei kurz davor ab. »Ihr wartet hier, während ich ins Schattenland gehe und die Königin hole«, befahl er. »Ihr haltet die Stellung, egal was passiert, verstanden?«
Beide beeilten sich zu versichern, dass sie den Befehl befolgen würden, und wie dankbar sie seien, dass er wieder unter ihnen weilte.
Einen kurzen Moment verharrte der Verhüllte, und sein verborgener Blick musterte sie so eindringlich, dass die Elfen vor Kälte schlotterten. »Und verschafft euch ein anständiges Äußeres, es ist eine Schande, wie ihr ausseht!«
»S-selbstverständlich, Meister«, stammelten sie wiederum im Chor.
»Und, wenn Ihr gestattet«, fügte der Kau hinzu, »wir … wir sind sehr hungrig …«
»Hungrig.«
»Ja, Meister.«
Der Getreue drehte sich leicht, griff mit der behandschuhten Linken in eine Spalte der Steilwand und zog eine fiepende Ratte hervor, die er dem Kau hinwarf. Der reagierte reflexartig, fing das Tier und schrie auf, als es ihn mit scharfen Nagezähnen in die Hand biss. »Da habt ihr«, sagte der Verhüllte, drehte sich um und schritt durch das Portal. Kurz darauf war seine finstere Gestalt im Licht verschwunden.
»Wann hat er es geöffnet?«, stieß Cor verdattert hervor.
Der Kau konnte keine Antwort geben, er kämpfte mit der Ratte, die sich zäh an ihr Leben klammerte und immerhin ein Viertel seiner Körperlänge maß – ohne Schwanz. »Ich hasse ihn!«, schrie er. »Ich bringe ihn um, das nächste Mal ganz bestimmt!«
Da musste der Spriggans plötzlich lachen. »Ja, genauso wie die Ratte!«, gackerte er und kugelte sich über den Boden.
2.
Nadja: Ins Boyne Valley
Heute.
»Liiinks! Linke Spur! Du musst liiinks faaaahreeeen!«, kreischte Pirx und hielt sich das rote Mützchen vor die Augen.
Der Wagen schlingerte über die Fahrbahn, ein entgegenkommendes Auto konnte gerade noch hupend und mit blitzendem Fernlicht ausweichen, dann lehnte der Rover sich an die linke Leitplanke an und fand endlich wieder auf sichere Bahn.
Strafend blickte Fabio Oreso von der linken Beifahrerseite auf David Bonet, der hochkonzentriert das Steuer umklammert hielt, die sonst kühn geschwungenen Augenbrauen fest zusammengezogen, den Blick starr auf die Straße gerichtet.
»Nächstes Mal«, sagte der Venezianer streng, »fahre ich!«
»Ich weiß nicht, was ihr immer alle habt!«, gab David entrüstet zurück. »Ich bin ein sehr guter Autofahrer!«
»Bist du nicht!«, schrien alle im Chor, die sich noch im Wagen aufhielten, die meisten davon mit geschlossenen Augen und Angstschweiß auf der Stirn.
»Ich hätte mich niemals überreden lassen sollen«, brummte Fabio.
»Ich habe dich nicht überredet«, erwiderte David grinsend. »Ich hab dich reingelegt.«
»David, bei allen Göttern, fahr endlich links ran und lass Fabio ans Steuer!«, forderte Rian ihren Zwillingsbruder zum wiederholten Mal auf, nun deutlich ungehalten.
»Wenn ich mich scheiden lassen könnte, würde ich es tun!«, schimpfte Nadja, deren Flüche der letzten halben Stunde bewundernde Blicke von Pirx eingebracht hatten. »Wenn du schon nicht auf uns hörst, dann wenigstens auf deinen ungeborenen Sohn, dem es mindestens ebenso speiübel ist wie mir!«
»Ach was, das bisschen Schaukelei, das liebt er«, gab David ungerührt zurück und steuerte schon wieder die rechte Straßenseite an, fing sich aber gerade noch rechtzeitig, als er einen Wagen entgegenkommen sah. »Ein Verkehr ist das hier …«
Außerdem regnete es in Strömen, und man sah höchstens hundert Meter weit. Aber das störte den Elfenprinzen kaum. Er hatte noch nie vor irgendetwas Angst gehabt. Im Gegensatz zu den anderen im Auto, die diesen Begriff seit Antritt der Fahrt etwa alle Viertelstunde neu definierten.
Wie sie es vom Flughafen Dublin überhaupt bis hierher geschafft hatten, war allen ein Rätsel. Andererseits war der Verkehr rund um Irlands Hauptstadt von sich aus schon chaotisch, wenngleich nicht ganz so turbulent wie in Catania, wie Nadja fand. Doch dieses Chaos reichte aus, dass David das Auto irgendwie unbeschadet hindurchbrachte, und nun waren sie in den Norden Richtung Drogheda unterwegs.
Die Nerven