Belgische Finsternis. Stephan Haas

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Belgische Finsternis - Stephan Haas

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      »Hallo.«

      »Hi, Ella, Brit hier. Ich komme gerade vom Kinderarzt. Jonas hat hohes Fieber und am ganzen Körper Ausschlag. Der Arzt vermutet Röteln. Es tut mir leid, aber Pierre kann deshalb leider doch nicht hier schlafen. Kannst du ihn doch selbst abholen heute Abend?«

      Ella verarbeitete nur langsam das soeben Gehörte.

      »Ja … sicher. Ich kümmere mich drum. Es wird schon irgendwie gehen.«

      »Hast du schon das Gespräch geführt?«, fragte Brit.

      »Das Gespräch«, wiederholte Ella für sich. Fast hätte sie es vergessen. »Nein, noch nicht.«

      »Du musst es tun, Ella. Für dich!«, sagte Brit mit energischer Stimme.

      »Ja, das werde ich«, sagte Ella geistesabwesend und legte auf. Das »Gute Besserung an Jonas« sagte sie erst, nachdem sie das Handy bereits wieder in die Hosentasche gesteckt hatte.

      Pierre … er muss zu dir!

      Plötzlich richtete Ella sich auf. Sie glaubte, eine Stimme gehört zu haben, die ihr bekannt vorkam. Einige Reihen weiter konnte sie diese einer älteren Dame mit grauen Locken zuordnen, die Gebete in die Richtung des Grabes vor ihr sprach. Anschließend machte sie wieder das Kreuzzeichen.

      Erst zweifelte Ella, doch nach zweitem Hinsehen war sie sich sicher. Ella kannte die Frau tatsächlich. Es war Wilma Ersfeld, die alte Schuldirektorin. Die ehemals grazile Dame bewegte ihren rundlichen Körper etwas mühsam auf den geschwollenen Knöcheln vorwärts. Dank der unveränderten Vorliebe für Nickelbrillen und dunkelgrüne Röcke war sie nicht zu verwechseln. Hinter ihr stand ein Mann um die vierzig, der die blonden Haare zu einem Zopf gebunden hatte und einen Schäferhund an der Leine hielt. Er wartete in aller Ruhe, bis Wilma fertig war, dann schritten sie nebeneinander in Richtung Parkplatz. Ella war nun allein auf dem Friedhof.

      Mit den Toten.

      Nervös schaute sie auf ihr Handy, um die Uhrzeit abzulesen. Vierzehn Uhr achtundvierzig.

      Noch zwölf Minuten bis zur Stunde der Wahrheit.

      Wenn sie pünktlich im Präsidium sein wollte, musste sie bald losfahren. Bevor sie das Auto erreichte, sendete sie noch schnell eine SMS an Pierre: »Ich komme dich doch abholen. Um 18 Uhr am Pfadfinderheim, ok? Kuss, Mama.«

      Dass sie ihn mit nach Raaffburg nehmen musste, wollte sie ihm mitteilen, sobald er im Auto saß.

      Die Antwort kam postwendend zurück: »ok«.

      Achtzehn Uhr. Schaffst du das überhaupt? Erst zur Polizei, dann in den Feierabendverkehr …

      Sie schloss die Augen. Sie musste nachdenken. Aber ihr Kopf ließ keinen klaren Gedanken zu, er hatte zu brummen begonnen. Sie entfernte sich einige Meter von dem Auto und ging auf einem Weg, der entlang der Kirche verlief, auf und ab. Sie musste erst das Durcheinander in ihrem Kopf zähmen, bevor sie den Polizisten begegnen konnte. Die mächtigen Ahornbäume schützten sie vor den stechenden Sonnenstrahlen. Der Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch acht Minuten Zeit hatte. Sie hatte sich gerade auf eine Bank gesetzt, als ihr Handy klingelte. Ihr Atem stockte, als sie den Namen las.

      »Hallo.«

      »Hi, Ella, zum Glück erwische ich dich noch.«

      Durch den Hörer vernahm Ella das Rauschen der Autobahn im Hintergrund. »Ich habe nicht viel Zeit.« Obschon sie die Wahrheit sagte, hatte sie ein mieses Gefühl.

      »Dann geht’s dir wie mir. Ich bin auf dem Weg zu einem Kunden, aber ich mach’s kurz. Es geht um Samstag. Ich kann leider nicht nach Trier kommen. Wir haben ein wichtiges Event, das ich verschwitzt hatte einzutragen. Tut mir leid.«

      Ella blickte um sich, ob auch niemand mithörte.

      »Okay, schade.«

      Sie hätte gern mehr gesagt, aber sie wusste nicht, was. Zu viele andere Dinge schossen ihr durch den Kopf.

      »Hast du Stress auf der Arbeit?«

      »Ich habe freigenommen.«

      »Ach so. Ist irgendwas?«

      Irgendwas? Nein, es ist nicht irgendwas.

      »Nein. Alles gut.«

      »Nun sag schon!«

      Sie kannte die furchteinflößende Eindringlichkeit in der Stimme nur zu gut.

      Sag es besser.

      »Ich bin in Raaffburg.«

      »Wie bitte?« Die Stimme am anderen Ende nahm an Kraft zu.

      Bleib jetzt stark!

      »Pierre kommt auch.«

      »Was? Du verarschst mich!«

      »Nein.«

      Ella drückte ihre Füße gegen den Teerboden, und ihre Gelenke knacksten leise.

      »Bist du bescheuert? Warum bist du hier?«

      Bescheuert. Das einzig Bescheuerte ist das ganze Theater, das ich seit Jahren mitspiele.

      Ella wollte stark klingen, aber ihre Stimme kam kaum über ein Flüstern hinaus. »Die Polizei hat mich aufgefordert zu kommen. Felix’ Schülerkalender wurde gefunden.«

      »Felix’ Schülerkalender?«

      Ella machte ein bestätigendes Geräusch.

      »Ja und?«

      Ella schloss ihre rechte Hand zu einer Faust und richtete sich auf. »Keine Ahnung. Da steht wohl irgendwas über Gregory drin … Ich muss gleich dort sein.«

      »Na, das wird ja immer besser. Konntest du dir keine Ausrede einfallen lassen?«

      Ella hob den Kopf und blickte durch die Blätter des Ahornbaums. Sie suchte die Sonne, versuchte, sie zu fixieren, aber ihr Licht war zu grell. Dann entdeckte sie einen Marienkäfer, der am Rand eines großen Blattes saß.

      »Ich hab keine Lust mehr auf Ausreden.«

      »Wie bitte? Ella! Was ist los mit dir?«

      Ella schwieg. Sie bemerkte, dass ein Flügel des Marienkäfers nutzlos abstand.

      Nicht aufgeben, kleiner Käfer!

      »Jetzt gehst du natürlich hin, damit die Polizei keinen Verdacht schöpft. Sag denen nur ja nichts von uns!«

      »Natürlich nicht.«

      Ein Windhauch ließ die Blätter rascheln. Die Sonnenstrahlen trafen ihre Augen. Sie blinzelte. Als sie wieder aufblickte, war der Marienkäfer verschwunden.

      »Nach deinem Meeting bei der Polizei rufst du mich an! Wir werden uns morgen sehen müssen.«

      Du bist stark, du bist Ella!

      »Ich

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