Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Du heiratest nun einmal einen Mann mit Vergangenheit, Rita.« Das war ein etwas magerer Scherz.
»Zum Heiraten gehören bekanntlich zwei«, gab Rita kühl zurück. »Ich habe nicht die Absicht, für deinen Sohn die liebende Mutter zu spielen. Diese Rolle liegt mir nicht. Ich hätte auch gar keine Zeit dazu. Es war ausgemacht, dass der Junge bei deiner Frau bleibt.«
»Rita, versteh mich doch! Ich habe Jochen lieb. Für mich als Vater bedeutet der Junge eine Verantwortung.«
Sie sah ihn vorwurfsvoll an. »Wenn du deinen Sohn mehr liebst als mich, ist es am besten, du fährst mit ihm nach Hause und kommst nicht wieder, Siegfried. Du wolltest einen Strich unter die Vergangenheit ziehen und ganz neu mit mir anfangen. Jetzt scheint dir dazu der Mut zu fehlen. Erfolg hat man nur, wenn man jeden Augenblick bereit ist, alles zu riskieren. Wer mit halbem Herzen bei einer Sache ist, wird am Ende mit leeren Händen dastehen.«
»Rita, du weißt, dass ich dich liebe. Warum willst du mich nicht verstehen? Es kann nicht alles nur nach deinem Kopf gehen.«
In ihren Augen blitzten Zorn und Leidenschaft. Sie war hinreißend schön.
»Du hast die Wahl«, sagte sie leise. »Entweder der Junge oder ich.« Sie bog den Kopf in den Nacken und bot ihm die Lippen. Sie war ihres Sieges völlig sicher.
Doch mit Siegfried Werner geschah etwas Seltsames. Er betrachtete Rita plötzlich mit anderen Augen. Jäh überfiel ihn die Erkenntnis, dass Geld und wilde Leidenschaft nichts mit Liebe zu tun hatten.
»Ich muss mich für Jochen entscheiden«, hörte er sich sagen und wunderte sich, wie ruhig seine Stimme dabei klang.
»Wie du willst, Siegfried.« Nur mühsam verbarg sie ihre Enttäuschung. »Allerdings halte ich es unter diesen Umständen für besser, wenn wir auch unsere Geschäftsbeziehungen wieder lösen. Jim Wells hat mir erst gestern wieder eine Offerte gemacht. Ich werde mit ihm einen Vertrag abschließen.«
Hatte er diese eiskalte Frau jemals in den Armen gehalten? War er von Sinnen gewesen, als er um ihretwillen Lilo und Jochen hatte aufgeben wollen?
Bei dem Gedanken an Lilo krampfte sich Siegfrieds Herz zusammen. Ich habe Lilo verloren. Das ist meine Strafe, dachte er.
»Wahrscheinlich kommst du mit Wells besser aus als mit mir, Rita«, antwortete er gefasst. »Die fertiggestellten Entwürfe musst du mir allerdings honorieren.«
»Du kannst mir die Rechnung schicken. Ich bin durchaus nicht zu stolz, deine Arbeit auszuwerten. Dazu sind die Sachen viel zu gut.«
»Dann …, dann wünsche ich dir weiterhin viel Erfolg, Rita. Leb wohl.«
Nun war sie doch betroffen. »Willst du jetzt fort?«, fragte sie.
»Ja, Rita, ich halte das für das Beste.«
Sie schwieg. Da ging er stumm hinaus. In seiner Brust war eine seltsame Leere.
Er fand Jochen noch hellwach. »Komm, Jochi, wir packen und fahren nach Hause.«
Der Bub sprang sofort aus dem Bett und fragte nicht viel. Kaum zehn Minuten später saßen Vater und Sohn im Auto. Rita Hellmann ließ sich nicht mehr blicken.
*
Lilo hatte lange untätig im Sessel gesessen. Ihre endlosen Grübeleien hatten zu nichts geführt. Nun war es schon zu spät. Gerda war auch nicht gekommen, obwohl sie es doch versprochen hatte. Morgen vielleicht …
Warten, warten und immer wieder warten.
Es hat keinen Sinn, dachte die verzweifelte Frau. Ohne Jochen und ohne Siegfried will ich nicht mehr leben. Das Herz tat ihr weh, weil sie sich eingestehen musste, dass die Liebe in ihrer Ehe nicht stark genug gewesen war, sich in der Stunde der Prüfung zu bewähren.
Eine neue Klarheit überkam sie. Sie begriff, dass sie mit Klaus Magnus niemals glücklich geworden wäre. Ihre Liebe gehörte Siegfried, den sie an die andere Frau verloren hatte. Er wird Jochen mitnehmen und glücklich sein, dachte sie und konnte nicht einmal mehr weinen.
Ihr Kopf schmerzte unerträglich. Langsam stand sie auf und stieg die Treppe hinauf, um sich im Bad eine Tablette zu holen. Als Erstes fiel ihr ein Schlafmittel in die Hand. In dem Glasröhrchen fehlte nur eine Tablette.
Lilo presste die Hand gegen die Stirn. Einschlafen und nicht mehr erwachen! Kein Kopfweh mehr kennen und keine Einsamkeit …
Sie nahm ein Glas und ließ die Tabletten hineinfallen, eine nach der anderen. Dann warf sie das Röhrchen fort und füllte das Glas zur Hälfte mit Wasser. Die Tabletten zerfielen, die Flüssigkeit sah nun milchigtrüb aus.
Als sie das Glas an die Lippen setzte, hörte sie, dass unten die Haustür aufgeschlossen wurde. Hastig stellte sie das Glas ab und lief nach unten.
In der Diele stand Siegfried ihr gegenüber. Er trug Jochen auf den Armen. Der Junge schlief fest. Sein Kopf ruhte auf der Schulter des Vaters.
»Jetzt kommt ihr?«, fragte Lilo fassungslos. »Mitten in der Nacht?«
Ihr Mann sah sie bittend an. »Jochen wollte heim, Lilo. Ich sehe ein, dass ich einen schrecklichen Fehler begangen habe. Hier bringe ich dir unseren Jungen zurück. Für mich ist es leider zu spät zur Umkehr. Trotzdem solltest du wissen, dass es ab heute keine Verbindung mehr zwischen Rita Hellmann und mir gibt.«
Lilo rang nach Atem. »Du …, du würdest bei mir bleiben, Siegfried?«, stammelte sie fassungslos und mit versagender Stimme.
»Darf ich das denn jetzt noch?«
In Lilos totenbleichem Gesicht erwachte ein scheues ungläubiges Lächeln. »Ich liebe dich, Siegfried«, flüsterte sie.
Über des Jungen Kopf hinweg fanden sich ihre Lippen.
Jochen schlug die Augen auf und blinzelte schläfrig ins Licht. »Sind wir bei Mutti?«, fragte er.
»Ja, Jochen.«
»Dann braucht ihr euch nicht scheiden zu lassen, nicht wahr?«
»Nein, das ist nun nicht mehr nötig, Jochen.«
Der Bub strahlte seine Eltern an. »Also hat Frau von Lehn im Tierheim recht gehabt«, rief er aus.
»Wieso, Jochen?«
»Weil sie gesagt hat, dass ihr es vielleicht doch nicht tun werdet. Jetzt stimmt es. Darf ich morgen zu ihr gehen und es ihr erzählen? Sie freut sich bestimmt.«
»Natürlich, Jochi, besuche sie nur.«
Lilo küsste ihren Sohn auf die weiche Wange. Es machte ihr plötzlich nichts mehr aus, dass er mit Andrea von Lehn sprechen wollte.
Gemeinsam brachten sie den ungewaschenen, todmüden Buben zu Bett. Jochen rollte sich zusammen wie ein Igel und schlief sofort wieder ein.
Siegfried Werner zog seine Frau in die Arme und strich ihr über das wirre Haar. Es gab manches, was sie einander zu sagen hatten. Doch das hatte nun Zeit, viel Zeit.
Im Bad schüttete Lilo verstohlen das Glas