Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Weißt du, jetzt verstehe ich, warum Jochens Eltern mich nicht so gern leiden mochten wie ihn.«
»Wir wollen trotzdem dankbar sein, dass sie dich aufgenommen haben. Sie sind für dich Onkel und Tante, weil Jochens Mutter und deine Mutter Schwestern waren.«
Klaus Magnus schwieg eine Weile und hing seinen eigenen Gedanken nach. Das ständige Beisammensein mit seinem Sohn hatte ihm völlig neue Erkenntnisse vermittelt. Unmerklich hatte er sich zugleich innerlich von Lilo Werner entfernt. Immer klarer war die Erkenntnis geworden, dass es in erster Linie ihre Ähnlichkeit mit Gabi gewesen war, die ihn gefesselt hatte. Was Klaus über das Verhalten seiner Pflegemutter berichtet hatte, trug außerdem dazu bei, dass er Lilo mit anderen Augen zu betrachten begann. Es beschämte ihn jetzt, dass er die Abwesenheit ihres Mannes gewissermaßen ausgenutzt hatte.
Sie wird mich verstehen, dachte er. Wir haben uns hinreißen lassen, aber glücklicherweise nicht zu weit. Frau von Schoenecker hat recht. Es geht um die Kinder. Klaus kommt mit mir, und Jochen wird bei seinen Eltern bleiben.
»Warum sagst du nichts, Daddy?«
»Ich habe mir etwas überlegt.«
»Etwas Schönes?«
»Hm … Dass es nicht mehr lange dauert, bis wir abreisen.«
»Kommen wir nie mehr wieder?«
»Doch, Klaus. Und wir werden dann auch Sophienlust besuchen.«
»Das ist gut.« Der Bub seufzte erleichtert auf. »Ich gehöre doch zu den glücklichen Kindern von Sophienlust. Schau, da drüben ist unser Märchenwald. Mein Namensbäumchen kann ich dir zeigen. Jedes Kind hat einen solchen Baum.«
Klaus führte seinen Vater zu der Baumschule, die an der Stelle angelegt worden war, wo ein Waldbrand gewütet hatte. Viele der jungen Bäume trugen einfache Schilder, auf denen die Namen von Kindern standen, die einmal in Sophienlust gewesen waren oder sich noch immer dort aufhielten.
»Hier, Klaus Werner steht darauf, Daddy.«
»Bald müssen wir das ändern, Junge. Du wirst Klaus Magnus heißen, genau wie ich.«
»Damit alle Leute wissen, dass du mein Daddy bist?«
»Ja, Klaus.«
»Du – Daddy?«
»Ja, Klaus?«
»Wer kocht eigentlich für uns in Südafrika?«
»Ich habe eine Köchin, Klaus. Sie wird sehr lieb zu dir sein.«
»Na ja, aber eine Köchin ist keine Mutti.«
»Nein, das nicht.«
Klaus Magnus hatte sich Lilo manchmal in seinem großen weißen Haus vorgestellt. Jetzt wusste er, dass er damit Gabi gemeint hatte. Aber Gabi lebte nicht mehr.
»Vielleicht finden wir eine Mutti. Gibt es so etwas in Südafrika?« Es hörte sich an, als könnte man eine Mutti im Laden kaufen.
»Keine Ahnung, Klaus«, antwortete der Vater. »Möglich, dass wir Glück haben.«
Sie kehrten ins Herrenhaus von Sophienlust zurück, und Klaus Magnus nahm wie üblich am Abendessen der Kinder teil. Er war sehr beliebt, weil er großartig von Südafrika erzählen konnte. So hatte er sich voll und ganz in diese harmonische Welt eingelebt und ahnte nicht, wie einsam und verzweifelt Lilo Werner war.
*
Es war nur ein unbedeutender Unfall, doch der Arzt bestand darauf, dass Gerda Ahlsen eine Woche liegen blieb. Sie hatte sich im Institut den rechten Fuß vertreten. Mit bandagiertem Sprunggelenk lag sie nun auf der Couch, zu völliger Untätigkeit verurteilt.
Der Fuß schmerzte. Doch die Gedanken, die sie bisher sozusagen gewaltsam verdrängt hatte, waren quälender als die Verletzung. Ein neuer Brief von Arnulf Jörgens machte das nicht besser. Ich sollte ihm kurz und bündig schreiben, dass ich ihn nicht liebe und auch nicht heiraten werde, dachte sie. Doch es blieb bei diesem Vorsatz. Sie hatte keine Zeit zum Schreiben, denn ihre Gedanken beschäftigten sich Tag und Nacht mit Klaus Magnus. Je mehr der Fuß sich besserte, desto ärger wurden die Schmerzen in ihrer Brust.
Am Freitagnachmittag war sie dann so weit, dass sie bei der Auskunft die Telefonnummer von Lilo Werner in Bachenau erfragte. Es dauerte dann noch eine halbe Stunde, ehe ihr Gefühl den Sieg über ihren Stolz errang. Sie nahm den Hörer erneut in die Hand und wählte die Nummer.
Eine helle Kinderstimme meldete sich. »Hier ist Jochen Werner. Wer ist dort, bitte?«
»Ist deine Mutti zu Hause, Jochen? Ich bin eine Freundin von ihr. Kannst du dir meinen Namen merken? Ich heiße Gerda Ahlsen.«
»Ja, Gerda Ahlsen. Ich sag’s ihr.«
Der Hörer wurde niedergelegt, schnelle Schritte entfernten sich. Nach einer kleinen Weile erklang eine Frauenstimme.
»Gerda Ahlsen? Stimmt das? Hier ist Lilo.«
»Ja, Lilo. Wie geht es dir? Wahrscheinlich wunderst du dich über meinen Anruf.«
»Nun ja, wir haben seit Ewigkeiten nichts voneinander gehört.«
»So ganz trifft das nicht zu, Lilo. Ich habe vor einiger Zeit in München Klaus Magnus zufällig wiedergetroffen. Da müssten dir die Ohren geklungen haben. Er fragte nach Gabi. Ich glaube, die Nachricht von ihrem Tod ging ihm ziemlich nahe. Ich gab ihm deine Adresse, weil er dich besuchen wollte. Ich konnte ihm ja nicht allzu viel über deine Schwester berichten.«
Gerda wartete vergeblich auf eine Entgegnung von Lilo. Also fuhr sie fort: »Klaus und ich hatten verabredet, dass wir uns zu Hause bei meinen Eltern treffen. Leider kam Klaus dann nicht, obwohl wir es fest ausgemacht hatten. Es hätte so vieles zu erzählen gegeben.«
Auch jetzt blieb Lilo schweigsam.
»Es muss etwas dazwischengekommen sein«, setzte Gerda Ahlsen die einseitige Unterhaltung fort. »Hat Klaus sich bei dir gemeldet? Könntest du mir zufällig seine jetzige Adresse geben?«
Nun endlich äußert sich Lilo Werner. »Keine Ahnung, Gerda. Klaus Magnus war nicht hier. Möglich, dass er längst wieder abgereist ist.«
Lilo war fest entschlossen, eine zweite Begegnung zwischen Gerda Ahlsen und Klaus Magnus zu verhindern. Doch sie hatte nicht mit Jochen gerechnet, dessen klare Bubenstimme nun ertönte.
»Aber Onkel Klaus wohnt doch hier im Hotel, Mutti. Warum sagst du, dass er nicht bei uns war?«
Zu spät presste Lilo die Hand auf die Sprechmuschel. Gerda Ahlsen hatte die Worte des Jungen genau verstanden.
»Möchte Klaus nicht, dass man ihn findet, Lilo?«, fragte sie befremdet.
»Ich weiß es nicht, Gerda«, stieß Lilo unbeherrscht hervor.
»Schon gut, Lilo«, sagte Gerda mit seltsamer Ruhe. »Ich melde mich wieder einmal bei dir. Alles Gute.«
Damit war das Gespräch beendet. Es knackte in der Leitung. Lilo hatte aufgelegt.