Dr. Norden Bestseller Box 14 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Bestseller Box 14 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden Bestseller Box

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werde ich mal abdampfen.«

      Ganz wohl schien es ihr bei dem Gedanken auch wieder nicht zu sein, aber Dr. Norden meinte, daß es zumindest ein Trost für sie sein könnte, wenn sie bei der Freundin auch keine anderen Verhältnisse vorfinden würde.

      Frauen in den Wechseljahren neigen oft dazu, sich benachteiligt zu fühlen, vor allem, wenn die Kinder flügge wurden und eigene Wege gingen. Aber sehr viele Ehen versandeten auch im Alltragstrott.

      Bei ihm war das glücklicherweise nicht der Fall. Wenn sie mal ein ungestörtes Wochenende verbringen konnten, waren sie überglücklich. Würde das auch so bleiben, wenn die Kinder dann größer wurden? Der Gedanke schoß ihm durch den Sinn, und er tröstete sich damit, daß bis dahin ja wirklich noch einige Jahre vergehen würden.

      Noch zwei Patienten warteten, und es war fast fünf Uhr geworden, als er mit diesen fertig war. Ralph Reinhold hatte zehn Minuten warten müssen, aber es war ihm nur recht, daß Dr. Norden jetzt Zeit für ihn hatte.

      »Wo drückt der Schuh?« fragte Dr. Norden, als er bemerkte, daß es Ralph sichtlich schwerfiel, einen Anfang zu finden.

      »Mein Bruder hat mir gesagt, daß Stefanie krank ist«, begann Ralph stockend. »Ich möchte Sie fragen, was ihr fehlt.«

      »Ich dürfte Ihnen keine Auskunft geben, Herr Reinhold, wenn es sich um eine richtige Erkrankung handeln würde«, erwiderte Daniel bedächtig. »Wenn Sie mich allerdings fragen würden, was Ihrem Bruder fehlt, da Sie der nächste Angehörige sind, könnte ich es verantworten, Ihnen eine Auskunft zu geben.«

      Nervös strich sich Ralph das Haar glatt, was allerdings ein vergebliches Unterfangen war, denn er hatte sehr widerspenstiges Haar. Wenn man daraus auf den Charakter schließen wollte, mußte man ihn zumindest als einen schwierigen Menschen einstufen.

      »Peter sprach davon, daß bei Stefanie die gleichen Symptome auftreten würden wie bei ihm, und ich mache mir Gedanken, ob er an einer ansteckenden Krankheit leidet.«

      »Nein, es ist keine ansteckende Krankheit, und das Befinden von Fräulein Linden ist psychisch bedingt. Ich denke, daß es an der Zeit ist, Ihnen reinen Wein einzuschenken, zum besseren Verständnis, Herr Reinhold. Doch die Wahrheit könnte Sie erschrecken.«

      Ralphs Augen richteten sich forschend auf ihn. »Erschrecken? Wollen Sie damit sagen, daß Peter sehr krank ist?«

      »Es ist nicht einfach für mich, es Ihnen zu erklären. Es fällt mir immer schwer, einem Angehörigen zu sagen, daß…« Er unterbrach sich, weil Ralph aufgesprungen war, kreidebleich im Gesicht.

      »Es ist eine unheilbare Krankheit?« flüsterte er tonlos. »Oh, mein Gott«, und dann sank er schwer auf den Stuhl zurück und legte die schmalen, sehnigen und kraftvollen Hände vor sein Gesicht. »Das ist entsetzlich. Damit hatte ich nicht gerechnet.«

      Er war so tief erschüttert, daß kein Wort des Trostes etwas genützt hätte. Wie sollte man da denn auch wohl trösten!

      Dr. Norden wartete, bis Ralph die Hände sinken ließ. »Aber ich muß es doch wissen«, murmelte er. »Einer muß es doch wissen.«

      »Stefanie Linden weiß es auch«, sagte Dr. Norden leise.

      »Was sagen Sie da?« rief Ralph bestürzt aus. »Aber Sie haben kein Recht, ihr so etwas zu sagen!«

      »Sie hat es als Medizinalassistentin bei Professor Weissenberger zufällig erfahren. Selbstverständlich bewahrt auch sie Schweigen, und wie ich nun weiß, hat sie es auch Ihnen gegenüber gewahrt.«

      »Aber warum? Warum hat sie es mir nicht gesagt? Warum ist sie sogar bereit, Peter zu heiraten?«

      »Es gibt Mitleid und menschliche Entscheidungen, die darauf fußen. Ich denke, es ist gut, wenn wir jetzt dar-über sprechen, damit auch Sie das nötige Verständnis für eine verzweifelte Situation aufbringen, die auch uns Ärzte nicht unberührt läßt.«

      »Nehmen Sie etwa an, mich würde das Schicksal meines Bruders ungerührt lassen, Herr Dr. Norden?« fragte Ralph mit erstickter Stimme. »Ich war Bruder und Freund zugleich für ihn und habe ihm auch manchmal den Vater ersetzen müssen. Mein Gott, ist denn Peter nicht zu helfen? Ich würde doch alles für ihn tun.«

      »Er hat Leukämie. Wir sind machtlos. Nur Verständnis kann ihm noch helfen, damit er noch gute Stunden hat. Stefanie Linden ist dazu bereit.«

      »Aber welchen schrecklichen seelischen Belastungen wird sie ausgesetzt«, stöhnte Ralph.

      »Deshalb haben wir sie auf die Insel der Hoffnung geschickt, und deshalb haben wir auch eine Krankheit bei ihr vorgeschützt. Es ist freilich nicht einfach für sie, Peter zu täuschen, es ist noch schwieriger, ihm keine schmerzhafte Enttäuschung zu bereiten. Wir haben uns offen darüber ausgesprochen. Sie hat Peter sehr gern und tiefes Mitleid mit ihm, aber mehr ist es nicht, und sie kann sich nicht selbst verleugnen.«

      Ralph senkte den Kopf, starrte blicklos auf den Boden.

      »Wenn ich das doch gewußt hätte«, murmelte er.

      »Nun wissen Sie es, aber Sie können und dürfen nichts tun, was Ihren Bruder in dem Glauben erschüttern könnte, daß er von Stefanie geliebt wird.«

      »Und wie sie es durchsteht, danach fragt man nicht?«

      »Wir tun alles, um es ihr leichter zu machen.«

      »Kann ich sie nicht wenigstens besuchen?« fragte Ralph.

      »Das halte ich nicht für angebracht. Nicht, solange Ihr Bruder Sie nicht um einen Besuch bittet. Vielleicht wird das bald der Fall sein. Diese Krankheit erzeugt eigenartige Reaktionen. Ich weiß, daß es für Sie nicht leicht ist abzuwarten, aber jetzt könnten Sie Stefanie nicht helfen. Sie schon gar nicht.«

      »Wie meinen Sie das?«

      »Denken Sie einmal nach. Sie war mit zwei Brüdern befreundet. Es hat sich herausgestellt, daß einer krank ist. Diese Freundschaft hat ihr unendlich viel bedeutet, soviel, daß sie sich für keinen von beiden entschieden hätte. Nein, ich brauche nicht mehr zu sagen. Sie wissen besser als ich, was Stefanie auch Ihnen bedeutet. Der kranke Peter will sie mit allem ihm bleibenden Willen festhalten. Es bleibt ihm nur noch kurze Zeit, Herr Reinhold. Wünschen wir ihm doch, daß ein Hauch von Glück diese Tage begleitet. Er ist nicht mehr in der Lage, etwas von einer Frau zu fordern, wenn er sie auch noch so sehr liebt. Er will an seine Genesung glauben, er will es, aber manchmal wird er daran insgeheim schon zweifeln. Es ist sehr schwer, die Psyche eines Kranken zu ergründen. Als kleinen Trost kann ich Ihnen jetzt nur sagen, daß mein Schwiegervater alles tun wird, seine Schmerzen zu lindern.«

      »Und es bleibt nicht die geringste Hoffnung?« fragte Ralph leise. »Verstehen Sie mich bitte, Herr Dr. Norden. Wenn Peter gesund würde, und wenn Stefanie dann seine Frau werden würde…«, er geriet ins Stocken.

      »Wir brauchen diesen Gedanken nicht zu Ende zu führen«, sagte Dr. Norden. »Die Krankheit ist sehr weit fortgeschritten.«

      »Und mir bleibt nichts anderes als zu warten«, sagte Ralph deprimiert.

      Ein um Jahre gealtert scheinender Mann verabschiedete sich von Daniel Norden, der ihm den Gedanken nachschickte, daß er gewiß keinen Triumph empfinden würde, am Ende doch Sieger in dem Kampf um eine geliebte Frau zu bleiben. Aber würde das auch so sein? Peters Schatten konnte für alle Zeiten zwischen ihnen stehen.

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