Dr. Norden Bestseller Box 14 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Stefanie, Peter, nichts anderes vermochte er zu denken, und keine Erinnerung an frohe Stunden wurde wach in ihm.
Es regnete in Strömen, als er heimkehrte, und zur gleichen Zeit sagte Dr. Norden zu seiner Frau Fee: »Eigentlich wollte ich mit euch in die Berge fahren, wenn das Wetter bis zum Wochenende gehalten hätte.«
»Petrus ist dagegen. Wer weiß, wozu es gut ist«, meinte sie. »Es passiert so schrecklich viel.«
Gefreut hätte sie sich schon, wenn sie mal wieder gemeinsam hätten wegfahren können, aber sie hatte sich längst daran gewöhnt, alles so zu nehmen wie es kam, und wenn aus einem Vorhaben mal wieder nichts wurde, hatte dies ihrer Meinung nach sicher auch seine Bedeutung. Was sollten sie auch bei schlechtem Wetter in den Bergen, da war es zu Hause viel gemütlicher. Und überhaupt war es bei diesem unbeständigen Winterwetter gefährlich auf den Straßen, noch dazu, wenn man auf drei kleine Kinder aufpassen mußte.
*
Katinka, die nicht wußte, was Ralphs Herz beschwerte, schimpfte auf das Sauwetter. »Zwei Tage Winter, dann regnet es schon wieder. So was hat’s früher nicht gegeben. Daran sind bloß diese Astronauten schuld, die das ganze Weltall durcheinanderbringen.«
Ralph ließ sie schimpfen. Er verschwand für eine ganze Weile im Bad. Als er dann herauskam, schon in den Bademantel gehüllt, fragte Katinka vorwurfsvoll, ob er heute wieder nichts essen wolle.
»Höchstens ein Schinkenbrot. Ich habe keinen Hunger«, erwiderte er, und um sie nicht noch tiefer zu kränken, fügte er hinzu, daß er schon mit Geschäftsfreunden gegessen hatte.
»Jetzt bin ich schon beinahe arbeitslos«, brummte Katinka. »Schmutzig gemacht wird auch nichts mehr, gegessen wird kaum noch zu Hause.«
»Aber was sollte ich denn ohne Sie machen, Katinka«, sagte Ralph.
»Auch mal ans Heiraten denken«, sagte sie. »Das Haus ist viel zu groß für einen.«
»Wir sind doch zwei.« Zu ihrer Überraschung stellte er dann den Fernsehapparat an. Ihm ging es nur darum, daß es nicht gar so still war im Hause. Der Sendung selbst schenkte er keine Beachtung.
Katinka brachte ihm eine appetitlich angerichtete kalte Platte, natürlich viel zu reichlich, aber nach dem langen Marsch durch Regen und Wind verspürte er nun doch Hunger. Dazu trank er eine ganze Flasche Wein aus. Er konnte schon etwas vertragen, und ein kleines bißchen entspannter fühlte er sich nun doch. Er war müde, als er sich zu Bett legte, aber der Schlaf wollte dann doch nicht kommen.
Es mußte Stefanie wohl genauso hart getroffen haben wie ihn, als sie diese schreckliche Wahrheit erfuhr. Wie aber hätte sie sich verhalten, wenn sie es nicht gewußt hätte? Hatte sie es auch an jenem Mittag schon gewußt, als er sich mit ihr getroffen hatte und Gitta dann dazwischenkam? Hatte sie es ihm sagen wollen?
Diese Gitta! Er verwünschte sie jetzt noch mehr. Dauernd hatte sie ihn während der vergangenen Tage mit ihren Anrufen belästigt, immer und immer wieder mit einer Hartnäckigkeit ohnegleichen.
Wie ganz anders war doch Stefanie. Wie froh waren sie immer gewesen, wenn sie beisammensaßen. Er sehnte sich nach ihr, wünschte, sie in den Armen zu halten, ihr zu sagen, daß er nun alles verstünde. Sollte er tatsächlich nur warten?
*
Die ersten Tage auf der Insel der Hoffnung zeigten bei Peter eine scheinbare Besserung. Es überraschte Dr. Cornelius nicht. Die Luftveränderung, die völlige Umstellung in der Ernährung rief bei solchen Erkrankungen oftmals positive Reaktionen hervor.
Ein Grund zur Freude war damit nicht gegeben, obgleich Peter so verblüffend gut aussah, daß Stefanie nur staunen konnte. Gleichzeitig aber war ihr wieder bange, daß sein stürmisches Liebeswerben erneut einsetzen könnte. Doch diese Sorge erwies sich als überflüssig. In seinem Wesen war auch eine Veränderung eingetreten. Er wirkte ausgeglichen, besinnlich und verinnerlicht, so als würde er in sich hineinlauschen.
Sie hatten Christopher und Vanessa Bentham kennengelernt und erfahren, weshalb Christopher hier weilte.
Peter äußerte sich bedauernd und mitfühlend über ihn, als er dann mit Stefanie über die Insel wanderte.
»Es muß schlimm sein, wenn man seine ganze Existenz gefährdet sieht«, sagte er nachdenklich. »Da bin ich doch besser dran. Bei uns geht alles weiter, auch wenn ich mal ein paar Wochen ausfalle. Ralph wird sehr gut ohne mich fertig, ich würde ohne ihn nichts zustande bringen. Das ist der Unterschied. Ich habe Ralph immer bewundert. Er war mir immer so weit voraus, daß ich mich wundern muß, daß du nicht ihm den Vorzug gegeben hast.«
Ahnte er etwas? Konnte er fühlen, daß sie soviel an Ralph dachte und daß er es war, dem ihr Herz gehör-
te?
»Ich bin natürlich sehr froh, daß es anders gekommen ist«, fuhr er fort, »aber früher hatte ich doch manchmal das Gefühl, daß du dich für ihn entscheiden würdest. Es hätte mich fürchterlich getroffen.«
»Du brauchst dir doch darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Ich habe mich für dich entschieden, Peter.«
»Dafür werde ich immer dankbar sein. Ich werde dich auf Händen tragen, mein Liebes. Geht es dir auch schon besser?« fragte er sprunghaft.
»O ja, ich bin nur immer so leicht müde«, erwiderte sie ausweichend.
»Ich eigentlich gar nicht. Ich fühle mich viel frischer als in München. Dr. Cornelius ist ein großartiger Arzt. Dr. Norden kann noch viel von ihm lernen.«
Stefanie hätte Dr. Norden gern in Schutz genommen, aber sie hielt ihre Zunge doch lieber im Zaum. Selbstverständlich schätzte sie Dr. Cornelius auch hoch ein, aber viel brauchte Dr. Norden gewiß nicht mehr zu lernen.
Peter war außerordentlich rücksichtsvoll. Er bestand darauf, daß Stefanie sich nach dem Spaziergang wieder niederlegte.
»Ich werde mich auch ausruhen, Liebes«, erklärte er. »Es ist doch herrlich, mal so richtig zu faulenzen. Man kann sich daran gewöhnen.«
Vanessa kam gerade aus der Tür, als Stefanie das Haus betrat. Sie war Stefanie sehr sympathisch in ihrer stillen, zurückhaltenden Wesensart.
»Wollten Sie gehen oder kommen Sie?« fragte sie mit einem anmutigen Lächeln.
»Ich komme«, erwiderte Stefanie.
»Mein Mann schläft«, flüsterte Vanessa. »Ich kann Sie wohl nicht noch zu einem kleinen Ausflug verleiten?«
»Peter könnte mich sehen. Er befiehlt mir Ruhe«, erwiderte Stefanie auch im Flüsterton. »Aber vielleicht könnten wir bei mir ein bißchen plaudern?«
Vanessa stimmte freudig zu. Sie schloß sich nicht leicht an, aber Stefanie entsprach ganz ihrem Geschmack.
»Christopher strengt die Therapie sehr an«, sagte sie. »Er muß viel ruhen, und da schäme ich mich richtig, daß ich mich so pudelwohl fühle und so unternehmungslustig bin wie lange nicht mehr. Ich hoffe nur, daß Christopher bald eine Besserung verspürt.