David Copperfield. Charles Dickens
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»Nun?« fragte meine Tante und nahm die Watte aus dem ihm am nächsten liegenden Ohre.
»Nun, Madame«, antwortete Mr. Chillip, »wir – wir machen langsam Fortschritte.«
»Ba-a-ah«, sagte meine Tante, den verächtlichen Ausruf förmlich hervorstoßend, und verstopfte sich wieder wie vorhin.
In der Tat – in der Tat, Mr. Chillip war geradezu bestürzt, – wie er später meiner Mutter gestand; – natürlich bloß vom ärztlichen Gesichtspunkt aus. Aber trotzdem starrte er Miss Betsey fast zwei Stunden lang an, bis er von Neuem gerufen wurde. Nach längerer Abwesenheit kehrte er wiederum zurück.
»Nun?« fragte meine Tante und nahm abermals die Watte aus dem gleichen Ohr.
»Nun, Madame«, antwortete Mr. Chillip, »wir – wir machen langsam Fortschritte, Madame.«
»Ja-a-a«, knurrte meine Tante Mr. Chillip derart an, dass er es fürwahr nicht länger mehr aushalten konnte. Es war fast danach angetan, ihm allen Mut zu nehmen, äußerte er später.
Darum ging er lieber hinaus und setzte sich draußen im Dunkeln auf die zugige Treppe, bis man wieder nach ihm schickte.
Ham Peggotty, der in die Volksschule ging und wie ein Drache über seinem Katechismus zu sitzen pflegte und deshalb sicher als glaubwürdiger Zeuge gelten kann, erzählte am nächsten Tag, er hätte eine Stunde später zur Stubentür hereingeguckt und wäre sogleich von Miss Betsey, die in großer Erregung auf und ab gegangen, erspäht und gepackt worden, ehe er die Flucht habe ergreifen können. Er berichtete ferner, dass man zuweilen das Geräusch von Fußtritten und Stimmen in den oberen Zimmern gehört hätte, das wahrscheinlich die Watte nicht ganz abhielt, wie er aus dem Umstände schloss, dass ihn die Dame wie ein Opfer festhielt und an ihm ihre überströmende Aufregung ausließ, wenn die Geräusche am lautesten waren. Sie hätte ihn am Kragen gepackt gehalten und in der Stube auf- und abgeführt (als ob er zu viel Laudanum genossen), hätte ihn geschüttelt, ihm die Wäsche zerzaust und die Ohren verstopft, als ob es ihre eignen gewesen wären, und ihn auf andere Weise misshandelt. Sein Bericht wurde zum Teil von Peggotty bestätigt, die ihn um halb ein Uhr, kurz nach seiner Befreiung, noch ganz rot gesehen hatte.
Der sanfte Mr. Chillip konnte niemand böse sein und wenn überhaupt je, so am allerwenigsten in solcher Stunde. Er drückte sich deshalb in das Wohnzimmer, sobald er abkommen konnte, und sagte zu meiner Tante in seinen mildesten Tönen:
»Madame, es freut mich, Sie beglückwünschen zu können.«
»Wozu?« fragte Miss Betsey mit Schärfe.
Mr. Chillip, wiederum verwirrt durch die außerordentliche Schroffheit meiner Tante, machte ihr eine kleine Verbeugung und lächelte sie an, um sie zu besänftigen.
»O dieser Mensch, was er nur macht«, rief meine Tante ungeduldig, »kann er denn nicht sprechen!«
»Beruhigen Sie sich, meine teuere Madame«, sagte Mr. Chillip mit seinen weichsten Lauten. »Es ist nicht länger Ursache zur Besorgnis mehr vorhanden, Madame. Beruhigen Sie sich.«
Man hat es später für ein Wunder angesehen, dass meine Tante ihn nicht schüttelte, um das, was er zu sagen hatte, aus ihm herauszuschütteln. Was sie schüttelte, war nur der Kopf, den aber so drohend, dass es den Doktor erzittern machte.
»Nun, Madame«, begann Mr. Chillip von Neuem, sobald er wieder Mut gefasst, »es freut mich, Sie beglückwünschen zu können. Alles ist nun vorbei, Madame, und glücklich vorbei.«
Während der fünf Minuten, die Mr. Chillip zu dieser Rede brauchte, sah ihn meine Tante lauernd und scharf an.
»Wie befindet sie sich?« fragte meine Tante und verschränkte ihre Arme, an deren einem immer noch der Hut hing.
»Nun, Madame, sie wird bald wieder ganz wohl sein, hoffe ich«, antwortete Mr. Chillip, »so wohl, wie wir es von einer jungen Mutter unter so getrübten häuslichen Verhältnissen nur erwarten können. Wenn Sie sie sogleich sehen wollen, steht dem nichts im Wege, Madame. Vielleicht tut es ihr sogar gut.«
»Und sie? Wie geht es ihr?«
Mr. Chillip neigte seinen Kopf noch ein bisschen mehr auf die Seite und sah meine Tante an wie ein liebenswürdiger Vogel.
»Das Baby?« sagte meine Tante, »wie geht es ihr?«
»Madame«, erwiderte Mr. Chillip. »Ich nahm an, Sie wüssten es schon. Es ist ein Knabe.«
Meine Tante sprach kein Wort, nahm ihren Hut an den Bändern wie eine Schleuder, führte einen Streich damit gegen Mr. Chillips Kopf, stülpte ihn aufs Haupt, schritt hinaus und kam niemals wieder.
Sie verschwand, wie eine unzufriedene Fee oder wie eins jener übernatürlichen Wesen, die ich nach dem Volksglauben berechtigt war, sehen zu können; ging hin und ward nicht mehr gesehen.
Ich lag in meiner Wiege und meine Mutter im Bett. Betsey Trotwood-Copperfield aber blieb für immer im Lande der Träume und Schatten, in jener grauenvollen Region, die ich jüngst durchwandert. Und das Licht unseres Zimmers schien hinaus auf das irdische Ziel aller Wanderer aus dieser Region: auf den Hügel über der Asche und dem Staube dessen, der einst hienieden geweilt, und ohne den ich nie geworden wäre.
2. Kapitel – Ich beobachte
Die ersten Gegenstände, die bestimmte Umrisse vor mir annehmen, wenn ich weit zurück in die Leere meiner Kindheit blicke, sind meine Mutter mit ihrem schönen Haar und den jugendlichen Formen und Peggotty mit überhaupt gar keiner Form und mit so dunkeln Augen, dass sie ihre Umgebung im Gesicht dunkel zu machen scheinen, und mit Armen und Backen so rot, dass ich mich stets wunderte, warum die Vögel nicht lieber an ihnen statt an den Äpfeln herumpickten.
Ich glaube, mich noch daran erinnern zu können, wie die beiden Frauen in kleiner Entfernung voneinander auf dem Boden knieten, und ich unsicher von einer zur anderen wankte. Ich habe auch noch eine dunkle Erinnerung an Peggottys Zeigefinger, der von der Nadel so rau war wie ein Taschenmuskatnussreibeisen.