Wo sind sie geblieben. F. John-Ferrer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wo sind sie geblieben - F. John-Ferrer страница 5
»Guten Abend, Feld«, grüßt er, als Hajek hereinkommt. »Was Neues?«
»Der Klotz fährt morgen auf Sonderurlaub«, erwidert Hajek und geht zu seinem Lager, holt das Sturmgepäck hervor, kramt darin herum und bringt eine kleine Flasche Dreistern hervor.
»Junge, Junge«, hört er Epel sagen, »so ein Schwein müsste man wieder mal haben: Sonderurlaub.«
Draußen peitschen Schüsse. Die am Boden liegenden Gestalten sausen hoch.
»Los – raus!«, schreit Hajek und rennt, die Maschinenpistole an sich reißend, hinaus.
Über der Ziegelei liegt kreidiges Licht. Zwei MG 42 rasen im Dauerfeuer. Geschrei in Richtung der Zug-Stellungen. greift der Russe an? Oder was ist sonst los?
Hajek, gefolgt von ein paar Leuten, stolpert in den Laufgraben hinein, prallt plötzlich mit jemandem zusammen.
»Herr Feld, sind Sie’s?«, keucht eine Stimme.
»Ja. Was ist los?«
»Den Klotz hat’s erwischt! So ein Schweinehund von Scharfschütze hat ihn abgeknallt.«
»Was sagst du da?«, brüllt Hajek und stößt den Mann zur Seite, stolpert in den MG-Stand.
Drei Erdstufen, die hinunterführen, nimmt Hajek mit einem Satz. Er reißt die Taschenlampe vom Mantelknopf. Blaues Licht tastet über den feucht schimmernden Boden. Hinter Hajek schieben sich die anderen heran und keuchen.
Am Boden liegt, vom Blaulicht der Taschenlampe erhellt, Klotz. Er stöhnt. Er windet sich hin und her und presst beide Hände gegen das Gesicht. Blut rinnt durch seine Finger. Schauderhaft viel Blut!
Hajek kniet neben ihm nieder.
»Hermann«, bringt er hervor. »Du armes, armes Luder …«
Klotz brüllt jetzt dumpf und wälzt sich hin und her. Blut spritzt auf den Erdboden.
»Sprenggeschoss«, sagt jemand und will Klotz die Hände vom Gesicht ziehen.
»Sani her!«, keucht Hajek. »Schnell den Sani!«
»Ist schon da!«, ertönt es vom Eingang, und der Sanitäter kommt herangehastet, wirft seine Tasche hin und versucht, den sich am Boden windenden Klotz festzuhalten.
»Bleib ruhig, Hermann …« Hajeks Stimme klingt heiser. »Ich bitte dich, Hermann, bleib doch liegen, wir wollen dir doch helfen.«
Klotz liegt jetzt still. Man hat seine Hände heruntergezogen. Zwischen den Brauen klafft ein riesiges Loch, aus dem es dunkel und unaufhaltsam quillt. Schweigen herrscht. Kein Schuss fällt. Die Landser knien oder stehen mit zuckenden Gesichtern um den Sterbenden.
»Nicht mehr viel zu machen«, murmelt der Sani und öffnet seine Tasche.
Hajek verspürt ein Würgen in der Kehle. Er schluckt es weg. Er nimmt Klotz’ Kopf in den Arm, streichelt ihm das blutverschmierte Haar aus der zerschossenen Stirn. »Martin«, ächzt der Sterbende, »bist du’s?«
»Ja, ich bin bei dir, Hermann.« Und denkt: Stirb doch! Stirb doch schon! Das ist ja entsetzlich … das ist das Entsetzlichste, was ich in den vier elenden Jahren erlebte!
»Er liegt … liegt draußen … in der Nähe der Bachmulde«, sagt Klotz mit verlöschender Stimme.
Der Sani zieht eine Spritze auf. Er wechselt mit Hajek einen Blick. Hajek runzelt die Stirn, dann nickt er.
»Komm, Kamerad«, murmelt der Sani und sticht die Nadel durch Mantel und Uniformtuch in den Oberarm des Sterbenden.
Klotz liegt ganz ruhig. Er atmet stoßhaft. Das Blut rinnt und rinnt, und die Spritze wirkt so langsam.
Das kreidige Licht ist erloschen. Ein MG fängt kurz und böse zu prasseln an. Stille folgt.
»Martin …« Klotz spricht so leise, dass Hajek sich tief an den flüsternden Mund beugen muss. »Martin … hörst du mich?«
»Ja, Hermann.«
Klotz’ Hand krallt sich in Hajeks Arm. »Gib’s dem Kerl, Martin …« Klotz richtet sich zitternd auf. Er flüstert mit geschlossenen Augen. »Schreib du es der Elsa … mein Bub … du, der Bub …”
Er sinkt mit einem matten Seufzer zurück.
»Aus«, murmelt der Sani und packt die Spritze ein. Die Landser stehen stumm um den Toten. Sie weinen nicht, sie ahnen, dass das Sterben die Erlösung ist.
Einer bleibt am MG zurück, die anderen tragen den Toten aus dem Bunker und legen ihn hinter der Ziegelei unter das überhängende Dach. Klotz liegt in einer Zeltbahn. Vom Dach tröpfelt es leise auf das steife Tuch.
Drinnen, im Ofenraum, brennt die Stalllaterne. Die Männer reden nichts, setzen sich oder legen sich hin, doch sie können nicht schlafen. Hajek, steinern ruhig, hat das Püllchen wieder ins Sturmgepäck getan, schnürt es zusammen, verharrt ein paar Augenblicke in tiefem Nachdenken, steht dann auf und geht zum Fernsprecher.
Das Surren des Apparates stört die Stille. Hajek wartet starr auf den Gegenruf. Dann kommt er.
»Hier ist Dotterblume, Hajek. Klotz ist von einem Scharfschützen abgeschossen worden. Sprenggeschoss.«
Am Drahtende bleibt es eine Weile still. Dann ertönt Warnickes heisere Stimme:
»Der Klotz? – Tut mir leid. Wachsamkeit erhöhen, Hajek. Feind ist durch die Linie gesickert. Es müssen ein paar Russen vor unserer Stellung liegen.«
»Möchte nachschauen, Herr Leutnant«, sagt Hajek.
Die Landser heben die Köpfe und schauen erschrocken zu ihm auf.
»Kommt nicht in Frage, Hajek«, ertönt es im Hörer. »Kommt nicht in Frage, hören Sie!«
»Ich hab’s Klotz versprochen, Herr Leutnant.«
Warnicke brüllt: »Nein! Sie bleiben bei Ihrem Zug! Das ist ein dienstlicher Befehl, Hajek, verstanden!«
»Ich will den Burschen haben, der Klotz umgelegt hat, Herr Leutnant.«
»Sind Sie taub?«, brüllt es im Apparat. Hajek hält den Hörer von sich weg. »Ich verbiete Ihnen, die Stellung zu verlassen und etwas auf eigene Faust zu unternehmen! Hören Sie, Hajek, ich verbiete es Ihnen!« Kurzes Schweigen. Dann Warnickes ruhige Stimme: »Lassen Sie das, Hajek, es ist zu dunkel, Sie erwischen den Kerl sowieso nicht. Außerdem könnten es mehrere sein.«
»Dann warte ich bis zum Hellwerden, Herr Leutnant.«
»Hajek, ich habe Ihnen einen dienstlichen Befehl erteilt, ist das klar?«
Hajek legt den Hörer auf