Haushaltsnahe Dienstleistungen für Familien. Mareike Bröcheler
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• Welche Bedeutung hat die Nutzung haushaltsnaher Dienstleistungen für die Realisierung einer Erwerbstätigkeit beider Eltern?
• Welche Bedeutung hat die Vergabe von Haushaltstätigkeiten für die innerpartnerschaftliche Arbeitsteilung?
• Welche Auswirkungen hat die Rolle als Auftrag- oder Arbeitgeberin für Dienstleistende auf die Haushaltsführenden?
• Welche weiteren Auswirkungen auf das Alltagsmanagement werden durch die Nutzung haushaltsnaher Dienstleistungen in den Familienhaushalten sichtbar?
Aus einer haushaltswissenschaftlichen Perspektive soll diesen Fragen mithilfe eines qualitativen Forschungsdesigns nachgegangen werden, welches durch einen Ansatz rekonstruktiver Sozialforschung die subjektiven Realitäten der interviewten Personen (jeweils Haushaltsführende der rekrutierten Familienhaushalte), deren individuelle Wahrnehmung von sowie Sichtweise auf ihren Alltag in den Vordergrund stellt. Gleichzeitig ermöglicht deren Perspektive, ein Bild des gesamten familiären Alltags zu zeichnen. Mit Einblick in diese Wechselwirkungen einer Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen mit weiteren Elementen familiärer Alltagsarrangements soll deren Nutzen für eine gelungene Vereinbarkeit und damit eine mögliche Entlastung von erwerbstätigen Eltern aufgedeckt werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
Zunächst gilt es, den Untersuchungsgegenstand zum Alltag in Familienhaushalten konzeptionell zu erfassen. So legt Kapitel 2 mit den Begriffsbestimmungen zu privaten Haushalten und Familienhaushalten sowie den Theorien und Konzepten zur Haushalts- und Lebensführung die Basis für das Verständnis von Alltag und Alltagsmanagement in Familien. Orientierung im Alltag bieten Leitbilder, die sowohl auf der Makroebene der Politik wie auch der Mikroebene individueller Lebensentwürfe in Kapitel 3 aufgezeigt werden. Wie Alltag zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit tatsächlich ausgestaltet wird, stellt Kapitel 4 anhand des Standes der Forschung zu Zeitverwendungs- und Arbeitsteilungsmustern von Paaren in Familienhaushalten vor, die unter dem Aspekt der Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit kritisch beleuchtet werden. Kapitel 5 wendet sich schließlich makroperspektivisch dem Komplex der haushaltsnahen Dienstleistungen zu und zeigt deren Bedeutung für eine Dienstleistungsgesellschaft aus Angebots- ebenso wie Nachfrageperspektive auf. Daraufhin gilt es zudem in Kapitel 6, mikroperspektivisch die Charakteristika haushaltsnaher Dienstleistungen aus Sicht der Privathaushalte als Nutzende zu betrachten. Nach Darstellung des Forschungsdesigns in Kapitel 7 präsentiert Kapitel 8 schließlich die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung. Es zeigt die Variationen von Alltagsmanagement in Familienhaushalten mit Haushaltshilfen auf und leitet daraus eine Theorie des Alltagsmanagements von Familien mit haushaltsnahen Dienstleistungen ab. Kapitel 9 diskutiert die Ergebnisse im Spiegel des zuvor präsentierten Status quo der Lebenslagen erwerbstätiger Eltern sowie der haushaltsnahen Dienstleistungen in Deutschland, bevor Kapitel 10 auf Basis der gewonnenen Schlussfolgerungen mit Handlungsempfehlungen und einem Ausblick abschließt.
2 Alltag: Haushalts- und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Arbeit von und in Familienhaushalten
Die Arbeit des Alltags sowie die Strukturen privater Haushalte, in denen sie stattfindet, sind u. a. durch die Haushaltswissenschaften, Alltagssoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung untersucht und definiert worden. In diesem Kapitel gilt es daher, zunächst den Gegenstandsbereich privater Haushalte und Familienhaushalte zu definieren (Kapitel 2.1) und dann die Arbeit des Alltags anhand ausgewählter Theorien konzeptionell zu untermauern (Kapitel 2.2), bevor der Fokus im folgenden Kapitel auf eben jene Arbeiten in Familienhaushalten gelegt wird.
2.1 Begriffsbestimmungen – private Haushalte und Familienhaushalte
Private Haushalte sind die kleinste ökonomische Einheit einer Volkswirtschaft. Neben Staat und Unternehmen sind sie die dritte Instanz zur Sicherung der Daseinsvorsorge einer Gesellschaft. Während unter den Bereich der öffentlichen (oder: staatlichen) Daseinsvorsorge vorrangig Leistungen der Infrastruktur zur Herstellung eines grundlegenden Lebensstandards für die Bevölkerung, etwa durch Energie- oder Wasserversorgung, Verkehrswesen, Kommunikationsdienstleistungen oder Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswesen gefasst werden,9 hat die private Daseinsvorsorge in Haushalten die Befriedigung der Grundbedürfnisse seiner Mitglieder nach u. a. Essen, Schlaf, Wohnraum oder Hygiene zum Ziel. Die Sicherstellung der privaten Daseinsvorsorge ist daher Daseinsberechtigung jedes Haushaltes und Ziel aller haushälterischen Tätigkeiten (vgl. von Schweitzer 1983, 1991; Neu 2009). Lehren vom richtigen und guten Haushalten, im Sinne eines ökonomischen, sparsamen Umgangs mit den vorhandenen Ressourcen für die Daseinsvorsorge finden sich bereits seit der Antike in der Literatur wieder. Der private Haushalt selbst hingegen rückt erst im 20. Jahrhundert in den wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fokus. Egner definiert den privaten Haushalt ,,als die Einheit der auf Sicherung der gemeinsamen Bedarfsdeckung einer Menschengruppe im Rahmen eines sozialen Gebildes gerichteten Verfügungen“ (Egner 1976: 34). Er grenzt sich damit von früheren Definitionen ab, die allein die (haus)wirtschaftlichen Handlungen fokussierten (vgl. Egner 1976; von Schweitzer 1991; Richarz 2001).10 Auch nach der heute gültigen, amtlichen Definition von Privathaushalten gilt als Haushalt ,,jede zusammenwohnende und eine wirtschaftliche Einheit bildende Personengemeinschaft (Mehrpersonenhaushalte) sowie Personen, die allein wohnen und wirtschaften (Ein-Personen-Haushalte, zum Beispiel auch Einzeluntermieter)“ (Destatis 2018: 24). Personengemeinschaft und wirtschaftliche Aktivität werden damit um die räumliche Dimension des gemeinsamen Wohnens ergänzt.11
Private Haushalte als System
In der systemischen Betrachtung von privaten Haushalten nach von Schweitzer bildet die Wohnung (samt ggf. vorhandenem Außenbereich, wie Balkon oder Garten) die räumliche Grenze des Haushaltes und bildet zugleich den Handlungsspielraum für die Haushaltsführung (durch Art der Nutzung, Optionen des Umbaus etc.) ab. Als System lässt sich der Haushalt zudem anhand seiner Haushaltsmitglieder, deren verfügbarer Arbeitskraft, ebenso wie Verantwortung und Verfügungsgewalt über Einkommenserzielung und -verwendung, sowie anhand der hauswirtschaftlichen Arbeits- und Funktionsbereiche abgrenzen. Die Bedeutsamkeit der sozialen Systembestandteile, der Haushaltsmitglieder, verdeutlicht von Schweitzer zudem über die Abbildung der personellen Gefüge im sog. Familiensystem, welches das Haushaltssystem ergänzt.12 Die Schnittmenge beider Systeme stellen die jeweiligen Subsysteme Sachbezugssystem der Familie und Personalsystem des Haushaltes dar (siehe Abbildung 1). Haushalte sind zudem auf verschiedenen Ebenen in ein Umfeld eingebettet, angefangen bei der Mikroebene mit ,,Wohnung und Schwellenbereich“ (Grundstück, Garten etc.), der Mesoebene von ,,Nahbereich und Infrastruktur“ (hiermit sind Einrichtungen für Einkauf, Bildung oder Freizeit, ebenso wie die jeweiligen Arbeitsplätze gemeint), sowie der Makroebene von „Geschichte und Kultur“ (u. a. Gesetze, Werte, Leitbilder, Medien) des Staates (vgl. von Schweitzer 1983, 1991).
Abbildung 1: Das Familien- und Haushaltssystem nach von Schweitzer
Quelle: Eigene Darstellung nach von Schweitzer 1991: 142
Je nach Anteil der eigens verrichteten hauswirtschaftlichen Aktivitäten, der „Versorgungs-, Pflege- und Erziehungsleistungen“ (von Schweitzer 1991: 135), sowie im Umkehrschluss je nach Anteil der über den Markt beschafften Güter oder Dienstleistungen, lassen sich unterschiedliche Haushaltsstrukturtypen