Haushaltsnahe Dienstleistungen für Familien. Mareike Bröcheler

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Haushaltsnahe Dienstleistungen für Familien - Mareike Bröcheler

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Daseinsvorsorge erfassen, die soziale Gruppierungen von Haushalten aufdecken:21

      „Haushaltsstile sind typische Muster der Alltagsorganisation von privaten Haushalten zur Sicherung der Daseinsvorsorge. Sie werden einerseits bestimmt durch die verfügbaren Ressourcen eines Haushalts und andererseits durch die getroffene Lebensplanung seiner Mitglieder. Haushaltsstile werden von den persönlichen Wertorientierungen und von Geschlechter- und Generationenbeziehungen, aber auch von Rahmenbedingungen des haushälterischen Umfelds, maßgeblich beeinflusst. Haushaltsstile ändern sich entlang der Haushaltsbiografie.

      Haushaltsstile sind kollektive haushälterische Gestaltungsleistungen, der haushaltsinterne Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse zwischen den Haushaltsmitgliedern vorausgehen, um ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen, Wertvorstellungen und Lebensstilpräferenzen zu koordinieren (Mikroebene). Haushaltsstile bilden sich im Kontext milieuspezifischer Wahlmöglichkeiten und Zwänge (Mesoebene) und werden durch gesamtgesellschaftliche Strukturen (Makroebene) mitbestimmt.“ (Meier 2000: 59)

      Der Umgang mit den zahlreichen Akteuren des Versorgungsverbundes, etwa Behörden und Ämtern, Institutionen des Gesundheitssystems, Finanzdienstleistern oder Betreuungseinrichtungen, erfordert von privaten Haushalten die aktive Teilnahme – sie werden zu Ko-Produzenten der Dienstleistungen (siehe Kapitel 5.2). Diese Schnittstellen zu Akteuren außerhalb des Haushaltssystems nahmen und nehmen tendenziell zu, und somit auch die Anforderung, diese zu koordinieren. Thiele-Wittig diagnostiziert dabei eine besondere Herausforderung für private Haushalte im Umgang mit einer ,,hochgradigen Asymmetrie“ (Thiele-Wittig 1987: 124) zwischen ihnen und den Akteuren des Versorgungsverbundes, die sich in mehrerlei Hinsicht zeigt: Bedeutsam ist u. a. ein Gefälle zwischen ihnen in Macht und Einfluss sowie ein Fachleute-Laien-Gefälle, der Einfluss technischer Neuerungen auf Dienstleistungen und Dienstleistungsnutzung, die Notwendigkeit der Information und Bewertung eines pluralisierten Angebotes sowie die Notwendigkeit der Koordination und Synchronisationen verschiedener Institutionen bzw. Arbeits- und Lebensbereiche (etwa die Abstimmung von Erwerbsarbeitszeiten mit Arztterminen, Schul- oder Kitazeiten). In der öffentlichen Wahrnehmung und Kommunikation werden zahlreiche Entwicklungen und Neuerungen zudem als Entlastungen für private Haushalte gewertet, die – bei allen Vorteilen, die moderne Dienstleistungen mit sich bringen können – letztlich jedoch (mehr) Neue Hausarbeit hervorbringen (vgl. Thiele-Wittig 1987, 1993; Küster 2000).

      Aufgrund ihrer Andersartigkeit im Vergleich zur klassischen Hausarbeit werden in der Neuen Hausarbeit andere Kompetenzstrukturen als Voraussetzung dafür gesehen, die vorwiegend intellektuelle Arbeit bewältigen zu können. So ist mit der Beschreibung der Neuen Hausarbeit oft die Forderung nach einer Bildung von Alltags- und Daseinskompetenzen verbunden (vgl. Thiele-Wittig 1987, 2000, 2003). Daseinskompetenzen werden im Fünften Familienbericht bereits mit einer essenziellen Bedeutung für das private und soziale Leben sowie das Bestehen in Erwerbsarbeit und Haushaltsführung belegt (vgl. BMFSFJ 1995). Inzwischen gibt es Vorschläge zu Inhalten und Curricula für die Lehre von Alltagskompetenzen in allgemeinbildenden Schulen, die unterschiedliche Definitionen und Spektren des Begriffes aufzeigen. Aus einer haushaltswissenschaftlichen Perspektive sind hierfür folgende Bereiche relevant (vgl. Bröcheler 2012):

      • Lebensplanung (u. a. Lebensverlaufsplanung, Konsequenzen von Lebensentscheidungen, Beziehungskompetenz);

      • Management (u. a. Finanz- und Zeitmanagement, Entscheidungsfindung im Haushalt);

      • Versorgung (u. a. Reinigung, Wäschepflege, Wohnraumgestaltung, Ressourcenschonung);

      • Gesundheit (u. a. Gesunderhaltung, Bewegung, Wohlbefinden und Entspannung, Sorgeaufgaben);

      • Ernährung (u. a. bedarfsgerechte und gesundheitsförderliche Ernährungsweisen, Ernährungsverhalten, Ernährungsökologie);

      • Konsum (u. a. Konsumverhalten, Verbrauchspolitik, Nachhaltigkeit, Online-Handel).

      Die Anforderungen an ein erweitertes Kompetenzprofil verdeutlichen zudem das gesellschaftliche und politische Verständnis von einer Verantwortungsübernahme für die genannten Aufgabenbereiche der Neuen Hausarbeit durch die privaten Haushalte, die in den unterschiedlichen Alltagswelten – dem Leitbild des „mündigen Verbrauchers“ entsprechend – in zunehmendem Maße „Informations- und Entscheidungsarbeit“ (Küster 2000: 16) leisten müssen.

      Zur Neuen Hausarbeit und damit der Koordinierung und Organisation unterschiedlichster Bestandteile des Versorgungsverbundes gehören schließlich auch Haushaltshilfen. Durch das Delegieren eines Teils der (vorrangig) praktisch-hauswirtschaftlichen Tätigkeiten entsteht damit ebenfalls ein neuer Aufgabenbereich der Neuen Hausarbeit, durch die Rolle der Haushalte als Kunden eines Dienstleistungsunternehmens oder Arbeitgeber einer im Haushalt beschäftigten Person (siehe Kapitel 6). Gleichzeitig wird an diesem Beispiel deutlich, dass es gerade Aufgaben

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