Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46. Rainer Huhle

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Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46 - Rainer Huhle

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wünsche ich den gesetzlosen Weg zu beschreiben, den diese Männer einschlugen, um die Gewalt in ihre Hände zu bekommen, die sie später so benützten.

      Plan und Handlung waren begründet und verwachsen in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, in der sogenannten Nazi-Partei. Einige der Angeklagten gehörten ihr seit der Gründung an, andere traten ihr erst bei, als der Erfolg sie vor dem Gesetz bestätigt oder die Macht sie vor dem Zugriff des Gesetzes geschützt hatte. Im Jahre 1921 wurde Adolf Hitler ihr oberster Leiter oder „Führer“.

      Am 24. Februar 1920 hatte die Partei in München öffentlich ihr Programm verkündet (1708-PS).

      Einige ihrer Ziele würden wohl vielen guten Staatsbürgern einleuchten, etwa die Forderung einer „Gewinnbeteiligung an Großbetrieben“, eines „großzügigen Ausbaus der Altersversorgung“, der „Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seiner Erhaltung“, einer „unseren nationalen Bedürfnissen angepaßten Bodenreform“, und einer „Hebung der Volksgesundheit“. Sie beschwor auch eindringlich jene Art von Nationalismus, die jeder bei sich selbst als Vaterlandsliebe, beim Gegner als Chauvinismus empfindet. Sie forderte „die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegenüber den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und Saint Germain“. Sie forderte den „Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechts der Völker zu einem Großdeutschland“. Sie forderte „Land und Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses“. Natürlich waren das alles Ziele, die rechtlich unantastbar waren, solange sie ohne einen Angriffskrieg erreicht werden sollten.

      Die Nazi-Partei sann jedoch von allem Anfang an auf Krieg. In ihrer Münchener Deklaration von 1920 forderte sie „die Abschaffung der Söldnertruppe und die Bildung eines Volksheeres“. Sie verkündete:

      „Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne.“

      Ich kritisiere diese Politik nicht, ich wünschte, sie wäre allgemein anerkannt. Ich möchte nur feststellen, daß in Friedenszeiten, im Jahre 1920, die Partei sich hauptsächlich mit dem Krieg beschäftigte und damit begann, der Masse des Volkes den Gedanken an einen Krieg als weniger arg oder anstößig erscheinen zu lassen. Gleichzeitig befürwortete sie die körperliche Ertüchtigung und Förderung des Sports unter der Jugend, aber es wird sich zeigen, daß sich dahinter ein geheimer Plan militärischer Ausbildung verbarg.

      Das Programm der Nazi-Partei verpflichtete die Mitglieder auch zu judenfeindlichen Forderungen. Es erklärte, ein Jude oder eine Person nichtdeutschen Blutes könne nicht Volksgenosse sein. Solchen Personen solle das Staatsbürgerrecht aberkannt werden, sie sollten kein öffentliches Amt bekleiden dürfen, sollten unter Fremdengesetzgebung stehen und ein Anrecht auf eine Erwerbs- und Lebensmöglichkeit erst nach den Staatsbürgern haben. Alle, die nach dem 2. August 1914 nach Deutschland eingewandert seien, sollten sofort zum Verlassen des Reiches gezwungen werden, und jede weitere Einwanderung Nichtdeutscher solle verboten werden.

      Die Partei bekannte sich schon damals zu dem Grundgedanken eines autoritären und totalitären Programms für Deutschland. Sie verlangte die Schaffung einer starken Zentralgewalt mit unbedingter Autorität, die Verstaatlichung aller bereits „amalgamierten“ Betriebe und einen „Ausbau“ des gesamten Volksbildungswesens, wobei „das Erfassen des Staatsgedankens bereits mit Beginn des Verständnisses durch die Schule (Staatsbürgerkunde) erzielt werden muß“. Sie verkündete ihre feindselige Mißachtung staatsbürgerlicher Freiheiten und der Pressefreiheit ausdrücklich mit folgenden Worten:

      „Zeitungen, die gegen das Gemeinwohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst- und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Einfluß auf unser nationales Leben ausübt, und die Schließung von Veranstaltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen.“

      Die Ankündigung religiöser Verfolgung war in die Sprache religiöser Freiheit gekleidet. Das Nazi-Programm erklärte:

      „Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat“, aber es folgte die Einschränkung: „soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen.“

      Das Parteiprogramm warf auch die Schatten künftigen Schreckens voraus. Es verkündete:

      „Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen“, und verlangte, daß darauf die Todesstrafe gesetzt werde.

      Es ist bezeichnend, daß die Führer der Partei dieses Programm als eine Kampfansage betrachteten, die bestimmt einen Zusammenstoß beschleunigen werde. Seine Schlußformel lautete: „Die Führer versprechen, wenn nötig unter Einsatz ihres eigenen Lebens, für die Durchführung der vorstehenden Punkte rücksichtslos einzutreten.“ Dieses Führerkorps der Partei- nicht ihre sämtlichen Mitglieder- steht als eine verbrecherische Organisation unter Anklage.

      Wie haben nun die Führer der Partei ihr Versprechen eingelöst, rücksichtslos für ihr Programm einzutreten?

      Die Ziele ihrer Außenpolitik, internationale Verträge aufzukündigen und fremde Gebietsteile unter ihre Hoheit zu bringen, waren wie die meisten Punkte ihres innerpolitischen Programms offensichtlich nur zu verwirklichen, wenn sie über die deutsche Staatsgewalt verfügen konnten. Sie versuchten daher zunächst, die Weimarer Republik durch eine Revolution gewaltsam zu stürzen. Ein Putsch in München im Jahre 1923 mißglückte und brachte viele von ihnen ins Gefängnis. In der Zeit des Nachgrübelns, die darauf folgte, entstand das Buch „Mein Kampf“, aus dem nun fortan die Anhänger der Partei ihren Glauben und der Führer der Partei beträchtliche Einnahmen schöpften. Der ursprüngliche Plan der Nazis, die schwache Republik mit Gewalt zu beseitigen, wandelte sich; sie sollte jetzt von innen erobert werden.

      Es wäre ein grober Irrtum, sich unter der Nazi-Partei eine jener Vereinigungen freien Zusammenschlusses vorzustellen, die wir in den westlichen Demokratien „politische Parteien“ nennen. Nach ihrer Disziplin, ihrer Struktur und ihrer Methode war die Nazi-Partei nicht für den demokratischen Prozeß der Überredung geeignet. Sie war ein Instrument der Verschwörung und des Zwanges. Sie wurde nicht gebildet, um die Unterstützung der Mehrheit des deutschen Volkes zu erringen und darauf die Macht im Deutschen Reiche zu übernehmen. Sie wurde gebildet, um die Macht gegen den Willen des Volkes an sich zu reißen.

      Die Nazi-Partei wurde durch das „Führerprinzip“ in eiserner Disziplin zusammengehalten. Sie glich einer Pyramide, deren Spitze Adolf Hitler war, eine Spitze, die sich in zahlreiche Führerkorps verbreitete, zusammengesetzt aus Führern einer sehr ausgebreiteten Parteimitgliedschaft als Basis. Dabei waren durchaus nicht alle, die in einer oder der anderen Form die Bewegung unterstützt haben mögen, tatsächlich Mitglieder der Partei. Die Mitgliedschaft erforderte den Parteieid, einen Treueschwur, der einem Verzicht auf eigenes Denken oder das Gefühl moralischer Verantwortlichkeit gleichkam. Er lautet: „Ich gelobe meinem Führer Adolf Hitler Treue. Ich verspreche, ihm und den Führern, die er mir bestimmt, jederzeit Achtung und Gehorsam entgegenzubringen.“ In ihrem täglichen Leben trieben die Anhänger mit ihren Führern einen Götzendienst und folgten ihnen mit einer Selbstaufgabe, wie sie eher orientalisch als abendländisch anmutet.

      Über die inneren Triebkräfte oder das Ziel der Nazi-Partei sind wir nicht auf Mutmaßungen angewiesen. Zunächst wollte sie die Weimarer Republik untergraben. Der Befehl an alle Parteimitglieder, darauf hinzuarbeiten, wurde in einem Brief Hitlers an den Angeklagten Rosenberg vom 24. August 1931 gegeben; wir wollen ihn im Original vorlegen. Hitler schrieb:

      „Ich lese gerade im Völkischen Beobachter, Ausgabe

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