Der himmlische Weihnachtshund. Petra Schier
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Читать онлайн книгу Der himmlische Weihnachtshund - Petra Schier страница 5
»Ihr ist kalt, das sehe ich doch von hier aus!«, protestierte seine Frau energisch. »Und Hunger hat sie ganz bestimmt auch. Hast du denn gar kein Mitleid mit dem Hund?«
»Warte doch ab!«, antwortete der Weihnachtsmann eifrig. »Gleich wirst du sehen, wie mein genialer Plan aufgeht.«
3. Kapitel
Tief atmete Michael die eisige Luft ein. Es war noch früh am Morgen, die Straßenbeleuchtung war das einzige Licht, das ihm den Weg wies. Sein Haus lag ein bisschen außerhalb der Stadt am Waldrand, und im Sommer nutzte er die Gelegenheit, um seine Laufrunden im Wald und zwischen den Feldern der Umgebung zu absolvieren. Doch um diese Jahreszeit zog er den nicht allzu weit entfernt gelegenen Park vor. Der befand sich im Stadtgebiet und hatte den Vorteil, auch früh morgens schon zumindest teilweise beleuchtet zu sein.
In der Nacht hatte es wieder stark gefroren. Der Atem stand Michael in kleinen Wölkchen vor dem Gesicht, als er seine Runde um den Seerosenteich drehte, auf dem im Sommer die Enten schwammen und sich von den Parkbesuchern mit trockenem Brot füttern ließen.
Weil ihm die Bewegung nach den langen Verhandlungen mit seinen Brüsseler Geschäftspartnern in der vergangenen Woche guttat, hängte er noch eine zweite Runde um den kleinen See an, bevor er den Parkausgang ansteuerte und in die Rosenstraße einbog, die stadtauswärts führte. Ein seltsames Quietschen ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten. Er joggte auf der Stelle und lauschte. Nein, das war kein Quietschen, sondern ein Jaulen.
Im ersten Moment wollte Michael achselzuckend weiterlaufen, doch irgendetwas in ihm mahnte ihn, stehenzubleiben. Einen Moment lang war alles still, doch dann erklang das herzzerreißende Jammern von neuem.
War da etwa ein Tier in Not? Suchend blickte er sich um und ging dann langsam in die Richtung, aus der das Jaulen zu kommen schien. Direkt vor einem großen Müllcontainer blieb er stehen. Als ein Winseln ihm anzeigte, dass sich der Hund – denn um einen solchen musste es sich handeln – in der Tonne zu stecken schien, ergriff ihn unvermittelt heftiger Zorn. Wer um alles in der Welt warf denn ein hilfloses Tier in eine Abfalltonne?
Rasch schob er den Deckel zurück und lugte ins Innere des Containers. Im diffusen Licht der Straßenlaterne blickten ihn zwei riesige braune Augen an. Dann erklang ein freudiges Bellen. Der Welpe – er konnte kaum älter als ein paar Monate sein – begann bei seinem Anblick am ganzen Körper zu wedeln und sprang heftig auf und ab. Eine Welle von Gestank schwappte ihm entgegen.
Michael wich instinktiv zurück, beugte sich jedoch gleich wieder vor und hielt sicherheitshalber die Luft an. Vorsichtig griff er in den Abfallbehälter und bekam das aufgeregte Bündel zu fassen. Augenblicke später hatte er das kleine sandfarbene Labradormädchen auch schon im Arm und dessen Zunge im Gesicht.
»Hey, hey, hey, ist ja schon gut!« Er lachte. »Wie bist du denn in den Container hineingeraten? Hat dich dein Herrchen etwa dort ausgesetzt? So eine Frechheit!« Er rümpfte die Nase. »Puh, was bist du für ein Stinktier! Hast du die ganze Nacht da drinnen zugebracht?«
Die kleine Hündin rekelte sich in seinem Arm und wedelte noch immer aufgeregt. Michael spürte etwas Warmes an seinem Bauch. »O nein!« Entsetzt ließ er den Welpen beinahe fallen, doch es war bereits zu spät. Auf seinem Sweatshirt hatte sich ein dunkler Fleck ausgebreitet.
Michael verzog verärgert sie Lippen. »Das habe ich jetzt davon, was?« Er setzte das Tier zu Boden, das sich daraufhin auf sein Hinterteil plumpsen ließ und ihn erwartungsvoll anblickte. »Was mache ich denn jetzt mit dir?« Suchend blickte er sich um. »Am besten bringe ich dich ins Tierheim. Die wissen, was man mit Findelkindern wir dir macht.«
Der Welpe sprang auf und jaulte wieder herzzerreißend, hüpfte an ihm hoch und versuchte, seine Hand zu erreichen. Michael konnte nicht anders als zu lachen. »Der Gedanke gefällt dir wohl nicht, wie? Aber ich kann dich nicht einfach frei herumlaufen lassen. Jemand muss sich um dich kümmern.«
Als hätte die Hündin ihn verstanden, setzte sie sich bei diesen Worten wieder hin und blickte mit schräg gelegtem Kopf zu Michael auf.
»O nein, Kleine. Ich doch nicht! Wo denkst du denn hin? Ich habe dich lediglich aus der Tonne gerettet. Das bedeutet aber nicht, dass du jetzt bei mir einziehst.«
Die Hündin winselte und stupste ihn mit der Nase an. Michael seufzte, denn der traurige Hundeblick rührte ihn mehr, als ihm lieb war. »Ich schätze, du brauchst erst mal was zu fressen. Und vielleicht sollte ich dich zu einem Tierarzt bringen. Die wissen oft auch Leute, die jemanden wie dich aufnehmen würden.« Rasch warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war gerade Viertel nach sieben. Zu früh, um eine Tierarztpraxis geöffnet zu finden. Auch die Geschäfte hatten jetzt noch geschlossen. Ratlos betrachtet er den Welpen, dann kam ihm eine Idee. Er wusste, dass es unhöflich war, aber ihm war gerade eingefallen, wen er um Rat fragen konnte.
Rasch zog er sein Smartphone aus der Hosentasche und suchte die Nummer von Julia Rosenbaum, der Steuerberaterin seiner Firma, aus dem Telefonbuch heraus. Er wählte und musste nicht lange warten, bis sich am anderen Ende Julias Stimme meldete. »Rosenbaum – wer stört so früh am Morgen?« Sie lachte. »Sag nichts, Michael, ich habe deine Nummer längst erkannt. Wenn du nicht ein so guter Kunde wärest, würde ich dir jetzt sonst was an den Hals wünschen.«
»Guten Morgen, Julia«, grüßte er zurück und war erleichtert, dass sie tatsächlich schon auf war. Sie hatte ihm mal erzählt, dass sie gerne sehr früh morgens mit der Arbeit begann, um dann mehr Freizeit am Nachmittag zu haben. »Hör zu, ich habe ein Problem.«
»Wenn du glaubst, ich könnte die Kosten für deine Geburtstagsparty als Bewirtungskosten absetzen, hast du dich geschnitten.«
Michael lachte. »Nein, Julia, es geht nicht um die Firma oder meine Steuererklärung. Ihr habt doch einen Hund, oder?«
»Ja, unseren Nick. Das weißt du doch.«
»Zu welchem Tierarzt geht ihr mit ihm?«
Am anderen Ende war es einen Moment still. »Geht es dir gut, Michael?«, kam dann etwas verspätet die Gegenfrage. »Wozu brauchst du einen Tierarzt?«
»Ich war gerade joggen und habe in einer Mülltonne einen ausgesetzten Welpen gefunden.«
»Ach du liebe Zeit!« Julia klang bestürzt. »Warum bringst du ihn nicht gleich ins Tierheim?«
»Das wollte ich ja, aber der Gedanke scheint dem kleinen Mädel gar nicht zu gefallen.«
Wieder war es einen Moment still. Dann sagte Julia mit einem erkennbaren Grinsen in der Stimme: »Sieh mal einer an. Steckt da ein kleiner Softie im großen Michael Sahler?«
Er runzelte die Stirn. »Nenn mir doch bitte einfach den Namen deines Tierarztes, ja? Mehr will ich im Augenblick gar nicht.«
»Wohl empfindlich«, war Julias amüsierter Kommentar. »Also gut. Wir waren bisher immer bei Herrn Dr. Kruse, aber der hat die Praxis vor einem Vierteljahr an eine junge Nachfolgerin abgegeben. Frau Dr. Maier ist sehr nett und eine tolle Tierärztin. Ihre Nummer ist fünf – eins – sieben – eins – fünf. Sie hat ab acht Uhr Sprechstunde und ist meistens schon früher dort. Du kannst also auch gleich zu ihr gehen. Ihre Praxis ist in der Rosenstraße zwölf.«
»Rosenstraße? Das ist gut.« Michael nickte erfreut, obwohl Julia das ja nicht sehen konnte. »Ich bin gerade in der Rosenstraße, allerdings am anderen Ende. Bist du sicher, dass ich da so einfach reinplatzen kann?«