Der himmlische Weihnachtshund. Petra Schier
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»Ich auch. Danke, Julia.« Er unterbrach die Verbindung und speicherte erst einmal die Nummer der Tierärztin in sein Handy, dann wählte er und wartete. Dabei trat er unruhig auf der Stelle, denn allmählich wurde ihm kalt. Der Welpe saß weiterhin brav vor ihm und blickte ihn mit großen Augen an.
»Komm schon, geh ran«, murmelte Michael, doch im gleichen Moment sprang der Anrufbeantworter an. Eine angenehme Frauenstimme verkündete, dass er außerhalb der Sprechzeiten der Tierarztpraxis Dr. Maier anrief. Michael verzog die Lippen und unterbrach die Verbindung. Den nach Abfall stinkenden kleinen Hund nahm er wieder auf den Arm und ging entschlossen los. Allzu weit war es ja nicht bis zur Praxis. Er hoffte bloß, dass die nette Frau Dr. Maier tatsächlich schon früher dort auftauchen würde.
***
Das ist also der Michael-Mensch. Sieht ja richtig nett aus. Und er riecht gut. Aber nach der fiesen Mülltonne gilt das wohl für alles und jeden. Ich dachte schon, mir bleibt das Herz stehen, als er sagte, er wolle mich ins Tierheim zurückbringen. Ich bin doch froh, gerade von dort geflohen zu sein! Zum Glück konnte ich ihn überreden, es sich anders zu überlegen. Obwohl er was von einem Tierarzt gesagt hat, und das gefällt mir fast noch weniger. Tierärzte gucken einem überall rein und drücken an einem herum und dann stechen sie einen mit langen Nadeln. Das hab ich alles schon hinter mir, halte aber gar nichts davon.
Na ja, die Elfen haben gesagt, dass ich auf jeden Fall bei diesem Michael-Mensch bleiben soll. Also werde ich das auch tun. Er hat was von Essen gesagt. Das wäre mal eine geeignete Maßnahme. Ich hab nämlich riesigen Hunger.
Hach, von so einem netten Menschen getragen zu werden, hat schon was. Er ist warm und kuschelig. Na ja, zumindest sein Pulli und dort, wo ich nicht versehentlich einen Fleck gemacht habe. Unter dem Pulli fühlt er sich ziemlich hart an. So wie die großen, kräftigen Kampfhunde im Tierheim, die nur aus Muskeln zu bestehen scheinen. Ich wusste gar nicht, dass es das auch bei Menschen gibt. Aber er ist auf jeden Fall freundlicher als ein Kampfhund, das steht fest. Hoffentlich darf ich bei ihm bleiben. Ich glaube, das würde mir gefallen.
4. Kapitel
Ein wenig außer Atem schloss Fiona Maier die Tür zu ihrer Praxis auf und schälte sich aus ihrem Mantel. Es war bitterkalt an diesem Morgen und den Weg zur einzigen Bäckerei, die so früh schon geöffnet war, hatte sie im Laufschritt zurückgelegt. Die Tüte mit den Brötchen und Croissants, die sie jeden Tag für sich und ihre Sprechstundenhilfe besorgte, legte sie auf dem Anmeldetresen ab. Dabei fiel ihr Blick auf die blinkende Anzeige ihres Anrufbeantworters. Das Display zeigte an, das der Anrufer gerade eben erst versucht haben musste, sie zu erreichen.
Stirnrunzelnd drückte sie auf die Wiedergabetaste. Hoffentlich nicht gleich ein Notfall so früh am Morgen! Doch wer auch immer versucht hatte, sie zu erreichen, er hatte einfach wieder aufgelegt. Die Handynummer kam ihr nicht bekannt vor, also dachte sie nicht weiter darüber nach. Erneut griff sie nach der Brötchentüte und trug sie nach hinten in die kleine Küche.
Während sie Kaffee aufsetzte, ging sie in Gedanken die Termine des Tages durch und machte sich eine imaginäre Notiz, endlich den Brief an die Firma Sahler Futtermittel abzuschicken. Sie wusste selbst nicht, warum sie noch immer zögerte. Mehr als ablehnen konnten sie ihr Anliegen ja nicht. Wenn sie ehrlich zu sich war – und das vermied sie in diesem speziellen Fall zumeist –, dann musste sie sich eingestehen, dass es außer ihrer Angst vor einer Absage noch einen anderen Grund gab, weshalb sie die Kontaktaufnahme immer wieder hinausschob. Es war derselbe Grund, der sie erst hatte zögern lassen, das Angebot anzunehmen, diese Praxis in der Stadt ihrer Kindheit zu führen. Es war kindisch, das sagte sie sich, sooft der Gedanke doch an die Oberfläche ihres Bewusstseins gespült wurde. Leider war das weder Trost noch Motivation für sie. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, und ganz gleich, wie sehr sie sich auch einredete, dass dazu keinerlei Grund bestand, ließ es sich doch nicht einfach ablegen.
Um sich von den wenig nützlichen Gedanken abzulenken, leerte sie die Brötchen und Hörnchen in einen kleinen Brotkorb und stellte ihn auf die Anrichte. Wenn Inge nachher kam, würde sie sich wie immer zuerst davon bedienen, bevor sie sich an die täglichen Arbeiten machte. Fiona wollte gerade eines der Vollkornbrötchen aufschneiden und mit Butter bestreichen, als sie hörte, wie die Eingangstür geöffnet wurde. Sie fluchte stumm, weil sie wieder einmal vergessen hatte, sie abzuschließen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es erst zwanzig vor acht war.
»Hallo? Ist jemand da?« Hörte sie eine angenehm dunkle Männerstimme rufen. Dann etwas leiser: »Schon gut, schon gut, du brauchst keine Angst zu haben, Kleine. Dir passiert schon nichts. Julia hat gesagt, dass die Frau Doktor eine ganz Nette ist.«
Fionas Mundwinkel zuckten belustigt. Rasch legte sie Brötchen und Messer beiseite, klopfte sich die Krümel von den Händen und eilte nach vorne. »Guten Morgen. Entschuldigen Sie bitte, aber eigentlich hat die Sprechstunde noch nicht be…« Sie stockte, als sie sah, wer der frühe Besucher war. Wenn sie ihm auch seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr gegenübergestanden hatte, erkannte sie ihn dennoch auf den ersten Blick. Nicht zuletzt, weil er durch diverse Werbespots, Plakate sowie öffentliche Auftritte von sich Reden gemacht hatte. Ihr Herz machte einen unangenehmen Satz und holperte danach unregelmäßig. Sie schluckte und riss sich zusammen. »Hallo, Michael.« Da ihre Stimme ein wenig kratzig klang, räusperte sie sich und konzentrierte sich dann auf den kleinen Hund, den er im Arm hielt. »Wen hast du denn da mitgebracht?«
»Entschuldigen Sie, kennen wir uns?« Irritiert musterte er sie von Kopf bis Fuß. Offenbar hatte er sich nicht die Mühe gemacht, das Namensschild neben ihrer Tür zu lesen. Er schien angestrengt zu versuchen, ihr Gesicht einzuordnen. Sie konnte den Moment geradezu spüren, in dem die Erkenntnis ihn durchfuhr. »Fiona?« Ungläubig starrte er sie an. »Bist du es wirklich?«
»Live und in Farbe«, bestätigte sie spröder als beabsichtigt und strich sich mit der linken Hand ihr kinnlanges brünettes Haar hinters Ohr. Dann fiel ihr Blick erneut auf das inzwischen zappelnde Bündel auf seinem Arm. »Liebe Zeit, lass sie doch runter. Sie kann doch selbst laufen. Oder ist sie verletzt?«
Sichtlich verdutzt über ihren kühlen Ton ließ er den jungen Labrador tatsächlich zu Boden. »Nein, sie ist nicht verletzt. Zumindest hoffe ich das. Ich habe sie eben gefunden – in einer Mülltonne.«
»Was?« Entsetzt ging Fiona in die Hocke. Sofort tapste die kleine Hündin auf sie zu, beschnupperte sie und leckte ihr über die ausgestreckte Hand. »In was für einer Mülltonne? Wo? Das muss ich sofort melden!«
»Oben auf der Rosenstraße hundertdreißig«, antwortete Michael. Sein Blick wanderte noch immer verwundert über ihr Gesicht. »Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jemand von dort den Hund ausgesetzt hat. Das ist ein Altenheim.«
»Schon möglich, aber trotzdem muss ich … Hey!« Lachend wehrte Fiona die Hündin ab, die versuchte, an ihr hochzuklettern. Schnell richtete sie sich wieder auf. »Es ist gut, dass du sie hergebracht hast. Ich kümmere mich um sie und werde sie dann später vom Tierheim abholen lassen.«
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als der kleine Hund jämmerlich zu wimmern und zu jaulen begann und wie der Blitz unter einen der Stühle im Wartebereich floh.
»Nanu?« Verblüfft hob sie die Brauen. »Was sollte das denn?«
Michael zuckte die Schultern. »Als ich das Wort Tierheim vorhin zu ihr gesagt habe, ist sie auch fast ausgeflippt. Beinahe so, als verstünde sie, was damit gemeint ist. Das scheint ihr nicht zu gefallen.«
Skeptisch sah Fiona ihn an. Dabei fielen ihr der feuchte Fleck und die schmutzigen Pfotenabdrücke auf seinem Sweatshirt auf, und sie musste