Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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der vor­nehms­ten und äl­tes­ten Ge­schlech­ter der Nor­man­die an. Der Graf, ein al­ter Edel­mann von statt­li­chem Äus­sern, such­te durch al­ler­hand Toi­let­te­küns­te sei­ne na­tür­li­che Ähn­lich­keit mit Hein­rich den IV. noch mehr her­vor­zu­he­ben. Ei­ner Sage nach, auf wel­che die Fa­mi­lie sich sehr viel ein­bil­de­te, hat­te die­ser Kö­nig mit ei­ner Bréville ein Kind ge­habt, de­ren Mann dann Graf und Gou­ver­neur der Pro­vinz ge­wor­den war.

      Graf Hu­bert ver­trat im Ge­ne­ral­rat, wo er mit Herrn Carré-La­ma­don zu­sam­men­sass, die or­lea­nis­ti­sche Par­tei sei­nes De­par­te­ments. Die Ge­schich­te sei­ner Ver­mäh­lung mit der Toch­ter ei­nes klei­nen Rhe­ders zu Nan­tes war stets et­was dun­kel ge­blie­ben. Aber da die Grä­fin sehr gute Ma­nie­ren be­sass, ein bril­lan­tes Haus mach­te und man so­gar be­haup­te­te, ei­ner der Söh­ne Louis Phil­ip­pes habe ihr län­ge­re Zeit zu Füs­sen ge­le­gen, so stand sie beim gan­zen Adel in ho­hem An­se­hen und ihr Sa­lon galt als der vor­nehms­te des Lan­des: als der ein­zi­ge, wo man noch die alte Galan­te­rie be­wahr­te und zu dem man sehr schwer Zu­tritt er­hielt.

      Die Brévil­les hat­ten, wie man sich er­zähl­te, fünf­mal­hun­dert­tau­send Li­vres Ren­te.

      Die­se sechs Per­so­nen nah­men, wie ge­sagt, den Fonds des Wa­gens ein; sie re­prä­sen­tier­ten die wohl­ha­ben­de bes­se­re Ge­sell­schaft, in der Re­li­gi­on und Grund­sät­ze herr­schen.

      Fast sämt­li­che weib­li­che Rei­sen­de hat­ten zu­fäl­lig die eine Bank inne. Die Grä­fin hat­te ne­ben sich noch zwei Or­dens­schwes­tern, die an lan­gen Ro­sen­krän­zen ihr »Pa­ter no­s­ter« und ihr »Aves« her­un­ter­be­te­ten. Die äl­te­re von bei­den hat­te ein blat­ter­nar­bi­ges Ge­sicht, als wenn sie aus nächs­ter Nähe eine vol­le Kar­tät­schen­la­dung be­kom­men hät­te. Die jün­ge­re, hüb­sche­re, mach­te einen schwäch­li­chen kränk­li­chen Ein­druck. Ihre Brust war ein­ge­fal­len und auf ih­ren hek­ti­schen Wan­gen schim­mer­te ein ver­rä­te­risches Rot.

      Ein Mann und eine Frau, die den bei­den Schwes­tern ge­gen­über sas­sen, zo­gen bald die Bli­cke al­ler Rei­sen­den auf sich.

      Der Mann war der wohl­be­kann­te De­mo­krat Cor­nu­det, der Schre­cken al­ler an­stän­di­gen Leu­te. Seit zwan­zig Jah­ren trieb er sich mit sei­nem großen ro­ten Bart in al­len de­mo­kra­ti­schen Knei­pen und Zir­keln her­um. Mit sei­nen Freun­den und Brü­dern hat­te er ein hüb­sches Ver­mö­gen durch­ge­bracht, das ihm sein Va­ter, ein ehe­ma­li­ger Zucker­bä­cker, hin­ter­liess. Jetzt war­te­te er sehn­süch­tig auf die Re­pu­blik, die ihm end­lich den ver­dien­ten Lohn für sei­ne re­vo­lu­tio­näre Agi­ta­ti­on brin­gen soll­te. Am 4. Sep­tem­ber hat­te er, durch einen schlech­ten Witz ge­täuscht, sich be­reits zum Prä­fekt er­nannt ge­glaubt. Als er aber sei­ne Stel­lung an­tre­ten woll­te, ver­wei­ger­ten ihm die Co­pis­ten auf dem Büro, die al­lein noch am Plat­ze ge­blie­ben wa­ren, ihre Aner­ken­nung, und so sah er sich zum Rück­zug ge­zwun­gen. Von Her­zen gut­mü­tig und ge­fäl­lig hat­te er sich mit an­er­ken­nens­wer­tem Ei­fer um die Ver­tei­di­gung der Stadt be­müht. Er hat­te rings­um auf al­len Wie­sen tie­fe Lö­cher ein­gra­ben und mit­tels der jun­gen Bäu­me aus den be­nach­bar­ten Wäl­dern über­all Ver­haue her­stel­len las­sen. Auf al­len Stras­sen leg­te er Wolfs­gra­ben an, und als dann der Feind sich nä­her­te, zog er, be­frie­digt von sei­ner Tä­tig­keit sich so schnell wie mög­lich in die Stadt zu­rück. Er ge­dach­te, sich jetzt in Ha­vre, wo es an aus­rei­chen­den Ver­schan­zun­gen feh­len soll­te, noch wei­ter nütz­lich zu ma­chen.

      Die Frau war eine so­ge­nann­te Al­ler­welts­da­me und ih­rer her­vor­ra­gen­den Lei­bes­fül­le we­gen be­rühmt, die ihr den Bein­amen Fett-Kloss ein­ge­tra­gen hat­te. Sie war klein, durch­aus rund, spe­ckig, und ihre auf­ge­dun­se­nen, an den Glie­dern ein­ge­kerb­ten Fin­ger mach­ten den Ein­druck von an­ein­an­der hän­gen­den Würst­chen. Mit ih­rer glän­zen­den straff ge­spann­ten Haut und ei­ner mäch­ti­gen wo­gen­den Brust blieb sie doch im­mer noch be­geh­rens­wert und ap­pe­tit­lich, weil der An­blick ih­rer Fri­sche einen sym­pa­thisch be­rühr­te. Ihr Ge­sicht glich ei­nem ro­ten Ap­fel, ei­ner knos­pen­den Pfingst­ro­se, die im Be­griff ist, auf­zu­blü­hen. Aber da drin­nen un­ter der Stirn leuch­te­ten zwei präch­ti­ge Au­gen, von dich­ten schwar­zen Wim­pern um­schat­tet, die das Dun­kel noch ver­mehr­ten. Und wei­ter un­ten zeig­te sich ein rei­zen­der klei­ner Mund, zum Küs­sen wie ge­schaf­fen und mit zier­li­chen Per­l­zähn­chen aus­ge­rüs­tet.

      Im Üb­ri­gen be­sass sie, wie man sag­te, meh­re­re ganz un­schätz­ba­re Ei­gen­schaf­ten.

      So­bald man sie er­kannt hat­te, ent­stand un­ter den ehr­ba­ren Da­men ein Ge­flüs­ter und Wor­te wie »Pro­sti­tu­ier­te,« »öf­fent­li­cher Skan­dal« wur­de so ver­nehm­lich ge­wis­pert, dass sie auf­schau­te. Sie warf ih­rer Um­ge­bung einen so trot­zi­gen her­aus­for­dern­den Blick zu, dass so­fort tie­fe Stil­le ein­trat, und je­der vor sich hin­schau­te. Nur Loi­seau be­trach­te­te sie mit leb­haf­ter Mie­ne.

      Aber bald be­gann die Un­ter­hal­tung zwi­schen den drei Da­men, wel­che sich durch die Ge­gen­wart die­ser Per­son un­will­kür­lich nä­her zu ein­an­der hin­ge­zo­gen fühl­ten, wie­der leb­haf­ter zu wer­den. Es schi­en ih­nen, als müss­ten sie ihre Wür­de als Gat­tin­nen mit­ein­an­der ver­ei­ni­gen ge­gen­über die­ser Dir­ne, die sich ohne Wahl an je­den ver­kauf­te. Die le­ga­le Lie­be sieht nun ein­mal stets mit Ver­ach­tung auf ihre freie Schwes­ter her­ab.

      Auch die drei Herrn, die dem De­mo­kra­ten Cor­nu­det ge­gen­über sich in ei­nem ge­wis­sen kon­ser­va­ti­ven In­stinkt en­ger an­ein­an­der schlos­sen, spra­chen über Geld­sa­chen mit ei­ner Art von Ver­ach­tung für die Ar­men. Graf Hu­bert er­zähl­te von den Ver­wüs­tun­gen, wel­che die Preus­sen bei ihm an­ge­rich­tet, von den Ver­lus­ten, die sie ihm an sei­nem Vieh­be­stand zu­ge­fügt hät­ten und von der ver­lo­re­nen Ern­te mit dem Selbst­be­wusst­sein ei­nes zehn­fa­chen Mil­lio­närs, der nach ei­nem Jahr schon nicht mehr an der­glei­chen den­ken wird. Herr Carré-La­ma­don, der große Woll-In­dus­tri­el­le, hat­te die Vor­sicht ge­habt, sechs­mal hun­dert­tau­send Fran­cs nach Eng­land zu schi­cken, ein Trop­fen für den Durst, den er sich für alle Fäl­le si­chern woll­te. Was Herrn Loi­seau an­be­traf, so hat­te er es fer­tig ge­bracht, der fran­zö­si­schen In­ten­dan­tur den gan­zen Rest sei­ner ge­wöhn­li­chen Wei­ne, den er noch in sei­nen Kel­le­rei­en hat­te, zu ver­kau­fen, so­dass die Re­gie­rung ihm ein hüb­sches Sümm­chen schul­de­te, das er jetzt in Ha­vre zu er­he­ben hoff­te.

      Alle drei war­fen sich bei die­sem Ge­spräch öf­ters ver­trau­li­che Bli­cke zu. Wenn auch ver­schie­den an Le­bens­stel­lung fühl­ten sie sich doch durch den Geld­punkt ver­bun­den, der so­zu­sa­gen die Frei­mau­rer-Loge al­ler Be­sit­zen­den, al­ler de­rer ist, de­nen das Gold in der Ta­sche klingt, so­bald sie dar­auf klop­fen.

      Der

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