Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 281
»Wenn Dein Mann mich nun aber entdeckt hätte?« fragte ich.
»Keine Not«, antwortete sie kurz.
»Was, keine Not?« Sie ist närrisch geworden, dachte ich. »Er brauchte sich doch nur zu bücken, um mich zu bemerken!«
Sie lachte nicht mehr; sie lächelte nur noch, indem sie mich mit ihren großen starren Augen ansah, in denen neue Begehrlichkeit aufflammte.
»Er hätte sich nicht gebückt.«
»Aber erlaube ’mal«, fuhr ich fort, »er brauchte z. B. nur seinen Hut fallen zu lassen. Er hätte ihn doch sicher aufgehoben, und dann … mir wäre es nett gegangen in diesem Kostüm da.«
Sie legte ihre runden kräftigen Arme auf meine Schultern, und ihre Stimme mässigend, als wollte sie sagen, »ich bete Dich an«, murmelte sie leise:
»Errr hätte sich nicht wiederr aufgerrrichtet.«
»Wieso denn?« fragte ich verständnislos.
Sie zwinkerte boshaft mit einem Auge und streckte ihre Hand nach dem Stuhle aus, auf dem ich sass. Ihre gekrümmten Finger, die Falten auf ihren Wangen, die spitzen glänzenden Raubtierzähne, das alles zeigte mir schon, wozu das kleine Holzbeil dienen sollte, dessen scharfe Schneide im Lichte glänzte.
Sie tat, als ob sie es ergriffe, zog mich mit der linken Hand ganz nahe an sich heran, presste ihre Hüfte an die meinige und führte mit der rechten eine Bewegung aus, wie wenn man einem knienden Menschen den Kopf spaltet …
*
Nun weißt Du, lieber Freund, was man hierzulande unter ehelicher Treue, Liebe und Gastfreundschaft versteht.
*
Mohammed Cripouille
Wollen wir den Kaffee auf dem Dache einnehmen?« fragte mich der Kapitän.
»Natürlich, sehr gern«, antwortete ich. Er erhob sich. Es wurde in dem nach maurischer Bauart nur vom Hofe her erleuchteten Saale schon finster. Vor den hohen Spitzbogenfenstern rankten sich die Lianen von der großen Terrasse herunter, auf der man die warmen Sommerabende zuzubringen pflegte. Auf der Tafel standen nur noch Früchte, die riesigen Früchte Afrikas, Weintrauben von Pflaumengrösse, Feigen so weich, dass die Haut violett war, gelbe Birnen, schlanke und dicke Bananen, schliesslich in einem silbernen Körbchen die köstlichen Datteln von Tugurt.
Der maurische Diener öffnete die Tür und ich stieg die Treppe herauf, deren Wände durch das von oben einfallende Licht des sinkenden Tagesgestirns azurfarben leuchteten.
Bald hatte ich die Terrasse erklommen, nicht ohne einen lebhaften Ruf der Befriedigung auszustossen. Denn man sah von hier aus Algier, den Hafen, die Rhede und sogar die entfernter liegenden Küsten.
Das Haus, welches sich der Kapitän gekauft hatte, war eine alte arabische Wohnung und lag im Zentrum der Stadt zwischen den labyrinthartigen Gässchen, in denen die eingeborene Bevölkerung der afrikanischen Küste hauset.
Unter uns stiegen die flachen viereckigen Dächer wie riesige Stufen bis zu den schrägen Dächern der europäischen Stadt empor. Hinter diesen bemerkte man die Masten verankerter Schiffe, dann sah man schliesslich das Meer in seiner vollen Grösse blau und ruhig unter dem blauen und ruhigen Himmel.
Wir streckten uns auf weichen Matten, den Kopf von Kissen gestützt; und langsam den köstlichen Kaffee zur Neige schlürfend, sah ich dem Erscheinen der ersten Sterne am dunklen Horizont zu. Man bemerkte sie kaum erst, so weit entfernt und fahl, wie eben angezündete Lämpchen sahen sie aus.
Eine leichte Wärme, besser gesagt eine geflügelte Wärme, umschmeichelte die Schläfen. Zuweilen kam ein heisserer, drückenderer Hauch mit einem unbestimmbaren Dufte, dem Duft Afrikas, zu uns herüber; es war der Odem der nahen Wüste, der über die Hügel des Atlas her uns umwehte.
»Welch ein Land!« sagte der Kapitän, behaglich auf dem Rücken liegend. »Wie angenehm ist das Leben, wie erquickend, wie wohltuend die Ruhe! Sind diese Nächte nicht zum Träumen geschaffen?«
Ich betrachtete immer noch die aufgehenden Sterne mit einer behaglichen und zugleich lebhaften Neugierde, mit einer Art einschläfernden Wohlbefindens.
»Sie könnten mir eigentlich wohl etwas aus Ihrem Leben im Süden erzählen«, sagte ich.
Kapitän Marret war einer der ältesten Afrikaner unserer Armee, ein alter Spahi, der von der Pike auf gedient und sich mit dem Säbel in der Faust seinen jetzigen Rang erworben hatte.
Seinen Liebenswürdigkeiten, seinen freundschaftlichen Beziehungen verdankte ich eine herrliche Wüstenreise, und ich hatte ihm diesen Abend für alles danken wollen, ehe ich nach Frankreich zurückkehrte.
»Welche Art von Geschichten ziehen Sie vor?« fragte er; »es sind mir während der zwölf Jahre Wüstenlebens so viele Abenteuer passiert, dass ich sie fast schon vergessen habe.«
»Erzählen Sie mir von den arabischen Frauen«, bat ich.
Er antwortete nicht, sondern blieb, die Hände rückwärts unter den Kopf gelegt, auf seiner Matte liegen. Ich verspürte nur zuweilen den Rauch seiner vortrefflichen Zigarre, der sich kerzengrade in dieser windstillen Nacht emporringelte. Dann brach er plötzlich in ein herzliches Lachen aus:
»Ach ja! Eine komische Geschichte aus meiner ersten Zeit in Afrika muss ich Ihnen erzählen.
Wir hatten damals in der afrikanischen Armee noch ganz sonderbare Käuze, wie man sie jetzt nicht mehr kennt; Leute, deren Typus Sie so ergötzt hätte, dass Sie Ihr ganzes Leben hätten in diesem Lande zubringen mögen.
Ich war damals noch einfacher Spahi, ein kleiner Spahi