Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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mich or­dent­lich. Wir hat­ten doch ein­fach um un­ser Le­ben ge­spielt; es über­lief mich noch kalt, wenn ich dar­an dach­te. Und nun die­ses fast be­lei­di­gen­de La­chen!

      »Wenn Dein Mann mich nun aber ent­deckt hät­te?« frag­te ich.

      »Kei­ne Not«, ant­wor­te­te sie kurz.

      »Was, kei­ne Not?« Sie ist när­risch ge­wor­den, dach­te ich. »Er brauch­te sich doch nur zu bücken, um mich zu be­mer­ken!«

      Sie lach­te nicht mehr; sie lä­chel­te nur noch, in­dem sie mich mit ih­ren großen star­ren Au­gen an­sah, in de­nen neue Be­gehr­lich­keit auf­flamm­te.

      »Er hät­te sich nicht ge­bückt.«

      »Aber er­lau­be ’mal«, fuhr ich fort, »er brauch­te z. B. nur sei­nen Hut fal­len zu las­sen. Er hät­te ihn doch si­cher auf­ge­ho­ben, und dann … mir wäre es nett ge­gan­gen in die­sem Ko­stüm da.«

      Sie leg­te ihre run­den kräf­ti­gen Arme auf mei­ne Schul­tern, und ihre Stim­me mäs­si­gend, als woll­te sie sa­gen, »ich bete Dich an«, mur­mel­te sie lei­se:

      »Errr hät­te sich nicht wie­derr auf­gerr­rich­tet.«

      »Wie­so denn?« frag­te ich ver­ständ­nis­los.

      Sie zwin­ker­te bos­haft mit ei­nem Auge und streck­te ihre Hand nach dem Stuh­le aus, auf dem ich sass. Ihre ge­krümm­ten Fin­ger, die Fal­ten auf ih­ren Wan­gen, die spit­zen glän­zen­den Raub­tier­zäh­ne, das al­les zeig­te mir schon, wozu das klei­ne Holz­beil die­nen soll­te, des­sen schar­fe Schnei­de im Lich­te glänz­te.

      Sie tat, als ob sie es er­grif­fe, zog mich mit der lin­ken Hand ganz nahe an sich her­an, press­te ihre Hüf­te an die mei­ni­ge und führ­te mit der rech­ten eine Be­we­gung aus, wie wenn man ei­nem kni­en­den Men­schen den Kopf spal­tet …

      *

      Nun weißt Du, lie­ber Freund, was man hier­zu­lan­de un­ter ehe­li­cher Treue, Lie­be und Gast­freund­schaft ver­steht.

      *

      Wol­len wir den Kaf­fee auf dem Da­che ein­neh­men?« frag­te mich der Ka­pi­tän.

      »Na­tür­lich, sehr gern«, ant­wor­te­te ich. Er er­hob sich. Es wur­de in dem nach mau­ri­scher Bau­art nur vom Hofe her er­leuch­te­ten Saa­le schon fins­ter. Vor den ho­hen Spitz­bo­gen­fens­tern rank­ten sich die Lia­nen von der großen Ter­ras­se her­un­ter, auf der man die war­men Som­mer­aben­de zu­zu­brin­gen pfleg­te. Auf der Ta­fel stan­den nur noch Früch­te, die rie­si­gen Früch­te Afri­kas, Wein­trau­ben von Pflau­men­grös­se, Fei­gen so weich, dass die Haut vio­lett war, gel­be Bir­nen, schlan­ke und di­cke Bana­nen, schliess­lich in ei­nem sil­ber­nen Körb­chen die köst­li­chen Dat­teln von Tu­gurt.

      Der mau­ri­sche Die­ner öff­ne­te die Tür und ich stieg die Trep­pe her­auf, de­ren Wän­de durch das von oben ein­fal­len­de Licht des sin­ken­den Ta­ges­ge­stirns azur­far­ben leuch­te­ten.

      Bald hat­te ich die Ter­ras­se er­klom­men, nicht ohne einen leb­haf­ten Ruf der Be­frie­di­gung aus­zu­stos­sen. Denn man sah von hier aus Al­gier, den Ha­fen, die Rhe­de und so­gar die ent­fern­ter lie­gen­den Küs­ten.

      Das Haus, wel­ches sich der Ka­pi­tän ge­kauft hat­te, war eine alte ara­bi­sche Woh­nung und lag im Zen­trum der Stadt zwi­schen den la­by­rinthar­ti­gen Gäss­chen, in de­nen die ein­ge­bo­re­ne Be­völ­ke­rung der afri­ka­ni­schen Küs­te hau­set.

      Un­ter uns stie­gen die fla­chen vier­e­cki­gen Dä­cher wie rie­si­ge Stu­fen bis zu den schrä­gen Dä­chern der eu­ro­päi­schen Stadt em­por. Hin­ter die­sen be­merk­te man die Mas­ten ver­an­ker­ter Schif­fe, dann sah man schliess­lich das Meer in sei­ner vol­len Grös­se blau und ru­hig un­ter dem blau­en und ru­hi­gen Him­mel.

      Wir streck­ten uns auf wei­chen Mat­ten, den Kopf von Kis­sen ge­stützt; und lang­sam den köst­li­chen Kaf­fee zur Nei­ge schlür­fend, sah ich dem Er­schei­nen der ers­ten Ster­ne am dunklen Ho­ri­zont zu. Man be­merk­te sie kaum erst, so weit ent­fernt und fahl, wie eben an­ge­zün­de­te Lämp­chen sa­hen sie aus.

      Eine leich­te Wär­me, bes­ser ge­sagt eine ge­flü­gel­te Wär­me, um­schmei­chel­te die Schlä­fen. Zu­wei­len kam ein heis­se­rer, drücken­de­rer Hauch mit ei­nem un­be­stimm­ba­ren Duf­te, dem Duft Afri­kas, zu uns her­über; es war der Odem der na­hen Wüs­te, der über die Hü­gel des At­las her uns um­weh­te.

      »Welch ein Land!« sag­te der Ka­pi­tän, be­hag­lich auf dem Rücken lie­gend. »Wie an­ge­nehm ist das Le­ben, wie er­qui­ckend, wie wohl­tu­end die Ruhe! Sind die­se Näch­te nicht zum Träu­men ge­schaf­fen?«

      Ich be­trach­te­te im­mer noch die auf­ge­hen­den Ster­ne mit ei­ner be­hag­li­chen und zu­gleich leb­haf­ten Neu­gier­de, mit ei­ner Art ein­schlä­fern­den Wohl­be­fin­dens.

      »Sie könn­ten mir ei­gent­lich wohl et­was aus Ihrem Le­ben im Sü­den er­zäh­len«, sag­te ich.

      Ka­pi­tän Mar­ret war ei­ner der äl­tes­ten Afri­ka­ner un­se­rer Ar­mee, ein al­ter Spa­hi, der von der Pike auf ge­dient und sich mit dem Sä­bel in der Faust sei­nen jet­zi­gen Rang er­wor­ben hat­te.

      Sei­nen Lie­bens­wür­dig­kei­ten, sei­nen freund­schaft­li­chen Be­zie­hun­gen ver­dank­te ich eine herr­li­che Wüs­ten­rei­se, und ich hat­te ihm die­sen Abend für al­les dan­ken wol­len, ehe ich nach Frank­reich zu­rück­kehr­te.

      »Wel­che Art von Ge­schich­ten zie­hen Sie vor?« frag­te er; »es sind mir wäh­rend der zwölf Jah­re Wüs­ten­le­bens so vie­le Aben­teu­er pas­siert, dass ich sie fast schon ver­ges­sen habe.«

      »Er­zäh­len Sie mir von den ara­bi­schen Frau­en«, bat ich.

      Er ant­wor­te­te nicht, son­dern blieb, die Hän­de rück­wärts un­ter den Kopf ge­legt, auf sei­ner Mat­te lie­gen. Ich ver­spür­te nur zu­wei­len den Rauch sei­ner vor­treff­li­chen Zi­gar­re, der sich ker­zen­gra­de in die­ser wind­stil­len Nacht em­por­rin­gel­te. Dann brach er plötz­lich in ein herz­li­ches La­chen aus:

      »Ach ja! Eine ko­mi­sche Ge­schich­te aus mei­ner ers­ten Zeit in Afri­ka muss ich Ih­nen er­zäh­len.

      Wir hat­ten da­mals in der afri­ka­ni­schen Ar­mee noch ganz son­der­ba­re Käu­ze, wie man sie jetzt nicht mehr kennt; Leu­te, de­ren Ty­pus Sie so er­götzt hät­te, dass Sie Ihr gan­zes Le­ben hät­ten in die­sem Lan­de zu­brin­gen mö­gen.

      Ich war da­mals noch ein­fa­cher Spa­hi, ein klei­ner Spa­hi

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