Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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nicht mein Herr! Wa­rum soll ich Sie vor der Zeit mit mei­nem Är­ger be­läs­ti­gen?«

      Trotz mei­nes Drän­gens wei­ger­te er sich, mir vor dem Es­sen ir­gend­wel­chen Auf­schluss zu ge­ben. Ich sah ihm je­doch an, dass es sich um eine erns­te Sa­che hand­le. Um doch noch et­was zu sa­gen frag­te ich:

      »Und wie steht’s mit dem Wild?«

      »Ah, was das be­trifft, da gibts ge­nug! Sie wer­den al­les nach Wunsch fin­den. Ich habe Gott sei Dank die Au­gen auf ge­habt.«

      Er sag­te dies mit sol­chem Ernst, mit sol­chem trü­ben Ernst, dass es bei­na­he ko­misch klang. Sein großer grau­er Schnurr­bart schi­en von sei­nen Lip­pen fal­len zu wol­len.

      Plötz­lich fiel mir ein, dass ich sei­nen Nef­fen noch nicht ge­se­hen hat­te.

      »Wo ist denn Ma­ri­us? Wa­rum lässt er sich nicht se­hen?«

      Der Wald­hü­ter wur­de be­stürzt und sah mich scharf an:

      »Nun ja, mein Herr! lie­ber sage ich’s Ih­nen doch schon jetzt; ja es ist bes­ser so. Gera­de sei­net­we­gen liegt mir et­was auf dem Her­zen.«

      »Ach so! Nun, wo ist er denn?«

      »Im Stall, mein Herr! er muss je­den Au­gen­blick kom­men«.

      »Was gib­t’s denn nun ei­gent­lich mit ihm?«

      »Se­hen Sie mein Herr …«

      Der Wald­hü­ter zö­ger­te noch; sei­ne Stim­me ver­än­der­te sich und zit­ter­te, sein Ge­sicht zeig­te plötz­lich tie­fe Fal­ten, die Fur­chen des Al­ters, als er lang­sam fort­fuhr:

      »Se­hen Sie! Ich be­merk­te die­sen Win­ter recht gut, dass man im Ro­sen-Holz Sch­lin­gen leg­te, aber ich konn­te den Kerl nicht er­wi­schen. Ich pass­te fast Nacht für Nacht auf, aber es war Nichts. Und zur sel­ben Zeit fing man auch an, auf der Sei­te von Ecor­che­ville Sch­lin­gen zu le­gen. Ich wur­de krank vor Är­ger. Aber kei­ne Mög­lich­keit, den Schur­ken zu er­wi­schen. Man hät­te glau­ben sol­len, dass der Lump vor­her wüss­te, wann und wo­hin ich aus­ging.

      Aber ei­nes schö­nen Ta­ges, als ich zu­fäl­lig Ma­ri­us sei­ne Hose, die Sonn­tags­ho­se näm­lich, aus­bürs­te, fin­de ich in der Ta­sche vier­zig Sous. Wo hat­te der Ben­gel die her?

      Ich sann gute acht Tage dar­über nach, und be­merk­te schliess­lich, dass er öf­ters aus­ging, und zwar dann, wenn ich mich, müde vom Auf­pas­sen, schla­fen leg­te.

      Nun hat­te ich ein Auge auf ihn, aber im­mer noch ohne ir­gend­wel­che Ah­nung, wahr­haf­tig, ohne eine Ah­nung. Und ei­nes Ta­ges leg­te ich mich vor ihm schein­bar zur Ruhe, stand aber so­fort nach sei­nem Weg­ge­hen auf und folg­te ihm. Sie wis­sen, mein Herr, für so ’was gibt es aus­ser mir kei­nen Zwei­ten.

      Rich­tig er­wi­sche ich ihn, ja den Ma­ri­us, wie er auf Ihrem Re­vier Sch­lin­gen stellt, mein Herr, den­ken Sie, mein, des Wald­hü­ters, Nef­fe.

      Mir stock­te das Blut, und fast hät­te ich ihn auf der Stel­le ge­tö­tet, so habe ich ihn zer­bläut. Ja, ich habe ihn ver­mö­belt, das kön­nen Sie glau­ben. Und ver­spro­chen habe ich ihm, dass er nach Ih­rer An­kunft noch ex­tra von mir eine Tracht in Ih­rer Ge­gen­wart als war­nen­des Exem­pel er­hal­ten wür­de.

      Se­hen Sie, ich bin vor Zorn ma­ger ge­wor­den; Sie wis­sen, was es heisst, sich är­gern. Aber was hät­ten Sie ge­tan, sa­gen Sie doch? Er hat we­der Va­ter noch Mut­ter, der Sch­lin­gel, er hat nur mich als ein­zi­gen Ver­wand­ten; ich habe ihn groß­ge­zo­gen und konn­te ihn doch nicht gleich zum Teu­fel ja­gen, nicht wahr?

      Aber pas­sier­t’s ihm noch ein­mal, das hab ich ihm ge­sagt, dann ist al­les aus, al­les; es gibt kein Mit­leid. Habe ich nicht recht ge­tan, mein Herr?«

      »Sehr recht, mein al­ter Ca­va­lier«, sag­te ich, ihm die Hand rei­chend. »Ihr seid ein wa­cke­rer Mann.«

      »Sie sind sehr gü­tig, mein Herr!« sag­te er auf­ste­hend. Ich wer­de ihn jetzt ho­len. Er hat noch sei­ne Hie­be zu be­kom­men als war­nen­des Exem­pel.«

      Da ich wuss­te, dass es nutz­los ge­we­sen wäre, dem Al­ten sei­nen Plan aus­zu­re­den, so ließ ich ihn nach Be­lie­ben han­deln.

      Er ging also fort, den Ran­gen zu ho­len und führ­te ihn bald dar­auf bei den Ohren ins Zim­mer.

      Ich hat­te mich mit erns­ter Rich­ter­mie­ne auf einen Stroh­ses­sel nie­der­ge­las­sen.

      Ma­ri­us schi­en mir grös­ser ge­wor­den, und sah mit sei­nem bö­sen tücki­schen Ge­sicht noch häss­li­cher aus wie frü­her, sei­ne Hän­de wa­ren un­na­tür­lich groß.

      Sein On­kel stiess ihn vor mich hin und sag­te mit mi­li­tä­ri­scher Kür­ze:

      »Bit­te den Ei­gen­tü­mer um Ver­zei­hung.«

      Der Ben­gel rühr­te sich nicht.

      Da leg­te ihn der Alte mit sei­nen ner­vi­gen Ar­men re­gel­recht übers Knie und züch­tig­te ihn der­ar­tig, dass ich schliess­lich auf­sprang, um den Hie­ben Ein­halt zu tun.

      »Gna­de … Gna­de … o weh … ich ver­spre­che …« heul­te jetzt der Jun­ge.

      Ca­va­lier stell­te ihn auf die Füs­se und zwang ihn durch einen Druck auf die Schul­tern nie­der­zu­kni­en.

      »Bit­te um Ver­zei­hung«, sag­te er.

      »Ich bit­te um Ver­zei­hung«, mur­mel­te der Bursch mit nie­der­ge­schla­ge­nen Au­gen.

      Hier­auf ließ ihn der Alte auf­ste­hen und ex­pe­dier­te ihn mit ei­nem Fuss­tritt zur Tür hin­aus, dass er bei­na­he mit dem Kopf zu­erst die Trep­pe her­un­ter­flog.

      Er ließ sich den gan­zen Abend nicht wie­der se­hen. Ca­va­lier aber war im­mer noch ganz aus­ser sich.

      »Das ist eine Teu­fels-Na­tur«, sag­te er.

      Und wäh­rend des gan­zen Es­sens wie­der­hol­te er stets:

      »Ach! wie mich das trau­rig macht, mein Herr, Sie glau­ben gar nicht, wie trau­rig.«

      Ver­geb­lich such­te ich ihn zu trös­ten.

      Ich leg­te mich früh­zei­tig nie­der, um am nächs­ten Tage beim ers­ten Mor­gen­grau­en auf die Jagd zu ge­hen.

      Mein Hund schlief schon auf dem Bo­den vor mei­nem Bet­te, als ich mein Licht aus­lösch­te.

      *

      Um Mit­ter­nacht er­wach­te ich durch Bock’s wü­ten­des Ge­bell. So­fort merk­te ich, dass mein Zim­mer voll Rauch war. Aus dem Bett sprin­gen,

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