Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 283
Kurz sein Pferd parierend fragte ihn Mohammed in seiner Sprache:
»Hast Du den englischen Reisenden getötet?«
»Darüber bin ich Dir keine Rechenschaft schuldig« antwortete stolz der Häuptling.
Um uns her grollte es wie bei einem nahenden Gewitter. Von allen Seiten liefen die Araber herbei und umdrängten uns wutschnaubend.
Mit ihren großen gebogenen Nasen, dem mageren Gesicht, und ihren flatternden Gewändern sahen sie wie wilde Raubvögel aus, die die Flügel regen.
Mohammed lächelte, unter seinem Turban mit den Augen blinzelnd, und ich sah, wie ein Wonneschauer über seine herabhängenden, fleischigen und faltigen Wangen huschte.
»Tod dem Mörder« rief er mit donnernder Stimme, die das Geschrei der Araber übertönte, und richtete gleichzeitig seinen Revolver auf die Stirn des Häuptlings. Ich sah eine Rauchwolke aufsteigen und dann rieselte rosiger Schaum und gleich darauf Blut aus dessen Stirn. Tötlich getroffen fiel er auf den Rücken, und seine weitgeöffneten Arme, in denen die Zipfel des Burnus sich verwickelten, sahen wie ausgespannte Flügel aus.
Jetzt glaubte ich wahrhaftig unser letztes Stündchen gekommen, so furchtbar war der Tumult, der losbrach.
Mohammed hatte seinen Säbel gezogen und wir folgten seinem Beispiele. Er warf mit einer Wendung seines Pferdes seine nächsten Gegner zur Seite und rief:
»Wer sich unterwirft, bleibt am Leben, die anderen müssen sterben.«
Mit seiner herkulischen Faust griff er den Nächsten, zog ihn auf den Sattel und hatte ihm die Hände gebunden, während er uns zurief
»Macht’s ebenso und säbelt die Widerspenstigen nieder.«
In fünf Minuten hatten wir ihrer Zwanzig gefangen, denen wir die Hände fest verschnürten. Dann ging’s an die Verfolgung der Flüchtigen; denn beim Anblick der gezogenen Säbel war eine allgemeine Flucht ringsum entstanden. Wir brachten noch einige dreissig Gefangene ein.
Über die ganze Ebene sah man weiße Punkte laufen. Es waren die Frauen, die ihre Kinder unter schrecklichem Geheul zu retten suchten.
Die gelben schakalartigen Hunde wimmelten knurrend um uns herum und fletschten die weißen Zähne.
Mohammed, der vor Freude närrisch geworden zu sein schien, ließ sein Pferd eine Kapriole machen und rief, den Strick ergreifend, den ich mitgebracht hatte:
»Achtung Kinder! Zwei Mann absitzen.«
Dann ordnete er etwas eben so Furchtbares wie Komisches an: Er befahl uns aus den Gefangenen oder besser gesagt, aus den Gehenkten einen Rosenkranz zu machen, wie er es scherzend nannte. In demselben Strick, der die Hände des ersten Gefangenen zusammenschnürte, machte er um den Hals desselben eine Schlinge, deren eines Ende wiederum die Faustgelenke des folgenden Arabers fesselte und ebenfalls wieder in einer um dessen Hals gelegten Schlinge endete. Unsere fünfzig Gefangenen waren bald auf diese Weise derartig verbunden, dass die geringste Fluchtbewegung des einen nicht nur ihn selbst, sondern auch seinen Vorder- und Hintermann, erdrosseln musste. Jede Bewegung, die sie machten, wirkte auf die Halsschlinge zurück und sie mussten in ganz gleichmässigem Abstand voneinander marschieren, wollten sie nicht Gefahr laufen, wie ein abgenickter Hase hinzustürzen.
Nachdem dies besorgt war, lachte Mohammed, mit seinem eigentümlichen stillen Lachen, bei dem sein Bauch wackelte, ohne dass der Mund einen Ton hören ließ.
»Ha! das ist die Arabische Kette« sagte er. Wir selbst fingen an, ein Grausen bei dem erschreckten und erbärmlichen Anblick der Gefangenen zu empfinden.
»Jetzt einen Pfahl an jedes Ende« schrie unser Führer, »und bindet es mir daran fest, meine Kinder.«
In der Tat wurde an jedes Ende dieser bandartigen Kolonne Gefangener, die gespensterbleich und unbeweglich wie Bildsäulen dastanden, ein Pfahl befestigt.
»Nun zum Essen!« befahl der Türke.
Am schnell entzündeten Feuer wurde ein Hammel gekocht, den wir mit unseren Händen zerlegt hatten. Dann assen wir von den vorgefundenen Datteln und tranken von der aufbewahrten Stutenmilch. Einige Kostbarkeiten, die die Flüchtlinge vergessen hatten, wurden als gute Beute mitgenommen.
Wir waren ruhig noch beim Schluss unserer Mahlzeit, als ich auf dem Hügel gegenüber eine eigentümliche Ansammlung bemerkte. Es waren die Weiber, die sich bei Zeiten geflüchtet hatten, keine Männer dabei. Sie kamen sehr schnell auf uns zu gerannt, und als ich sie Mohammed zeigte, sagte er lächelnd:
»Das ist unser Dessert.«
Jawohl! ein schönes Dessert.
Sie kamen jetzt, wie toll, im Galopp heran, und bald sauste uns ein Hagel von Steinen um die Ohren, die sie, ohne im Laufen einzuhalten, auf uns schleuderten. Wir sahen jetzt, dass sie sich mit Messern, Zeltpfählen und alten Scherben bewaffnet hatten.
»Zu Pferde!« rief Mohammed. Es war die höchste Zeit. Sie versuchten den Strick zu durchschneiden, um die Gefangenen zu befreien. Als der Türke die Gefahr begriff, wurde er wie rasend und heulte: »Haut sie nieder! Haut sie nieder!« Und als wir durch diesen neuartigen Angriff verwirrt einen Augenblick zögerten und vor der Niedermetzelung von Weibern zurückscheuten, sprengte er allein auf die anstürmende Masse los.
Er attackierte ganz allein diese Schar in Fetzen gehüllter Weiber, und begann wie toll darauf los zu säbeln, der Kerl, mit solcher Wut und solchem Nachdruck, dass man bei jedem Säbelhieb einen weißen Körper niederstürzen sah.
Es war so furchtbar, dass die überraschten Frauen schliesslich ebenso schnell