Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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ihm die Hand reich­te, sah er un­ter dem weit ge­öff­ne­ten Är­mel ih­ren nack­ten Arm.

      »So früh?« frag­te sie, füg­te aber hin­zu: »Das soll durch­aus kein Vor­wurf sein, son­dern bloß eine harm­lo­se Fra­ge.«

      Er stam­mel­te:

      »Oh, Ma­da­me, ich woll­te gar nicht her­auf­kom­men. Doch ich traf un­ten Ihren Herrn Ge­mahl, er zwang mich dazu. Ich bin der­ma­ßen ver­wirrt, dass ich nicht zu sa­gen wage, was mich ei­gent­lich her­führt.«

      Sie wies auf einen Stuhl:

      »Set­zen Sie sich hin und spre­chen Sie.«

      Sie hielt zwi­schen den Fin­gern eine Gän­se­fe­der, die sie ge­schickt her­um­dreh­te, und vor ihr lag ein halb be­schrie­be­ner Bo­gen Pa­pier. Die An­kunft des jun­gen Man­nes hat­te of­fen­bar ihre Ar­beit un­ter­bro­chen. Es mach­te ganz den Ein­druck, als fühl­te sie sich an die­sem Schreib­tisch ge­nau so zu Hau­se wie in ih­rem Sa­lon, als ob die­ses ihr all­täg­li­cher Be­ruf wäre.

      Ein leich­tes Par­füm ent­stieg dem Mor­gen­rock, der fri­sche Duft der eben be­en­de­ten Toi­let­te. Und Du­roy such­te den jun­gen, wei­ßen, war­men Frau­en­kör­per durch die Fal­ten des wei­chen Stof­fes zu er­ra­ten. Da er noch im­mer schwieg, fuhr sie fort:

      »Also sa­gen Sie, was gibt es?«

      Zö­gernd mur­mel­te er:

      »Also … aber wirk­lich … ich wage es gar nicht zu sa­gen … Ich habe ges­tern bis spät in die Nacht ge­ar­bei­tet … und heu­te früh … sehr früh mor­gens … um den Ar­ti­kel über Al­gier zu schrei­ben, den Herr Wal­ter von mir ha­ben will … Es will mir nicht ge­lin­gen … ich habe al­les zer­ris­sen … Ich habe kei­ne Übung in die­ser Ar­beit und da woll­te ich Fo­res­tier bit­ten, mir et­was zu hel­fen … für die­ses eine Mal …«

      Sie un­ter­brach ihn und lach­te glück­lich und ge­schmei­chelt aus vol­lem Her­zen:

      »Und da hat er Ih­nen ge­sagt, Sie soll­ten mich auf­su­chen? Das war lieb von ihm!« …

      »Ja, gnä­di­ge Frau, er sag­te, Sie wür­den mir aus der Ver­le­gen­heit noch bes­ser hel­fen, als er selbst … Aber trotz­dem wag­te ich es nicht, ich woll­te nicht … Nicht wahr, Sie ver­ste­hen mich …«

      Sie stand auf.

      »Das wird rei­zend sein, so mit Ih­nen zu­sam­men zu ar­bei­ten. Ich bin be­geis­tert von Ih­rer Idee. Also set­zen Sie sich hier auf mei­nen Platz, denn bei der Re­dak­ti­on kennt man mei­ne Hand­schrift. Nun wol­len wir Ih­nen einen Ar­ti­kel schrei­ben, aber einen gu­ten, der auch Er­folg ha­ben wird.«

      Er setz­te sich, nahm eine Fe­der, brei­te­te ein Blatt Pa­pier vor sich aus und war­te­te.

      Ma­da­me Fo­res­tier sah sei­nen Vor­be­rei­tun­gen ste­hend zu, dann nahm sie vom Ka­min eine Zi­ga­ret­te und zün­de­te sie an:

      »Ich kann nicht ar­bei­ten, ohne zu rau­chen. Also, was woll­ten Sie er­zäh­len?«

      Er blick­te er­staunt zu ihr auf.

      »Das weiß ich eben nicht, des­we­gen bin ich auch her­ge­kom­men.«

      Sie fuhr fort:

      »Ja, ich wer­de Ih­nen da­bei schon hel­fen. Die Sau­ce will ich Ih­nen ma­chen, Sie müs­sen mir aber den Bra­ten ge­ben.«

      Er blieb ver­wirrt, end­lich sag­te er zö­gernd:

      »Ich woll­te mei­ne Rei­se von An­fang an schil­dern …«

      Da setz­te sie sich ihm ge­gen­über an die an­de­re Sei­te des großen Schreib­ti­sches und sag­te, ihm in die Au­gen bli­ckend:

      »Nun gut, er­zäh­len Sie mir zu­erst, mir ganz al­lein, ver­ste­hen Sie, lang­sam und ohne et­was zu ver­ges­sen. Ich wer­de dann schon das Pas­sen­de aus­wäh­len.«

      Er wuss­te aber nicht, wo er an­fan­gen soll­te, und so be­gann sie, ihn aus­zu­fra­gen, wie ein Pries­ter sein Beicht­kind. Sie leg­te ihm ganz be­stimm­te Fra­gen vor, durch die ihm eine Men­ge ver­ges­se­ner Ein­drücke, flüch­tig be­kann­te Per­so­nen und ver­schie­de­ne Ein­zel­hei­ten ins Ge­dächt­nis zu­rück­ge­ru­fen wur­den. Als sie ihn etwa eine Vier­tel­stun­de auf sol­che Wei­se aus­ge­fragt hat­te, un­ter­brach sie ihn plötz­lich:

      »Jetzt wol­len wir be­gin­nen. Zu­nächst neh­men wir an, Sie be­rich­ten Ihrem Freun­de Ihre Er­leb­nis­se. Das er­laubt Ih­nen, eine Men­ge Bos­hei­ten zu sa­gen, Be­mer­kun­gen al­ler Art ein­zu­flech­ten, und so na­tür­lich und wit­zig zu sein, wie wir es ir­gend kön­nen. Also los:

      ›Mein lie­ber Hen­ri, Du willst wis­sen, was Al­gier ist, Du sollst es er­fah­ren. Da ich in der klei­nen Hüt­te aus ge­trock­ne­tem Lehm, die mir als Woh­nung dient, nichts Bes­se­res an­zu­fan­gen weiß, will ich Dir eine Art Ta­ge­buch über mein Le­ben schi­cken und Dir schil­dern, wie mein Le­ben sich Tag für Tag, Stun­de für Stun­de ge­stal­tet … Es wird manch­mal et­was toll dar­in zu­ge­hen, ei­ner­lei: Du bist doch nicht ver­pflich­tet, es den Da­men aus Dei­nem Be­kann­ten­krei­se vor­zu­zei­gen.‹«

      Sie mach­te eine Pau­se, um die aus­ge­gan­ge­ne Zi­ga­ret­te wie­der an­zu­zün­den, und so­fort hör­te das krit­zeln­de Geräusch der Gän­se­fe­der auf dem Pa­pier auf.

      »Nun wei­ter!« sag­te sie.

      »Al­gier ist eine aus­ge­dehn­te fran­zö­si­sche Be­sit­zung an der Gren­ze der großen un­be­kann­ten Län­der, die man die Wüs­te, die Sa­ha­ra, Zen­tral­afri­ka und so wei­ter nennt.

      Al­gier ist das Tor, das wei­ße, be­zau­bern­de Ein­gang­stor die­ses selt­sa­men Kon­tin­ents.

      Aber zu­nächst muss man die­ses Land er­rei­chen und das ist nicht für je­der­mann so be­son­ders an­ge­nehm. Du weißt, ich bin ein aus­ge­zeich­ne­ter Rei­ter, denn ich muss ja die Pfer­de des Obers­ten zu­rei­ten. Aber man kann ein gu­ter Rei­ter und da­bei ein schlech­ter See­mann sein. Das ist bei mir der Fall.

      Ent­sinnst Du Dich noch des Ma­jors Sim­bre­ta, den wir den Dok­tor Ipé­ca nann­ten? Wenn wir uns reif für vier­und­zwan­zig Stun­den La­za­rett fühl­ten, so be­such­ten wir ihn.

      Er saß auf sei­nem Stuhl, die di­cken Bei­ne in den ro­ten Ho­sen weit aus­ein­an­der ge­spreizt, die Hän­de auf die Knie ge­stützt, die El­len­bo­gen in der Luft, so­dass die Arme wie eine Brücke aus­sa­hen. Er roll­te sei­ne großen Au­gen und knab­ber­te da­bei an sei­nem wei­ßen Schnurr­bart. Ent­sinnst Du Dich noch sei­ner Ver­ord­nung?

      ›Die­ser Sol­dat hat einen ver­dor­be­nen Ma­gen. Er be­kommt das Brech­mit­tel Num­mer 3 nach mei­nem Re­zept. Dann zwölf

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