Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Mächte hat Paul Kennedy die Idee betont, dass in den großen symmetrischen Kriegen die Technologie und die industrielle und ökonomische Fähigkeit zu ihrer Entwicklung über Sieg und Niederlage entschieden. Doch auch er wischt andere bestimmende Elemente nicht beiseite. Der Krieg bleibt ein Tun von Menschen, eine politische Handlung. Im Fall des Krieges von 1991 hatten die Vereinigten Staaten begrenzte politische Ziele und einen so weit entgegenkommenden Gegner, dass er ihnen leichte Ziele für ihre neuen Präzisionswaffen bot. 2003 wiederholte sich dieses Szenario lediglich über die ersten Tage des Konflikts, obwohl sich dieser im Wesentlichen auf demselben Terrain abspielte.

      Die Technologie kann einen Vorteil bringen, aber nur, wenn sie bewusst eingesetzt und in den Dienst des wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Gefüges der kriegführenden Nation gestellt wird. Man darf die Bedeutung der Kultur und der Ideologie nicht vergessen. So vernachlässigten die Nationalsozialist*innen die Physik, in der sie eine »jüdische Wissenschaft« sahen. Dies ist ein Schlüsselelement zur Erklärung ihres Unvermögens, bei der Entwicklung wichtiger Technologien wie dem Radar und der Kernenergie konkurrieren zu können. Eine Reihe von Wissenschaftler*innen, die den Alliierten bei der Erlangung atomarer Technologie und bei anderen technologischen Durchbrüchen halfen, hatten aus Deutschland fliehen müssen, weil sie selbst oder ihre Ehepartner jüdisch waren.

       Die Kernenergie zum Nutzen des Friedens

      Im Atomzeitalter setzten die Supermächte, wenigstens in der Theorie, ihre wirkungsvollsten Technologien nicht dazu ein, Krieg zu führen, sondern ihn zu verhindern. Nachdem die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten mit der Atombombe die Mittel zur wechselseitigen Vernichtung entwickelt hatten, zielte der technologische Fortschritt auf die Herstellung eines sogenannten Gleichgewichts des Schreckens. Im Kern bestand die während der Kubakrise 1962 entwickelte Idee darin, ein technologisches System zu schaffen, mit dem ein Land einen Überraschungsangriff eines anderen Landes überleben konnte und gleichzeitig genügend Schlagkraft hatte, um seinerseits einen verheerenden Angriff zu starten. Der Logik nach würde es keines der beiden Lager wagen, Atomwaffen einzusetzen, wenn es nicht möglich war, mit dem ersten Angriff den Sieg davonzutragen.

      Infolgedessen arbeiteten beide Lager Pläne aus, um glaubhaft einen Zweitschlag oder gar Drittschlag führen zu können. Auf diese Weise entwickelten sie die sogenannte nukleare Triade: Langstreckenbomber wie die amerikanische B-52 Stratofortress oder die sowjetische Tu-95, die mit Atomsprengköpfen an Bord in den gegnerischen Luftraum eindringen können; ballistische Raketen (einige davon gleich mit mehreren nuklearen Sprengköpfen bestückt), die von Silos aus gestartet werden können; schließlich Atomraketen, die von U-Booten vor den gegnerischen Küsten abgefeuert werden. Die im Laufe der 1970er und 1980er Jahre von beiden Blöcken unterzeichneten Abrüstungsverträge sahen vor, der Gegenseite die groben Linien der Atomprogramme zugänglich zu machen und gemeinsame Inspektionen zu erlauben, damit sichergestellt werden konnte, dass beide Lager die Kapazitäten des anderen kannten und so davon abgehalten würden, ihre Waffen einzusetzen oder eine kleinere Krise bis an die Schwelle eines Atomkrieges zu treiben. Es war ein schmaler und unsicherer Weg, der aber erfolgreich zum Ziel führte.

      Mehrere erfolgreiche Filme aus der Zeit haben die prekäre Natur dieses Systems und die desaströsen Folgen im Fall des Scheiterns zum Gegenstand gemacht. In Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964) startet ein paranoider General der US-Air Force einen Atomwaffenangriff auf die Sowjetunion. Der amerikanische Präsident und sein wissenschaftlicher Berater, ein ehemals nationalsozialistischer Raketenkonstrukteur, erfahren, dass die Sowjets einen geheimen Mechanismus entwickelt haben, der auf einen Schlag das gesamte Atomarsenal und die Zerstörung der Welt auslöst, sobald ein amerikanischer Angriff registriert wird. Da Russland allerdings die Vereinigten Staaten nicht über die Existenz dieses Systems in Kenntnis gesetzt hat, kann es auch keine abschreckende Funktion haben, »und zwar aus Gründen, die zu diesem Augenblick nur zu klar sein dürften«3, wie Dr. Seltsam anmerkt. Die einzige mögliche Konsequenz des apokalyptischen Mechanismus der Sowjets ist die Vernichtung der Welt, was durch eine Reihe von Atompilzen im Abspann des Films angedeutet ist. In WarGames – Kriegsspiele (1983) schafft es ein Oberschüler, aus Spaß in das Computersystem des amerikanischen Militärs einzudringen, und löst unwissend den Countdown für den Start von Atomwaffen aus. In Jagd auf Roter Oktober (1990) versucht ein sowjetischer U-Boot-Kapitän, ins amerikanische Lager überzulaufen, nachdem er entdeckt hat, dass sein neues geheimes Antriebssystem nicht zu Abschreckungszwecken entwickelt wurde, sondern dazu, einen nicht zu ortenden Erstschlag zu ermöglichen.

      Bestimmten Analysen zufolge konnte der Westen den Kalten Krieg durch technologische Überlegenheit gewinnen, ohne gegen die Sowjetunion auf dem Schlachtfeld zu kämpfen. Im Laufe der 1980er Jahre investierten die Vereinigten Staaten in eine Raketenabwehr-Technologie mit Namen Strategic Defense Initiative (SDI). Obwohl sich die Zeitgenossen darüber lustig machten, indem sie von einem »Krieg der Sterne« sprachen, hätte ein solches System, sobald es einmal entwickelt wäre, alle sowjetischen Atomwaffen praktisch unbrauchbar gemacht. Die Vereinigten Staaten hätten einen unumkehrbaren Vorteil erlangt. Dass sich die Russen gewahr wurden, dass sie einen Rückstand von mehreren Generationen auf die westliche Militärtechnologie hatten, trug sicher zum Zusammenbruch der Sowjetunion bei.

       Schnellkochtopf und ein Sack Nägel

      In den asymmetrischen Kriegen, in denen sich beide Lager auf sehr unterschiedliche militärische Organisationen stützen, hat Technologie gewöhnlich eine weniger entscheidende Rolle gespielt. Die Erfahrung des amerikanischen Militärs in Vietnam beweist dies hinlänglich. Die Vereinigten Staaten hatten alle nur erdenklichen technologischen Vorteile, und doch fand die vietnamesische Seite die Mittel, um fast alle davon auszugleichen. Sie verbarg sich im Dschungel, um ihre Bewegungen geheim zu halten (im Gegensatz zum ersten Golfkrieg 1991, in dem die irakischen Truppen in der Wüste exponiert waren), und ließ sich selten darauf ein, für Kämpfe größere Menschenmassen an einem Ort zu konzentrieren. Auf dem Schlachtfeld versuchte sie überall, wo dies möglich war, in den Nahkampf zu gelangen und so die amerikanische Seite dazu zu bewegen, ihre Luftangriffe einzustellen: Wie man sich denken kann, widerstrebte es den Pilot*innen, Bomben oder chemische Kampfstoffe wie Napalm in der Nähe ihrer eigenen Truppen einzusetzen.

      Außerdem benötigte die vietnamesische Militärorganisation weder Schwerindustrie noch hochentwickelte Bewaffnung. Folglich fanden die amerikanischen Bomber, die ursprünglich für strategische Luftangriffe gegen die Sowjetunion entworfen worden waren, nur wenige industrielle Angriffsziele vor. Als sich der Krieg in die Länge zog, forschte die amerikanische Seite nach anderen technologischen Lösungen, darunter das als Agent Orange bezeichnete Herbizid, mit dem sie den Dschungel zu zerstören und die Aufgabe ihrer Piloten bei der Bombardierung vietnamesischer Truppen zu erleichtern hoffte. Das US-Militär steigerte auch die Zahl der Luftschläge in einem Maße, dass auf Vietnam zwischen 1965 und 1973 doppelt so viele Bomben abgeworfen wurden wie insgesamt im Zweiten Weltkrieg. Doch dies führte nur zu größerer Frustration bei den Strateg*innen, die dazu tendierten, die dem Gegner zugefügten Schäden mit wirklichen Fortschritten hin zum Endsieg zu verwechseln.

      In diesem Ungleichgewicht der Kräfte kann die schwächere Seite auch auf die sogenannten Waffen der Armen zurückgreifen, sprich auf Waffensysteme, die aus kostengünstiger Ziviltechnologie gefertigt sind. Den Guerillas gelang es so, Minen, Bomben und – mit tragbaren Telefonen oder Funksprechgeräten improvisierend – ziemlich ausgefeilte Sprengkörper herzustellen. Das Attentat auf den Boston-Marathon vom 15. April 2013 wurde mit einfachen Schnellkochtöpfen und Nägeln durchgeführt. Um Technologien zum Aufspüren solcher Waffen zu entwickeln, müssen beträchtliche Summe aufgewendet werden. Das haben die Vereinigten Staaten 2003 im Irak getan, um gegen solche Sprengsätze anzukämpfen.

      Der israelische Fall illustriert gut die Grenzen der Technologie im asymmetrischen Krieg. In den symmetrischen Kriegen von 1967 und 1973 konnte Israel zu seinem großen Vorteil auf ausgefeilte westliche Technologie zurückgreifen.

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