Küstensturm. Heike Meckelmann

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Küstensturm - Heike Meckelmann

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Schreibtisch seiner Dienststelle und las einen Bericht. Die Tür öffnete sich, und sein Kollege Thomas Hartwig betrat das Büro. Der Hauptkommissar sah ihn fragend an: »Wo ist dein Wolf?«

      »Mein Wolf ist ein top ausgebildeter Polizeihund, was selbst dir nicht entgangen sein dürfte und wir haben soeben die letzte Prüfung absolviert.« Seine Augen leuchteten, und er wedelte mit dem Zertifikat in seiner Hand. »Unser Watson ist seit heute als staatlich geprüfter Polizeihund in Sachen Drogen und Leichen unterwegs.« Der durchtrainierte, smarte Kommissar konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während er sich mit der Hand durch die dunklen, bis in den Nacken reichenden Haare fuhr. »Ich habe ihn hinten im Wagen und wollte wissen, ob du mit uns eine Runde durch den Wald laufen willst.«

      »Welchen Wald?«, fragte Westermann, schob die Brille aus alter Gewohnheit in die nackenlangen, weißen welligen Haare, obwohl er die Lesebrille im letzten Herbst durch eine Gleitsichtbrille ersetzt hatte. Der schwarze Rahmen stand ihm gut zu Gesicht und ließ ihn markant erscheinen. Er warf einen Blick auf die Sportklamotten des jüngeren Kollegen. »Ich dachte, wir könnten Richtung Eutin, kurz vorm Kellersee ist ein Waldgebiet. Ich hab das Gefühl, ich muss unbedingt raus und eine Runde joggen. Hast du Lust?« Westermann nickte, stand auf und griff zu seinem Caban. »Ja, ich brauche auch dringend frische Luft. Dieser Mief hier drinnen macht mich zurzeit platt. Nur Routine ist nicht die große Herausforderung. Unendlich viel Aktenkram führt zur Stumpfsinnigkeit. Und bei den Cold Cases kommen wir auch nicht richtig voran. Außerdem habe ich, gelinde gesagt, riesigen Kohldampf.« Dirk Westermann rieb seine Hand über den flachen Bauch, dann kraulte er seinen weißen Dreitagebart. »Kohl, da sagst du was. Wenn wir gelaufen sind, können wir am Kellersee leckeren Kohleintopf essen. Ich kenne da ein nettes Lokal.«

      »Kiek mol einer an. Du kennst ein nettes Restaurant am Kellersee?«

      »Was dagegen? Komm!« Westermann stand auf, klappte die Akte zu und ging um den Schreibtisch. Er zog die Ärmel seines grauen Sweatshirts nach unten und schob ein Feuerzeug, das neben dem Computer lag, in die Tasche seiner Jeans.

      Der Kommissar zog seine Jacke an, und die beiden Polizeibeamten verließen die Dienststelle. »Wir sind per Handy zu erreichen, wenn etwas sein sollte!«, rief Westermann seinem Kollegen Evert zu, der gerade auf den Eingang zukam. Der nickte. Thomas Hartwig öffnete die Heckklappe, Watson sprang heraus und lief mit wedelndem Schwanz auf den Hauptkommissar zu. Der einjährige tschechoslowakische Wolfshund hatte an ihm anscheinend einen Narren gefressen. Thomas Hartwig holte die Leckerlis aus der Tasche seiner verwaschenen Jeans und beobachtete die begeisterte Begrüßung zwischen Westermann und dem Diensthund. Seine Wangenknochen traten hart hervor. Ihm missfiel, wie der Hund an seinem Chef hing. Schließlich hatte er die komplette Ausbildung mit Watson absolviert und teilte mit ihm seine Junggesellenbude in Neustadt. »Vielleicht hättest du dir den Hund anschaffen sollen«, grummelte Thomas. »Steig ein, Verräter«, lotste er Watson zurück in den Hundekäfig.

      »Wann fährst du nach Fehmarn?«, wollte Hartwig wissen, während er den Wagen lenkte.

      »Am Wochenende. Katrin möchte zu einer Vernissage, und ich begleite sie. Nettes Event mit Kanapees und Champagner.« Thomas prustete los. »Soll ich dir Watson zur Verstärkung mitgeben? Der räumt mit Sicherheit den Laden auf.«

      Dirk lachte und schüttelte den Kopf. Er hatte im eigenen Wagen miterlebt, dass der Hund, sobald er nicht unter Kontrolle war, ein Flegel seiner Zunft war und jede Menge Schaden anrichten konnte. »Ne, lass mal. Ich werde allein mit denen fertig. Außerdem haben wir ja Charlotte dabei, die wird uns schon rechtzeitig da rausholen.« Dirk Westermann dachte daran, wie er der Fotokünstlerin Charlotte Hagedorn das Leben gerettet hatte, während Hartwig und er gemeinsam auf Fehmarn ermittelten. Und er musste schmunzeln, als er daran dachte, dass er durch sie ihre Nichte Katrin kennen und lieben gelernt hatte. Es war damals sein erster Mordfall auf der Insel, und er würde den grausamen Überfall auf die Künstlerin niemals vergessen.

      »Ich muss dringend tanken«, murmelte Hartwig und fuhr von der Straße ab. Westermann nickte und sie hielten an den Zapfsäulen. Auf dem Gelände standen nur zwei Pkws und ein Lkw. Der Hauptkommissar blieb im Wagen sitzen und unterhielt Watson, der sich fiepend bemerkbar machte. Neben dem Lkw stand ein Mann mit dichtem grauem Bart und Zopf, der den Rauch seiner Zigarette so intensiv inhalierte, als sei es die erste nach langer Zeit. Dirk beobachtete den schlanken, trotzdem muskulösen Mann, der Jeans trug, die ihm irgendwann mal gepasst haben mussten. Überhaupt sah er angeschlagen aus. Die blasse Haut und der ungepflegte Bart verstärkten die tiefliegenden Augenringe. Er hatte etwas an sich, das bedrohlich wirkte. Seine dunklen Augen hatten einen lauernden Blick, der Westermann an ein jagendes Tier erinnerte. Selbst Watson knurrte verhalten, als er den Mann aus dem Fond heraus beobachtete. »Westermann, du spinnst. In jedem Kerl siehst du einen potenziellen Mörder. Mensch, lass gut sein. Watson, sei ruhig, alles in Ordnung.« Hartwig kam zurück und stieg ein. Er reichte Dirk ein Eis und packte sich selbst eines aus. Im hinteren Teil des Wagens fing es an zu rumoren. Der Hund knurrte leise bei jedem Bissen, den die Männer sich genehmigten.

      Auf einmal stand der Bärtige unmittelbar neben dem Wagen und starrte die Kommissare mit eisigem Blick an.

      *

      »Da hinten kann man den Leuchtturm sehen, zumindest seine Umrisse«, rief Stina und fing an, ihre Schritte zu beschleunigen, nachdem sie sich beruhigt hatte. Ihre Fantasie hatte ihr einen Streich gespielt, und sie war froh, auf einer Wiese zu stehen und nicht mehr im Wald umherirren zu müssen.

      Lotta erreichte die Freundin, und sie stapften weiter Richtung Leuchtturm. »Müsst ihr so schnell gehen?«, maulte Tilda, die hinter ihren Freundinnen her stolperte. Ihr Mantel wehte bei jedem Schritt auseinander und sah aus wie schlagende Flügel, als sie sich um die eigene Achse drehte, um den Wind durch ihre Haare wehen zu lassen. Die schmale Straße zum Turm erschien ihr endlos, und sie verspürte überhaupt keine Lust mehr, noch weiterzugehen. Sie hätte es vorgezogen, sich auf eine Bank zu setzen. Sie steckte gähnend die Hände in die Manteltaschen und schlurfte hinterher.

      Der Nebel wurde dichter und zog vom Wasser aus über die Felder ins Landesinnere. Es war zwar kein bisschen Ostsee zu sehen, aber das Rauschen der Wellen klar und deutlich zu hören. Um die Frauen herum entstand eine milchige Suppe, die sich zäh ausbreitete. Lotta und Stina hatten das Gelände des Leuchtturms erreicht und begutachteten die Umzäunung. Sie warteten auf Tilda. »Sag mal, hast du eigentlich noch andere Klamotten als deine Grufti Outfits?«, fragte Stina.

      »Nö«, war die knappe Antwort. »Lass uns ums Grundstück rumlaufen, dann kommen wir runter ans Wasser. Direkt zum Turm können wir sowieso nicht«, schlug Lotta vor. Stina folgte ihr auf dem Wanderweg Richtung Strand. Hinter sich hörte sie leises Knarzen und drehte sich mit unsicherem Gefühl um. Dann sah sie erleichtert, dass Tilda über das grün gestrichene, hüfthohe Metallgeländer kletterte. »He, warum sind wir denn hier? Stellt euch nicht so an! Ihr wolltet doch zu diesem Leuchtfeuer der Historie.« Mit einem Satz landete sie auf der anderen Seite des Zauns. »Bist du wahnsinnig? Das ist verboten!«, fluchte Lotta. »Wenn uns hier jemand sieht. Das gibt richtig Ärger. Dieses Grundstück ist fast historisch. Hier hat der Maler Ernst Ludwig Kirchner einige Sommer verbracht, um seine Bilder zu malen. Unglaublich. Da springt man nicht mal eben über den Zaun.«

      »Mann, nun stellt euch nicht an wie Püppchen. Ihr wolltet Abenteuer und Erholung. Wo erholt man sich besser als an einem Leuchtturm. Wir beschreiten den Weg der alten Seebären.«

      Sie winkte ihre Freundinnen heran, die an einem kleinen Haus stehengeblieben waren, das sich auch auf dem Grundstück befand. »Ich geh da nicht rüber«, murmelte Stina. »Sei kein Frosch. Wir wollten was erleben oder etwa nicht? Tilda hat recht«, antwortete Lotta und zog ihre Freundin hinter sich her.

      Entschlossen liefen sie zum Metallzaun und kletterten ihr nach. Erleichtert rannten sie Tilda hinterher, die mit verschränkten Armen vor dem Leuchtturm stand und ihre Fingernägel begutachtete. Prustend

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