Küstensturm. Heike Meckelmann

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Küstensturm - Heike Meckelmann

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in ihren Zopf. »Ich sprenge schon mal gar nichts, und du könntest mir ja vielleicht beim Saubermachen behilflich sein. Was hältst du davon?«

      »Ehrlich gesagt, nichts! Man sieht den Staub doch gar nicht. Es ist dunkel! Ich möchte sehr gern noch einen Moment weiterlesen und später nach Oldenburg fahren. Ich will mich mit Dirk treffen. Wir haben uns seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Ich habe wirklich Sehnsucht nach ihm«, flüsterte sie und schniefte. Charlotte sah Katrin an und erkannte Traurigkeit in ihren Augen. »Weinst du?«

      »Nein, ich glaube, mich hat eine Erkältung erwischt. Ich muss mal wieder Ingwertee trinken.«

      »Hast du von diesem Virus gehört? Nele hat mir davon erzählt, dass in einer Stadt in China Fälle von schwerer Lungenentzündung aufgetreten sind. Da sind sogar schon Menschen gestorben. Stell dir das mal hier vor«, sagte Charlotte und schüttelte den Kopf.

      »Das will ich mir gar nicht vorstellen. Außerdem ist das weit weg«, entgegnete ihre Nichte. »Ich will jetzt auch los.« Katrin legte ihr Buch aus der Hand.

      »Hm, hast recht. Ist weit weg. Wuhan, ich weiß nicht mal, wo das ist. Dann hole ich mir mal mein Putzzeug, und du gehst kuscheln«. Ihre Nichte schüttelte den Kopf. »Anstatt sich beim Putzen zu verausgaben, solltest du dich lieber ausruhen. Du siehst irgendwie blass aus, Tantchen. Mach mal halblang.«

      Charlotte Hagedorn fühlte sich tatsächlich seit Tagen schlapp. Sie empfand keinerlei Antrieb. Deshalb hatte sie sich aufs Fahrrad geschwungen, um an die frische Luft zu kommen, und war zum Leuchtturm Staberhuk gefahren. Die kühle Brise tat ihr gut und das Zusammentreffen mit den jungen Frauen hatte ihr wieder frischen Auftrieb gegeben. Das ist der Winterblues, dachte sie und machte sich auf den Weg, um ihren Putzeimer aus dem Schrank zu holen.

      *

      Am gleichen Abend hatte sich das Innere der Hütte in wohlige Atmosphäre verwandelt. Im Ofen knisterte ein behagliches Feuer, und die Stimmung war gelöst. »Wollen wir zusammen kochen? Ich habe einen Bärenhunger«, fragte Stina. »Na, das ist ja mal eine Ansage«, erwiderte Lotta und sprang vom Sofa. Sie hatte sich in eines ihrer mitgebrachten Bücher vertieft. »Jeder macht, was er am besten kann. Ich setze Wasser für Spaghetti auf.«

      »Ja, und ich mache die Tomatensoße. Jemand etwas dagegen?« Tilda sah beide unbeeindruckt an. »Und ich sorge dann mal für die Getränke.«

      »Nein, du kannst Zwiebeln und Speck würfeln und braten.«

      »Jaja, damit meine Tränen fließen, wenn ich diese runden Titanen besiege«, sprach Tilda mit weinerlicher Stimme, hielt eine Zwiebel in ihren Händen und streckte sie zur Decke. »Aber sie werden mitnichten in Edelsteine verwandelt. Das werden die Götter nicht zulassen. Es werden keine Freudentränen sein.«

      »Oh Mann, unsere Philosophin«, lachte Lotta. »Okay, dann brauche ich auf jeden Fall einen anständigen Küchenwein. Wer ist dabei?«, grunzte Tilda. Die Frauen nickten. Die Studentin zog eine Rotweinflasche aus ihrem Rucksack und öffnete sie. Sie setzte die Flasche an die Lippen und nahm einen tiefen Schluck. Grinsend stellte sie sie auf den Tisch. »Aber sonst geht’s noch, oder?«, entgegnete Lotta und sah sie fragend an. »Wir sollen doch jetzt wohl nicht alle aus dieser Flasche trinken.«

      »Mann, stellt euch nicht so an. Das haben wir früher immer so gehalten, und da hat es niemanden gestört. Und wir haben mehr als eine Pulle genauso leer gemacht.« Tilda zog weitere Zutaten aus der Einkaufstasche. Sie suchte nach einem Brett und fing an, Speck und Zwiebeln mit einem scharfen Küchenmesser zu zerhacken. »Sei nicht beleidigt. Ist alles gut. Und lass den Speck, der ist schon tot«, griente Lotta und griff nach der Rotweinflasche. Sie nahm einen tiefen Schluck, bis sie prustete, weil Tilda mit heraushängender Zunge die Lebensmittel bearbeitete. Sie hielt Stina die Flasche entgegen, die es ihr gleichtat. Und auf einmal gackerten alle drei, bis Lotta zusammenfuhr und ihren Blick abwandte. »Habt ihr das auch gesehen?«, wollte sie wissen und rieb sich die Hände. »Was?«, fragte Stina verunsichert. »Ne, ich dachte, ich hätte einen …« Sie schüttelte den Kopf und lenkte das Gespräch wieder auf das Essen.

      Die Frauen alberten herum, bis die Spaghetti in einer großen Emailleschüssel mit Tildas Speck-Zwiebel Gemetzel dampfend auf dem Tisch standen. Die zweite Flasche Wein wurde geköpft, und Stinas Liebeskummer schien für den Moment vergessen. »Nun sagt mal, wir haben es doch hier nett getroffen, oder?«, wollte Lotta wissen. »Ja, du hast recht. Diese Abgeschiedenheit lässt uns entschleunigen. Mir tut das nach den Gesprächen mit unserem Professor wirklich gut.«

      »Ja, du bist doch bald fertig mit deinem Studium. Und hast du schon einen Praktikumsplatz?«, wollte Stina wissen. »Ich werde aller Wahrscheinlichkeit nach in den Journalismus gehen. Das interessiert mich am meisten. Da kann ich mich entfalten! Praktikum? Darum kümmere ich mich, wenn wir wieder zu Hause sind.«

      »Was hast du da hinten eigentlich für ein Buch liegen?«, fragte Lotta und deutete auf die interessant anmutende Lektüre, die auf dem kleinen Tisch neben dem Sessel lag.

      »Das ist von Kant Kritik der reinen Vernunft. Ich lese es gerade zum dritten Mal«, erklärte Tilda und sprach weiter, »das ist eines der weltweit meistbeachteten Werke der Philosophie.«

      »Und worum geht es?«, wollte Stina wissen. »Kant widmet sich darin einer philosophischen Schlüsselfrage: Was kann ich wissen? Oder anders ausgedrückt: Kann es Urteile unabhängig von Erfahrung geben? Ist sehr aufschlussreich. Sollte jeder gelesen haben.«

      »Aber im täglichen Leben hilft es mir nicht unbedingt«, murmelte Lotta. »Mein Fokus ist auf die Pflege und Betreuung kranker Menschen gerichtet und auf die tägliche Unterstützung der Ärzte. Der Wille, zu helfen und Leben zu retten, ist in meinen Augen reine Philosophie.«

      »Was habe ich es als Sportstudentin doch leicht«, seufzte Stina und drehte eine Haarsträhne zwischen den Fingern. »Na ja, als leicht würde ich es nicht bezeichnen, den ganzen Tag Kindern Sportunterricht zu geben. Das erfordert absolute Disziplin. Ich möchte in der heutigen Zeit kein Lehrer sein. Du bekommst nicht unbedingt einen leichten Beruf«, entgegnete Lotta und ließ ihre Gabel sinken. »Na ja, die erste Hürde ist wohl, dass man Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen haben sollte. Und das ist für mich schon ein riesiger Motivator. Ich liebe Kinder. Ich denke, ich habe genügend Durchsetzungskraft, Geduld und ein sicheres Auftreten. Das braucht man, wenn man auf Lehramt im Sport studiert. Und sportmotorische Vorkenntnisse habe ich auf jeden Fall durch meine eigenen Sportarten. Ich weiß, das ist für mich genau der richtige Beruf … meine Berufung, um es zum Abschluss auch philosophisch auszudrücken.«

      »Ich kann nicht mehr.« Tilda folgte ihr und legte ihr Besteck aus der Hand. »Ich bin so satt, ich mag kein Blatt.

      Und genau aus diesem Grund lasst uns endlich ankommen, alles Berufliche loslassen und … Party machen. Deshalb sind wir doch hier, oder?« Tilda zog die Schublade auf, nahm ihr Handy heraus, obwohl Lotta gerade Zweifel anmelden wollte, und legte es mitten auf den Esstisch. Sie hatte ihre Playlist angestellt, weil sie wusste, dass sie kein Netz in diesem Wald empfangen konnten, und erhöhte die Lautstärke. Übermütig schob sie den Stuhl beiseite und rief: »Los, Mädels, jetzt wird sich vom Alltag losgelöst. Kommt schon.« Sie zog Stina hoch und forderte Lotta mit eindeutiger Geste auf, sich ebenfalls zu erheben. Tilda zuckte und sprang im Rhythmus der Musik. Sie schüttelte ihre Haare und wirbelte wie im Rausch durch die Hütte. Stina lachte und fing an, im Takt durch den Raum zu tänzeln. Sie griff Lottas Hände, und am Ende sprangen die drei Frauen, wie Hexen ums Feuer, durch das Zimmer. Der Partymix, den sie heruntergeladen hatte, brachte die Freundinnen von ihren negativen Gedanken ab. Vor der Hütte war es dunkel. Ein Reh, das unweit der Holzhütte nach Nahrung suchte, verharrte still und beobachtete das Treiben in der Hütte mit aufgestellten Ohren und starrem Blick aus dem sicheren Versteck.

      »Ich

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