Heidejagd. Angela L. Forster
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„… die Bestie sie vorher getötet hat“, vervollständigte Mark den Satz des Kriminaltechnikers.
„Dann hätte sie schwer springen können“, berichtigte Fridolin.
„Ich glaub da nicht dran“, mischte sich Inka ein. „Die Blutspuren entfernen sich vom Geländer der Plattform.“
„Die Blutspuren ja, Inka, aber nicht der Fußabdruck, der eindeutig von einer Frau stammt. Sie ist in den See gesprungen oder meinetwegen wurde sie geschubst, geworfen oder was euch lieber ist. Aber es sind die einzigen Abdrücke in Größe achtunddreißig, die hier zur Plattform führen und hier enden. Ihr müsst davon ausgehen, dass nur der Lehrer angegriffen wurde. Vielleicht hat er von der Frau abgelenkt und seinen Angreifer Richtung Brücke gelockt. Ich sag den Soltauer Kollegen, sie sollen Taucher schicken.“
„Ich verstehe das nicht, Mark“, sagte Inka, während sie nachdenklich die Plattform verließ. „Wieso rennt der Lehrer zur Brücke? Hatte er kein Auto dabei? Der Parkplatz ist nur zehn Meter entfernt.“
Inka drehte sich dem Kriminaltechniker entgegen und rief: „Habt ihr einen Personalausweis gefunden?“
„Nein. Wir haben nur das, was Teresa gefunden hat. Am Tatort und im nahen Umkreis lag nichts, aber wir suchen weiter.“
„Danke. Also gut“, sagte sie wieder an Mark gewandt. „Dann fahren wir jetzt in die Schule.“ Sie ging Richtung Parkplatz, auf dem sich die letzten Eltern mit ihren Kindern auf den Heimweg machten.
„Jetzt?“
Inka sah auf ihre Armbanduhr. Kurz nach drei Uhr. „Hast recht, ist etwas früh. Fahren wir nach Hause und treffen uns um neun Uhr am Gymnasium.“
Kapitel 3
Direktor Willibald Busch öffnete seine Anzugjacke und setzte sich schnaufend in seinen Ledersessel hinter seinen Schreibtisch. Ein kleiner stämmiger Mann, der mit ruhigen Bewegungen und einem Lächeln auf dem Gesicht Gemütlichkeit ausstrahlte.
„Hendrik Schubert, tot, ermordet. Ich kann es nicht fassen“, sagte er, verblüfft über diese Neuigkeit. Er griff sich an seine rosenbedruckte Krawatte, die gelockert über seinem weißen Hemd lag, und rückte sie ein Stückchen nach rechts. „Wer hat das getan?“
„Das wissen wir leider nicht. Aber darum sind wir hier. Acht Schüler Ihres Gymnasiums haben gestern Abend seine Leiche am Lopausee gefunden. Eigentlich hat nur Lea Ohlsen das Opfer gefunden“, verbesserte Inka und setzte sich in den von Busch angebotenen Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch.
„Sie sagten, es waren acht Schüler unseres Gymnasiums.“
„Ja. Sie haben am See ein Paintballspiel veranstaltet.“
„Paintball?“ Willibald Busch schüttelte den Kopf und auf seiner Stirn bildeten sich Falten. „Bestimmt gehörten Peer Bach und Jannik Herzog auch zu der Gruppe. Oder?“ Der Direktor registrierte Marks Nicken.
„Sind diese Schüler auffällig an Ihrem Gymnasium?“, fragte Mark nach.
„Auffällig. Was meinen Sie?“ Busch wartete keine Antwort ab. „Welcher Schüler ist heutzutage nicht auffällig?“, sagte er schnell.
„Wir denken an Alkohol und Drogen, nicht an dumme Jungenstreiche wie: Hurra, die Schule brennt“, sagte Mark.
„Verstehe. Natürlich. Ja, wir sind mit diesen Problemen konfrontiert worden. Leider. Vor einem guten halben Jahr wurden wir aufmerksam. Genauer, Hendrik, also Herr Schubert, bemerkte Veränderungen an den Schülern. Er kam zu mir ins Büro und äußerte seinen Verdacht, dass ein paar Schüler der elften Klasse sich eigenartig aufführten, schwankten, nach Alkohol rochen. Ich sagte ihm, er könnte sich getäuscht haben und dass wir abwarten und keinen Wirbel machen sollten. Schließlich sind wir eine Privatschule, und wenn die Presse davon wieder Wind bekommt, dann …“ Busch griff zum Wasserglas, das neben einer Mineralwasserflasche stand. „Verstehen Sie, es sind viele Akademikerkinder, die wir unterrichten. Das macht schnell die Runde. Und dieser Mord wirft auch kein gutes Licht auf unsere Schule.“ Er stellte das Glas, ohne getrunken zu haben, wieder neben die Flasche.
„Sie meinen, so wie vor einem Jahr, als ein Dealer vor Ihrer Schule gefasst wurde und sich herausstellte, dass es einer Ihrer Schüler war, der die Drogen vertickte.“
Willibald Busch wand sich auf seinem Stuhl und druckste herum, dann sagte er: „Dieser Schüler wurde umgehend unserer Einrichtung verwiesen. Seitdem ist kein Fall mehr aufgetreten. Die Lehrerschaft veranlasste eine weitreichende Aufklärung, um die Schüler über den Alkohol- und Drogenmissbrauch und die katastrophalen Folgen aufzuklären.“
„Und dennoch haben wir am Lopausee die Reste eines Joints gefunden.“
Willibald Busch zuckte nervös die Schultern. „Und der ist von einem Schüler unserer Einrichtung?“
„Davon gehen wir aus.“
„Sie haben einen Verdacht, Herr Kommissar?“
„Wir arbeiten daran.“
„Ich werde mich ebenfalls persönlich darum kümmern“, antwortete Willibald Busch. Nickend, seine Worte unterstreichend, sah er von Inka zu Mark.
„Wie viele Schüler ausnahmslos reicher Eltern unterrichten Sie an Ihrem Gymnasium?“, wollte Mark wissen.
Willibald Busch räusperte sich, dann sagte er: „Um die zweihundert Kinder. Ich müsste nachsehen.“
„Das ist nicht nötig. Aber mich würde interessieren, wie hoch das monatliche Schuldgeld ist.“
„Sie wollen ein Kind an unserer Schule anmelden?“, stellte Busch die Gegenfrage.
„Nein. Für die Schule ist mein Sohn noch zu klein. Also?“
„Um die dreitausend Euro. Der Betrag hängt von den finanziellen Mitteln der Eltern ab und wird individuell errechnet.“
„Das ist ordentlich.“ Mark pustete. „Kommen wir zurück auf Hendrik Schubert. War er verheiratet?“
„Ja, das war er. Allerdings ist Hendrik aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen.“
„Sie haben persönliche Einblicke in die Familiensituation der Schuberts?“
„Hendrik hat es mir erzählt. Wir gehen untereinander offen mit den Lebenssituationen des jeweiligen Kollegen um. Hendrik hat sich wegen einer anderen Frau von Susanne getrennt. Anna Weiler. Vielleicht kennen Sie sie sogar. Ihr gehört die Windparkfirma Kobarski & Weiler in Schwindebeck.“
„Nein.“ Inka schüttelte den Kopf und sah zu Mark, der ebenfalls verneinte. „Sie kennen Herrn Schuberts Frau?“
„Susanne. Natürlich. Sie unterrichtet an unserer Schule Religion.“
„Wir brauchen Hendrik Schuberts neue Adresse. Und wir müssen mit seiner Frau sprechen.“
„Natürlich. Meine Sekretärin wird Ihnen die aktuelle Adresse