FriesenFlut. Nané Lénard

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FriesenFlut - Nané Lénard

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halfen, wusste man nicht. Man tippte auf hilfsbereite Touristen.

      Wieder im Kiosk

      Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis Rita und Oma Pusch wieder an der Hafenpromenade angelangt waren. Außer Sichtweite konnten die beiden endlich ihre Kopftücher aus Zeltstoff ablegen. Die Kunstfaser hatte dafür gesorgt, dass ihnen der Schweiß überallhin rann. Inzwischen waren sie klatschnass, denn sie hatten sich auch sportlich betätigen müssen. Marga war einfach zu langsam vorangekommen. Also hatten sie sie kurzerhand auf die Sitzfläche ihres Rollators bug­siert und geschoben. Auf dem Pflaster am Strand war das noch halbwegs gegangen, aber zum Deich hin ging es steil bergan. Nur mithilfe eines freundlichen Rentners hatten sie schließlich den Spazierweg auf der Deichkrone erreicht, der zum Hafen führte. Doch kurz vor dem Parkplatz wartete die nächste Herausforderung auf sie.

      „Mist, hier geht es steil bergab“, stöhnte Oma Pusch. „Glaubst du, wir können sie halten?“

      „Das wäre mir zu heikel“, gab Rita zu.

      „Aber zu Fuß wird sie es auch nicht schaffen“, sagte Oma Pusch, „weder auf den Treppen noch auf der Rampe. Ich frage mich allen Ernstes, wie sie überhaupt da zum Strand gekommen ist.“

      Marga grinste. „Das wollt ihr wohl wissen, wie? Ganz einfach. Ich ruf immer den lütten Heinz an. Der hilft mir dann. Hier ist seine Nummer.“ Die Alte hielt Oma Pusch ihren Arm vor die Nase. Darauf stand in großen Lettern eine Nummer. „Siehste, min Deern, da rufste an. Und denn kommt der Heinz mit dem Taxi und holt mich hier oben ab.“

      „Einen Versuch ist’s wert“, überlegte Rita laut.

      „Um Himmels willen“, rief Oma Pusch plötzlich. „Mach du das mal mit dem Anruf. Ich muss sofort zurück zum Kiosk. Guck bloß, wie lang die Schlange jetzt wieder ist.“

      „Kein Wunder“, erwiderte Rita, „die ganzen Menschen mussten doch auch vom Strand runter. Sie werden die Badepause nutzen, um schnell was zu essen.“

      „Kann sein, aber ich wette, das wird heute nix mehr mit dem Baden“, wandte Oma Pusch ein, „die werden nämlich den gesamten Strand mit Baggern umgraben, wenn du mich fragst.“

      „Da könntest du schon recht haben, aber ich glaube, die Mehrzahl wird rund um den abgesperrten Bereich herum lauern, um anschließend den besten Platz auf der Sandfläche zu ergattern“, sagte Rita.

      „Egal, sollen sie machen“, antwortete Oma Pusch, „ich sause jetzt, bis später. Komm nach, sobald ihr Marga ins Taxi verfrachtet habt.“

      Rita und Marga winkten ihr noch zu, während Lotti Esen den Deich hinabstürmte und so schnell sie konnte zum Kiosk rannte. Darin stand ein bunter Hinnerk mit rotem Kopf. Er war der Sache nicht gewachsen und versuchte, die Meute mit Ostfriesenwitzen zu erheitern. Eine Katastrophe!

      Oma Pusch hörte gerade noch mit halbem Ohr, dass er nach drei Orten für Irrenanstalten fragte und selbst dabei grinste, als hätte er gesoffen. Eine sei natürlich in Ostfriesland, erklärte er, das wäre ja klar und eine im Osten, tja, und Bayern würde komplett überdacht. Nur er kicherte aus vollem Hals, denn der Witz kam bei allen jenseits der Elbe und des Weißwurstäquators überhaupt nicht gut an. Und die machten einen Großteil der Urlauber aus. Oma Pusch musste dringend eingreifen. Er verprellte ihr sonst die ganzen Kunden.

      „Kleiner Witzbold, unser Hinnerk“, schaltete sie sich ein und zwinkerte den Wartenden zu. „Das liegt nur daran, dass er so einen platten Hinterkopf hat, was, Hinnerk? Es liegt am Trinken.“

      „Ich weiß nicht, was du meinst“, versuchte sich der alte Fischer rauszureden, denn dem kühlen Hellen und dem Köm gegenüber war er weiß Gott nicht abgeneigt, „die paar Glas Bier.“

      „Nee, als kleiner Junge, meine ich“, sagte Oma Pusch schelmisch.

      Hinnerk machte ein richtig dummes Gesicht, denn er hatte absolut keine Ahnung, wovon sie eigentlich sprach.

      „Na ja, Hinnerk, das hast du bestimmt vergessen, dass dir beim Trinken immer der Klodeckel auf den Kopf gefallen ist.“

      Mit einem Mal war Stille vor dem Tresen. Diejenigen, die dem Gespräch gelauscht hatten, suchten das Weite und nahmen mit einem Backfischbrötchen von woanders vorlieb oder ihnen war der Appetit vergangen. Doch die lange Schlange rückte einfach auf. Oma Puschs Worte waren glücklicherweise nicht bis nach hinten durchgedrungen.

      „Haben Sie keine Rollmopsbrötchen mehr?“, fragte eine junge Frau verwundert. „Wir stehen schon so lange an.“

      „Doch, doch“, beruhigte Oma Pusch sie, „es ist genug für alle da. Manch einer will halt nicht warten“, redete sie sich raus.

      „An den Strand dürfen wir im Moment sowieso nicht“, erzählte die Kundin. „Sie haben alles abgesperrt. Ob die da wohl eine Bombe gefunden haben?“

      „Möglich“, erwiderte Oma Pusch, die es weiß Gott besser wusste, „aber ich glaube eher, dass da ein Verbrechen im Spiel ist“, flüsterte sie verschwörerisch. „Vielleicht sogar Mord …“

      „Was?“, kreischte die Urlauberin vor Schreck und beugte sich dann aber neugierig vor. „Woher wissen Sie das?“, erkundigte sie sich leise.

      „Ich habe da so meine Quellen“, flüsterte Oma Pusch geheimnisvoll. „Was glauben Sie, warum die jetzt den ganzen Strand abgesperrt haben und dort mit großen Baggern und Treckern umgraben?“

      „Ja, aber wenn doch schon eine Leiche gefunden worden ist, warum suchen sie dann noch nach einer zweiten?“, wunderte sich die Kundin und nahm ihr Rollmopsbrötchen entgegen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass nur der Teil eines Toten gefunden worden war. „Ich werde unten spionieren gehen. Falls ich was erfahre, komme ich wieder, versprochen. Mhhh, das Brötchen ist so was von lecker.“

      „Das freut mich, meine Liebe, und falls Sie tatsächlich Neuigkeiten haben, gibt’s noch eins aufs Haus, versprochen!“, sagte Oma Pusch und winkte ihr hinterher.

      „Hab ich da eben was von einer Leiche gehört?“, fragte ein Herr mittleren Alters. Er war als Nächster dran.

      „Ja, wundern Sie sich denn nicht über diese groß angelegte Räumaktion?“, wollte Oma Pusch wissen. „Man sperrt doch mitten in der Saison nicht so einfach plötzlich den Strand. Wo kämen wir denn da hin?“

      „Es könnte sich auch um eine andere Gefahrenlage handeln“, wandte der Mann ein. „Wenn zum Beispiel etwas angespült worden wäre, etwas Giftiges oder Kontaminiertes, das die Bevölkerung schädigen könnte.“

      „Das glaube ich nicht“, antwortete Oma Pusch. „Außerdem reichen mir schon die ganzen Bierdosen und die weggeworfenen Pappen vom Pommesstand. Beim Backfisch gibt es auch so Papiertüten. Alles wird später einfach in die Gegend geschmissen. Darum sind wir dazu übergegangen, unsere Brötchen in Salatblätter zu wickeln. Erstens ist es gesund und zweitens nicht schädlich, wenn es unachtsam in die Natur geworfen wird.“

      „So etwas hat es früher nicht gegeben!“, rief eine Seniorin aus der zweiten Reihe. „Keine Erziehung mehr heutzutage. Fressen und wegwerfen, wie es einem passt. Wo kommen wir denn da hin?“

      „Manche entsorgen auch Tote“, kam Oma Pusch wieder auf ihr Thema zurück. „Die werden dann ebenfalls giftig, vom Leichengift nämlich. Darum muss der Sand drumrum großzügig abgetragen werden.“

      Der

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