Das Geheimnis der Fischerin vom Bodensee. Erich Schütz

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Das Geheimnis der Fischerin vom Bodensee - Erich Schütz

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Gelände von Ellegast waren Sie nicht?«

      Verdammt, hatten ihn irgendwelche Videokameras aufgezeichnet? Oder blufft der Polizist? »Nein!«, entscheidet sich Max zur dreisten Lüge.

      »Und die Insassen in dem Wagen, der Ihnen gestern folgte, als Sie aus dem Wald herausfuhren, wer waren die? Ihre Pilzberater?«

      »Weiß ich nicht.« Angriff ist die beste Verteidigung denkt sich Max und legt nach: »Ihre Kollegen haben den Wagen durchgewunken, mich haben sie angehalten, da müssen Sie die fragen.«

      Schnell wird Max klar, die Polizei hat nichts in der Hand, das Frage-und-Antwort-Spiel bewegt sich belanglos an der Oberfläche, deshalb will er jetzt wissen: »Gehen Sie von Brandstiftung aus, oder warum sind Sie hier?«

      »Wir ermitteln«, antwortet einer der Polizisten.

      »Bei mir?«

      »Auch bei Ihnen.«

      »Lächerlich, ich kenn den Mann kaum, warum sollte ich? Was sollte ich für ein Motiv haben?«, winkt Max ab. Dabei denkt er an die drei Gestalten in dem Wagen, der ihm in das Heck fuhr. Lässig greift er in seine Tasche und spürt den weißen Zettel. KN–AK 475, erinnert er sich, der Wagen müsste sich doch finden lassen.

      »Und wo sind Ihre Morcheln?«, unterbricht einer der Polizisten seine Überlegungen.

      »Felchenfilets mit Morcheln wären eine feine Sache«, antwortet Max, »aber leider gibt es zurzeit beides nicht.« Freundlich lächelt er den Polizisten ins Gesicht und weiß auch schon, wie er an die Adresse zu der Autonummer kommt.

      3.

      Auf der Edelstahlfläche der Seziertischplatte liegt ein totes Felchen. Der Körper ist aufgeschnitten, die Innereien davor sind fein säuberlich drapiert. Deutlich zu erkennen sind die Leber, die Nieren und das Herz. Mit einem Handgriff zieht Doktor Simon die Rundleuchte an der Decke über das Zentrum des toten Fischs auf das Wundfeld. Der fokussierbare Lichtstrahl ermöglicht ein punktuelles Ausleuchten der Leber. »Sehen Sie hier, die Leber wie auch die Nieren sind angegriffen, die inneren Organe zeigen Zeichen einer Septikämie wie Petechien, das heißt breiige Nieren und Milzschwellung.«

      »Kein Mensch will die Nieren oder gar die Milz der Felchen essen«, herrscht Martin Ellegast den Tierarzt an. Er selbst hat ihn von der Universität Hohenheim abgeworben. Er benötigt einen Sachverständigen, der seinen Testlauf der Felchengehegezucht begleitet, dokumentiert und schließlich wissenschaftlich die Unbedenklichkeit der Fischzucht im Bodensee belegt. Doktor Franz-Josef Simon gilt in der Fachwelt als unbestechlich.

      Fischgehegezucht ist nichts Neues, Aquakultur klingt moderner. Die Anfänge der Kescherhaltung geht auf Fischer zurück, die schon immer im Bodensee Netze oder Kescher nutzten, um Fische, die sie unter der Woche gefangen hatten, am Wochenende frisch auf dem Markt anzubieten.

      Positiv für Ellegast ist die Tatsache, dass bei den Gehegen im See die Fütterung, Kontrolle und Ernte leicht zu bewerkstelligen sind und gleichzeitig ein stetiger Austausch mit dem Umgebungswasser stattfindet. »Eine kostenlose Frischwasserzufuhr«, lacht Ellegast.

      Seine Gegner dagegen bemängeln den ungehinderten Stoffwechselaustausch, Futterreste und eventuell verabreichte Medikamente, die direkt in den See geleitet werden. Dabei kommt es ihrer Meinung nach zur Störung des Ökosystems. »Und das im Trinkwasser!«, monieren nicht nur ausgewiesene Umwelt- oder Tierschützer.

      Die von Ellegast neu installierten Netzgehege bestehen aus einem schwimmfähigen Trägersystem und einem Netz, das die Tiere einschließt. Die einzelnen Anlagen kann er leicht in der Größe variieren. Es sind kreisförmige Plastikkonstruktionen mit Netztiefen von 10 bis 40 Metern und einem Volumen von 3.000 bis 30.000 Kubikmetern.

      Ellegast hatte die Ministerien in Stuttgart überzeugt, dass die Felchengehege die Wirtschaft und den Tourismus im Ländle stärken. Selbst kritische Politiker der Grünen Partei hatte er eingefangen. Einige von ihnen hatte er kurzerhand in seinem Privatflugzeug von Friedrichshafen nach Finnland geflogen. Dort betreibt Ellegast große Fischzuchtanlagen. Vor Ort konnten die Damen und Herren auch verschiedene Felchengehege inspizieren.

      Ellegast lacht noch heute: »Ich weiß nicht genau, was sie gesehen haben, aber ich weiß, dass der Fraktionsvorsitzende am nächsten Morgen einen dicken Kopf hatte.« Geschickt hatte er die Kurzvisite geplant und die kleine Gruppe der Politiker sowie eine junge Journalistin des Lokalblattes nach der Landung in Finnland direkt auf sein Gelände gelotst und dort keine Minute aus den Augen gelassen.

      Wie es sich in Finnland gehört, hat Ellegast neben dem Gästehaus auf seiner Fischfarm eine finnische Rauchsauna aufgestellt. Hier servierte er gleich nach der Ankunft am frühen Abend in dem rußigen Holzhaus persönlich das erste Bier und Wodka. Danach bewies er der kleinen Abordnung mit einem Sprung in einen seiner Teiche, wie sauber das Wasser ist.

      Die Krönung hatte er sich für den späteren Abend aufgehoben. Gemeinsam ging er mit den Politikern und der Journalistin an einen großen See auf seinem Gelände. Der Redakteurin hatte er zuvor eine Nikon D7500 in die Hände gedrückt: »Damit Sie scharfe Bilder machen können«, hatte er zu dem jungen Mädchen gesagt und ihr etwas zu lange die Unterarme getätschelt.

      Dann mussten sie alle in ein Boot steigen, in dem mehrere Kescher mit Teleskopstielen lagen. Ellegast steuerte das Boot auf den See. Hier sahen die Gäste große runde Netzbassins schwimmen. Drei Stück hatten einen Durchmesser von mindestens 50 Metern, die Tiefe gab er ihnen mit 30 Metern an. Er selbst steuerte das Boot an den Rand eines der runden Gehege und forderte die Gäste auf, sich jeweils mit ihren Keschern einen Fisch aus dem Wasser zu holen: »Ihr Abendessen!«, lachte er. »Ihre ersten Felchen aus einem Gehege!« Er warf eine Handvoll Fischfutter in das Netzgehege, und schon wimmelte die Wasseroberfläche von tummelnden Felchen. Jeder der Gäste hatte so schnell seinen Fisch im Kescher.

      Gleich danach servierte die Küche den frischen Fang. Es gab Felchen mit Pfifferlingsoße und Fischrogen, Felchen mit Wildkräutern gefüllt und Felchenfilet mit Krebsen. »So gut wie an iserem See, oder?«, fragte Ellegast und schaute in die zufriedenen Gesichter seiner kleinen Ausflugsgruppe.

      Auf dem Rückflug legte er den Reisenden noch eine kleine Ökobilanz vor. »Von Helsinki bis an den Bodensee sind es über 3.500 Kilometer, eine Tonne CO2-Emission kommt so für jeden größeren Transport der Felchen schnell zusammen. Klimafreundlich ist das nicht«, diktierte er der jungen Journalistin in ihren Block, die sich nochmals für die neue Kamera bedankte, während der Grüne Politiker nachdenklich nickte und zustimmte: »Wir sollten alles unternehmen, um den klimaschädlichen Lebensmitteltourismus zu beenden«, ließ der grüne Abgeordnete sich in der Bodenseezeitung zitieren.

      »Leider sieht man einigen Felchen ihre äußerlichen Verletzungen an«, reißt Doktor Simon Ellegast aus seinen Erinnerungen. »schon bei Jungfischen zeigen sich dunkle Hautflecken und Rötungen bei den Flossenansätzen.«

      »So lange es keine signifikanten Häufungen sind, sollten wir die Sachlage erst einmal unter uns hier klären«, versucht Ellegast zu beschwichtigen, »wir stehen am Anfang unseres Testlaufs, das bekommen wir alles schnell in den Griff. Für die Tiere ist das auch alles neu, das heißt viel Stress für sie, und zu allem hin ist es Sommer, wir haben gerade hohe Wassertemperaturen, das spielt uns nicht in die Karten.«

      »Ja,« stimmt ihm Doktor Simon zu, nervös streift er eine graue Locke von seiner Goldrandbrille, sein Gesicht ist blass, seine hellblauen Augen flackern unruhig, »wir sind eben nicht in Finnland, der Bodensee wird jährlich wärmer, es weiß kein Mensch, wie die Felchen auch in freier Wildbahn darauf in Zukunft reagieren.«

      »Wir

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