Elisabeth Reinharz' Ehe. Es lebe die Kunst!. Clara Viebig

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Elisabeth Reinharz' Ehe. Es lebe die Kunst! - Clara Viebig

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      „Hm,“ sagte der Verleger plötzlich, „würde Ihr Werk nicht bei mir mindestens ebensogut aufgehoben sein?“

      „Bei Ihnen?“ Der andere strich sich das Kinn. „Mein Werk schon. Aber ob ich ...? Lieber Freund, mit den Honoraren, die Sie zu zahlen gewohnt sind, kann ich mich nicht begnügen. Junge Autoren, die sogenannten aufstrebenden Talente vielleicht. Wenn Sie denen nur einen kleinen Vorschuss geben, schreiben sie Ihnen drei Bücher dafür.“

      Maier lächelte fein. „Ganz so verhält sich die Sache doch nicht, übrigens,“ seine Miene wurde ernst, „Sie wissen recht wohl, dass wir unseren gutgehenden Autoren anständige Honorare zahlen.“

      „Was Sie gutgehende Autoren nennen! Das passt auf die, die mal in die zweite und dritte Auflage kommen.“ Eisenlohrs geringschätziger Ton wurde hochachtungsvoll. „Das mindest wertvolle meiner Bücher ist bereits in vierundzwanzig Auflagen verbreitet. Sie wissen, dass ich mit einigen bereits beim vierzigsten Tausend angelangt bin. Was zahlen Sie mir pro Auflage? Natürlich in der bekannten Ausstattung und dem bekannten Format.“

      „Ich zahle Ihnen fünfundzwanzig Prozent vom Ladenpreis. Fünf Auflagen sofort. Jede folgende wird bei Ausgabe honoriert.“

      „Nein,“ Eisenlohr machte eine entschieden ablehnende Handbewegung, „dazu können Sie mich nicht haben. Ich verlange siebenundzwanzigeinhalb per Cent vom Ladenpreis“, er betonte jede Silbe, „und zehn Auflagen sofort honoriert.“

      „Donnerwetter!“ Das entfuhr Maier unwillkürlich.

      Der Dichter lächelte. „Sehen Sie, ich sagte es Ihnen ja gleich. Für mich sind Sie noch zu klein.“

      „Wann könnten Sie das Manuskript liefern?“

      „Bis zum August denke ich bestimmt fertig zu sein; bin ich weiter so gut disponiert, auch früher. Jedenfalls kommt das Buch rechtzeitig auf den Weihnachtstisch. Einen Titel habe ich — einen Titel! — der zieht!“

      Maier sass wie versunken; jetzt richtete er seine kleine Gestalt mit einem energischen Ruck auf. „Ich gehe auf Ihre Bedingungen ein.“

      „Na, das ist mal gescheit von Ihnen!“ Der Dichter schüttelte ihm kordial die Hand. „Es ist mein bedeutendstes Werk, Sie werden sehen, Maier, Sie machen ein grossartiges Geschäft!“

      „Bei siebenundzwanzigeinhalb Prozent für den Autor?“ Maier lächelte sarkastisch. „Und die Sortimenter wollen doch auch leben. Es bleibt für unsereinen wenig übrig.“

      „Sie können ja gleich zwanzig Auflagen zusammen drucken; da bleibt genug übrig.“

      „In der Tat,“ der Verleger nickte, „es kann sein, dass noch etwas übrigbleibt.“

      Sie waren also einig. Der Autor wurde sehr gesprächig, sehr liebenswürdig und entwickelte seinem neuesten Verleger einen ganzen Rattenkönig von Paragraphen. Maier widersprach nicht, er machte sich Notizen. Als er sich nach einer weiteren halben Stunde verabschiedete, begleitete ihn Eisenlohr bis zur Zimmertür.

      Ehe diese sich schloss, liess Maier einen raschen Blick über die kostbare Einrichtung des Gemachs gleiten. Der echte Perserteppich dämpfte jeden Schritt. Die gemalten Fensterscheiben warfen bunte Schimmer, der mächtige Kopf des Löwenfells vorm Schreibtisch fletschte die Zähne, reizende Frauenköpfe in breiten Rahmen lächelten nieder, und draussen, vom Altan herein, glänzte die Blumenfülle. — —

      Unten am Haus stiess Maier auf eine Dame; diese warf ihm einen bitterbösen Blick zu, rauschte ohne Gruss an ihm vorbei und verschwand in der Tür des Dichterheims, eine Wolke von Parfüm hinter sich lassend.

      War das nicht die Starzynska? Der Verleger blieb stehen. So elegant, in Seide? Zu ihm war sie immer sehr einfach gekommen, hatte viel über ihre beschränkten Verhältnisse geklagt, auch um Vorschuss gebeten. Und jetzt ...? Der würde sich freuen! Maier war ein wenig schadenfroh. Die wurde man unter einer Stunde nicht los. —

      Wolfgang Eisenlohr sass eben wieder am Schreibtisch, als Wlodzimira Starzynska gemeldet wurde.

      „Ich bin nicht zu sprechen. Wie oft soll ich’s Ihnen denn sagen?“ fuhr er den Diener an. „Wenn Sie’s nicht begreifen, muss ich Sie eben entlassen. Ich bin nicht zu sprechen!“

      „Aber für mich doch, teurer Meister!“ tönte die Stimme der Starzynska vom Flur; sie war dem Diener auf den Fersen gefolgt. „Ich mache doch eine Ausnahme!“ Sie stiess die angelehnte Tür vollends auf, mit ausgebreiteten Armen stürzte sie herein. „Ich habe Sie ewig nicht gesehen. Oh, wie schön ist es hier!“

      Fräulein Starzynska sprach immer ein langschnarrendes, rollendes R. Man wusste nicht, rührte es von ihrem Ausländertum oder von ihrer dramatischen Studienzeit her; sie hatte sich zur Schauspielerin ausgebildet, war sogar in Warschau, Riga und Petersburg, wie sie sagte, mit grossem Erfolg aufgetreten.

      „Wie schön ist es hier!“ Die Arme ausgestreckt, stand sie vor dem Schreibtisch. „Hier schafft er nun! Lauter Poesie.“ Sie kam auf Eisenlohr zu. „Sie herrlicher Mensch!“

      Die Starzynska war immer etwas stürmisch, er wich ein paar Schritte zurück, und doch zeigte sein Gesicht ein geschmeicheltes Lächeln.

      „Teurer Meister!“ Sie liess sich nicht mehr zurückhalten, sondern fasste seine Hand. „Ich komme ganz atemlos, ich bin gerührt, erschüttert — dies wunderschöne Gedicht! Ich habe Ihr Gedicht gelesen, heut in der Zeitung. Ich habe geweint. Sie müssen mir auch ein Gedicht machen, nächsten Monat werde ich zweiundzwanzig. Meister, mir auch ein Gedicht!“ Sie fiel ihm um den Hals.

      Er stand etwas verlegen. „Ich hätte nicht gedacht, dass Ihnen ein Gedicht ...“

      „Oh, herrlich! Mir ein Gedicht! Ich lasse es in die Zeitung setzen!“ Sie liess ihn gar nicht zu Wort kommen, sie überschüttete ihn mit Schmeicheleien.

      Er konnte nicht umhin, liebenswürdig gegen sie zu sein. Sie hatte eine schöne Figur, üppige Büste, schlanke Hüften, zierliche Hände und Füsse. Als Dichter war er für Schönheit empfänglich. Nebenbei war sie voller Temperament und voll von einer rührenden, schwärmerischen Bewunderung für ihn; und sie hatte Geist.

      Immer öfter strich sich Eisenlohr das Kinn. Es war eine ihm eigentümliche, ganz charakteristische Gebärde; die schöne, weisse Hand wischte von dem bartlosen Mund abwärts, als wolle sie so das halb überlegene, halb zynische Lächeln verstecken, das da zuweilen aufdämmerte, besonders in Frauengesellschaft.

      Nach einer Stunde wurde Wlodzimira sehr mitteilsam, sehr weich. Sie lehnte ihren dunklen Strubbelkopf an des Dichters Schulter und klagte über ihre Verlassenheit, über die hilflose Stellung der Frau. Sich allein durchzuringen, o wie schwer! Dem weiblichen Autor werden tausend Hindernisse in den Weg gelegt.

      „Sie müssen mir helfen, Meister!“ sagte sie in rührender Naivität. „Kennen Sie Maier?“

      „Er war vorhin erst hier. Er will durchaus mein neuestes Werk verlegen.“

      „Und Sie haben es ihm zugesagt, Meister?“ Sie belauerte ihn.

      „So halb und halb.“

      „Oh, Meister!“ Nun fing sie an zu weinen. „Er ist ein Scheusal! Trauen Sie ihm nicht! Er hat mich mit Anträgen verfolgt, er war mir zuwider — nun will er mein Trauerspiel nicht verlegen. Alle Leute sagen, es ist ausgezeichnet. Was

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