Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7. Inger Gammelgaard Madsen

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Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7 - Inger Gammelgaard Madsen Rolando Benito

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      Pazienza stand auf und reichte ihm zum Abschied die Hand.

      „Dann wünsche ich einen guten Abend. Wir fahren Sie selbstverständlich nach Hause.“

      Alberto drückte die Hand, die, im Vergleich zu seiner eigenen verschwitzten, trocken und warm war.

      „S…Sie müssen mich nicht nach Hause fahren. Es ist nicht so weit …“

      Pazienza nickte.

      „Okay, das entscheiden Sie natürlich selbst.“

      Nun lächelte er freundlich und geleitete Alberto hinaus. Glücklicherweise war niemand im Vorzimmer. Draußen legte sich eine weiche, rosige Dämmerung über die Stadt. Essensdüfte wogten ihm aus der Trattoria Romantica entgegen, als er zügig um die Ecke in die Via Collegiata bog. Er spürte den Hunger und die Lust auf Wein, wie der in den Gläsern, die auf den Tischen standen. Es saßen viele Menschen draußen, lachten und redeten auf Italienisch und in Fremdsprachen, die er nicht verstand. Die Touristensaison war hier Anfang September noch nicht vorbei. Das sah man auch deutlich auf der Via Etnea, der belebtesten Straße Catanias – Tag und Nacht; die Gegend hatte Hunderte von Restaurants, Pubs, Bars und Pizzerien, die Touristen und Einheimische gleichermaßen anlockten. Zum Glück war es nicht weit bis nach Hause, in diesem Punkt hatte er nicht gelogen, aber natürlich wusste die Polizei jetzt, wo er wohnte. Alberto machte, dass er weiterkam. In der Via Vittorio Emanuele II entlang der Mauer des Archivio Di Stato wurde es etwas ruhiger. An die Fassade waren Graffiti gesprüht. Er beschleunigte das Tempo. Schweiß rann seinen Hals und Nacken hinab. In der Via Porticello atmete er erleichtert auf, als die Bahnüberführung, die Stadt und Hafen teilte, in Sicht kam. Er überquerte die Straße und folgte der Via Cardinale Dusmet. Hielt sich die ganze Zeit im Schatten. Das Gefühl, dass ihm jemand folgte, kribbelte im Rückgrat. War es die Polizei? Hatte Franco Pazienza jemanden auf ihn gehetzt? Er schlüpfte in eine der Wölbungen des Viadukts, die zum Parken und als Garagen genutzt wurden. Ein gelbes Auto und ein pastellgrüner Motorroller hielten dort. Er lehnte sich im Schatten an die kühle Mauer und brauchte mehr als alles andere eine Zigarette. Seine Hände hatten nicht aufgehört zu zittern. Er zitterte am ganzen Körper, aber es gelang ihm, die Schachtel aus der Tasche zu holen, eine herauszuklopfen und anzuzünden. Die filterlosen Alfa-Zigaretten, die er in Massen gehamstert hatte, als das staatliche italienische Tabakmonopol 2000 beschlossen hatte, die Produktion einzustellen, schmeckte besser als die, die er von Pazienza verehrt bekommen hatte. Er inhalierte und beobachtete mit zusammengekniffenen Augen das Gebäude auf der anderen Seite der Straße. Er wollte sichergehen, dass ihn niemand beschattete. Lorenzo und sein Sohn, die von ihrem dreirädrigen Vespacar aus in dem Gewölbe nebenan immer frisches Gemüse verkauften, waren für heute heimgefahren. Busse, Autos und Roller dröhnten vor seinen Augen vorbei und der Zug brachte das Viadukt zum Beben, als er auf dem Weg zum Bahnhof direkt über seinen Kopf rumpelte und quietschte. Aber er hörte es kaum, es war ein Teil des alltäglichen Rhythmus, eines der Geräusche, die das Gehirn zu ignorieren gewöhnt war. Ansonsten hätte er hier nicht wohnen können – denn dort, direkt über der roten Markise des Pferdefleisch-Händlers, war seine Wohnung. Der bekannte süße Duft gegrillten Pferdefleischs – einer Spezialität bei Ricardo – ließ ihn sich heimisch fühlen. Die Gardine aus leichter Spitze, die Maria für die Küche genäht hatte, war aus dem offenen Fenster geweht, hing am Balkongeländer und flatterte wie eine weiße Fahne – wie ein Zeichen der Kapitulation. Aber er ergab sich nicht. Niemals! Er warf die Zigarette weg und trat sie mit der Schuhsohle aus. Zerquetschte sie mehr als nötig auf den ölbefleckten dunklen Steinen. Er wusste nicht, ob es alte Lavasteine vom Ätna waren, wie einige behaupteten. Er richtete sich auf und erstarrte, als seine Arme plötzlich mit einem festen Griff hinter seinem Rücken fixiert wurden und eine kalte Messerklinge seine Kehle berührte.

      „Ciao, Alberto“, zischte eine Stimme schlangenhaft in sein Ohr. Selbst bei dem Verkehrslärm erkannte er sie sofort und schaute ein letztes Mal zu dem Gebäude hoch, wo Maria gerade die Gardine hereinzog und das Fenster schloss.

      2

      Italien, Neapel

      Während Roland Benito unter dem Sonnenschirm vor dem Café La Nuit saß und auf seinen Espresso wartete, betrachtete er den Vesuv, der am diesigen Horizont an zwei geschwollene Brüste erinnerte oder an den Oberteil eines Cowboyhuts – je nach Phantasie und ob man Vulkane als feminin oder maskulin sah. Er bevorzugte Ersteres.

      Sein Blick glitt weiter die Strandpromenade entlang, er suchte nach ihr in der Menge sommerlich gekleideter Italiener und Touristen, die die Brise vom Golf Neapels genossen. Der Kellner kam mit dem Kaffee und einem Stück der bekannten dolci regionali des Cafés. Er vertiefte sich einen Augenblick in den Anblick und den Duft und hielt wieder nach ihr Ausschau. Vielleicht hatten die Zwillinge ihre Anwesenheit erfordert und und sie hatte ihren alten Vater versetzt. Er schaute auf die Uhr. Aber sie war diejenige gewesen, die ihn um ein Treffen hier gebeten hatte. Natürlich wusste sie, dass er die Kuchen liebte, die er für die besten in ganz Neapel hielt. Sie wollte mit ihm über etwas sprechen, hatte sie gesagt und ihn mit diesen ernsten, braunen Augen angesehen, denen er nie widerstehen konnte. Es hatte auch ein Ausdruck in ihnen gelegen, der all seine väterliche Fürsorge und Besorgnis hervorrief, ohne dass er präzise sagen konnte, was es war.

      Sie kam aus der Seitenstraße Via Palepoli, deswegen sah er sie nicht, bis sie den Stuhl zurückzog und sich an den Tisch setzte.

      „Hallo, Papa. Ich konnte keinen Parkplatz finden – hier ist es fast schlimmer als in Rom!“ Sie lächelte, aber er konnte ihre Augen nicht sehen hinter der dunklen Sonnenbrille, die aussah wie die eines Rennradfahrers.

      „Ich dachte, die Zwillinge hätten dich aufgehalten.“

      Sie schob die Brille in die Haare und schaute auf seinen Kuchen.

      „Nein, auf die passt Mama auf. Wie schön zu sehen, dass es ihr so gut geht, wie gut, dass ihr …“

      „Möchtest du ein Stück Kuchen? Und einen Espresso?“

      Olivia schwieg und sah auf ihre Armbanduhr; eine Gucci aus Gold, die perfekt zu ihrer sonnengebräunten Haut passte. Sicher ein Geschenk ihres Ehemannes und wohl nicht billig.

      „Lieber einen Cappuccino – und ein Stück Kuchen.“

      Roland versuchte ihren Blick aufzufangen, aber sie schaute nach dem Kellner, der sich athletisch zwischen den Tischen bewegte.

      „Bin gleich wieder da“, sagte er, stand auf und ging hinein, um an der Bar zu bestellen. Das ging schneller, als draußen auf die Bedienung zu warten.

      Als er zurückkam, saß Olivia zurückgelehnt auf dem Stuhl, den Blick gedankenvoll auf das Meer und die Schiffe gerichtet, die an der Mole ein- und ausliefen. Sie zuckte ein wenig zusammen, als er die Tasse und den Kuchen vor ihr auf dem Tisch abstellte.

      „Danke, Papa.“

      „Gerne. Den Kuchen kann ich sehr empfehlen.“

      Er spülte seinen Espresso in einem Zug herunter, er war kalt geworden. Schweigend aßen sie ihren Kuchen und schauten auf das Wasser. Er wartete darauf, dass Olivia von sich aus zu reden anfing, damit sie sich nicht dazu gedrängt fühlte. Er war mit ihr immer vorsichtiger umgegangen als mit Rikke. Sie waren zwei sehr unterschiedliche Menschen, obwohl sie Schwestern waren. Olivia konnte man sehr leicht verletzen, und in der Regel wusste er nie, wodurch er sie verletzt hatte. Aber es war zu oft passiert. Selbstverständlich hatte es ihre Beziehung nicht verbessert, dass er seinen Schwiegersohn nicht akzeptieren konnte und keinen Hehl daraus machte. Aber er hatte das Gefühl, dass es bei dem, was Olivia ihm erzählen wollte, um Giuseppe ging.

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