Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7. Inger Gammelgaard Madsen
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Читать онлайн книгу Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7 - Inger Gammelgaard Madsen страница 5
„Elisabeth, oder Beth, wie wir sie meistens nennen, ist zum Tauchen hergekommen. Sie ist eine hervorragende Taucherin, aber seitdem sie am Elefantenfelsen bei Ischia war, hat niemand mehr etwas von ihr gesehen oder gehört.“
Die Sorge in den Augen des Mannes flehte ihn um Hilfe an.
„Warum gehen Sie nicht hier in Neapel zur Polizei?“
„Da war ich tatsächlich schon, aber ich kann kein Italienisch, nur ein bisschen Englisch, daher kam dabei nicht besonders viel rum.“
„Haben Sie es in der Botschaft probiert?“
„Auch da. Dort habe ich angerufen. Sie sagen, dass hier in Neapel viele junge Frauen verschwinden, in der Regel aber wieder heimkommen, wenn die Romanze vorbei ist. Aber so ist meine Beth nicht, ich spüre, dass ihr etwas zugestoßen ist.“
„Haben sie das in der Botschaft wirklich gesagt?“
Er nickte.
„War sie ganz allein unterwegs?“
Asger Brink lächelte, aber nur kurz.
„Beth ist sehr selbstständig. Sie macht alles allein, so war sie schon immer – auch als Kind schon. Deswegen hat sie auch nie geheiratet, weil sie nicht an einer Beziehung interessiert ist. Tauchen ist ihre einzige Leidenschaft.“
„Hat hier in Neapel niemand mit ihr gesprochen?“
„Vielleicht, aber wie soll ich die finden?“
„Das Hotel, in dem sie gewohnt hat? Die Tauchbasis?“
„Aus dem Hotel hatte sie gerade ausgecheckt. Aber die Tauchbasis …“
„Wie alt ist Elisabeth?“
„Ach, eigentlich erwachsen.“ Asger lächelte fast verlegen. „Sie ist letzten Monat 35 geworden. Die Reise war ein Geburtstagsgeschenk, an dem ich mich beteiligt hatte. Sie müsste auf sich selbst aufpassen können, aber ich weiß, dass etwas passiert sein muss, weil ich sie nicht auf ihrem Handy erreiche und sie nicht zurückruft. Ich spüre es. Ich habe mehrere Nachrichten hinterlassen. Ihre Mutter ist auch unruhig. Ja, tatsächlich ist sie so krank geworden, dass sie Beruhigungstabletten bekommt und nur noch passiv in einem Sessel sitzt und darauf wartet, dass ich Elisabeth finde. Das ist furchtbar anzusehen, ich musste etwas tun. Sie ist unser einziges Kind und meine Frau war nie sonderlich stark …“
„Wenn sie nicht mehr im Hotel wohnt, muss sie doch irgendwo anders hingegangen sein.“
Der Kellner kam mit ihrem Whiskey und Asger Brink bezahlte.
„Ja, und das ist ja das Merkwürdige. Warum hat sie es mir nicht erzählt, wenn sie weiterreist?“
Roland atmete den Whiskeyduft ein und betrachtete den Tropfen, der das Glas hinunterlief.
„Ich verstehe nicht ganz, was ich Ihrer Meinung nach tun soll“, sagte er und ihm fiel auf, dass er diese Worte zum zweiten Mal innerhalb von ein paar Stunden sagte.
„Vielleicht können Sie auch nicht helfen, aber ich dachte … wenn Sie nun mit der Polizei hier in Neapel sprechen könnten. Ich glaube, ich bin nicht richtig zu denen durchgedrungen. Ein verwirrter alter Tourist, der glaubt, dass seine Tochter verschwunden ist, die sicher bloß unterwegs ist, um sich zu vergnügen …“
Roland antwortete nicht sofort, er probierte den Whiskey und dachte nach.
„Ich verstehe, wenn Sie das Gefühl haben, dafür nicht verantwortlich zu sein, und das sind Sie natürlich auch nicht, aber ich weiß bald nicht mehr, was ich tun soll …“
Asger Brink kramte in seiner Hosentasche und beförderte eine schwarze Brieftasche zutage, die er öffnete. Das Foto, das er herausholte, reichte er Roland.
„Ich habe noch mehr Bilder von Beth. Wollen Sie es nicht versuchen?“
Roland nahm das Foto einer Frau entgegen, die aussah, als wäre sie gerade aus dem Wasser gekommen. Sie trug einen Taucheranzug und hatte etwas natürlich Schönes an sich. Der Körper war schlank und durchtrainiert, die Haare nass und dunkel, die Augen hatten einen festen und entschlossenen Ausdruck, aber auf eine charmante Art. Sie sah aus wie jemand, der problemlos auf sich selbst aufpassen konnte. Roland wollte das Bild zurückgeben, sich entschuldigen und sagen, dass er in Urlaub – und im Übrigen suspendiert – sei, aber als er die Tränen in Asger Brinks ohnehin schon traurigen Augen sah, die ihn an einen Basset erinnerten, rührte sich etwas tief in seinem Inneren. Er wusste, es war der Polizist. Der Teil von ihm, der nie frei hatte, auch wenn er in Urlaub war.
3
Dänemark, Aarhus
Anne Larsen fasste ihre schwarzen Haare mit einem Haargummi zu einem kleinen, abstehenden Pferdeschwanz im Nacken, während sie das frisch gepflügte Feld entlang durch das hohe, verdorrte Gras ging, das nach trockenem Heu roch. Es war lange her, dass sie beim Friseur gewesen war, und sie überlegte immer noch, ob sie ihre Haare wachsen lassen sollte. Ihr Image ändern. Alle sagten, sie sähe wie ein Junge aus. Nicht, dass ihr das etwas ausmachte. Esben bevorzugte Mädchen mit langen Haaren. Auch das änderte nichts. Im Gegenteil. Das gab nur Anlass, sie superkurz zu schneiden. Vielleicht sogar kahl zu rasieren.
Etwas weiter weg, in der Nähe der Bäume, starrte eine kleine Gruppe Menschen auf den Boden. Das Navi hatte gezeigt, dass sie vor dem Fajstrup Krat geparkt hatte, nachdem sie den Lading-See passiert hatte und auf den Viborgweg abgebogen war. Freddy Hauge entdeckte sie und winkte. Wie immer in einem färöischen Strickpulli, egal wie das Wetter war. Er hatte in der Redaktion angerufen. Gerade war nicht viel los und Nicolaj hatte sich ein paar Tage freigenommen, um sie mit seiner Tochter zu verbringen. Sonst hätte er für solche Aufträge ausrücken müssen, die nicht als Kriminalfälle zählten. Freddy zog sie eifrig näher und deutete auf den Boden.
„Guck mal! Ist das nicht ein besonderer Anblick?“, flüsterte er mitgerissen.
Anne nahm die Sonnenbrille ab und starrte auf das Netz feiner Spinnweben, die sich in dem trockenen Gras verteilten, so weit das Auge reichte. Keine prachtvollen, symmetrischen Spinnweben, sondern Unmengen von Seidenfäden, bunt durcheinander, als wäre eine Spinne betrunken und wüsste nicht, was sie tat.
„Siehst du, dass sie dreidimensional sind? Zuerst kommt eine Schicht Netz, dann einige Stützfäden und danach etwas Klebriges, das Insekten einfängt.“ Seine Stimme war voller Ehrfurcht.
„Welche Spinnenart webt solche Netze?“, fragte sie und nahm ihre Kamera aus dem Rucksack.
Er öffnete seine Tasche und holte ein Glas heraus, das er vor ihren Augen hochhielt, sodass sie nicht umhinkam, die Sensation zu sehen.
„Was ist das für eine?“
„Kannst du das nicht sehen?“
„Du bist der Biologe, Freddy!“, entgegnete sie und machte ein paar Nahaufnahmen von den Spinnweben.
„Biologen in den USA haben ihre Netze erforscht und herausgefunden, dass sie verschiedene Fäden produzieren, je nachdem, wie hungrig sie sind. Die hier sind sehr hungrig, deswegen gibt es so viele klebrige Fäden, die wollen …“
„Okay,