Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7. Inger Gammelgaard Madsen

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Schlangengift - Roland Benito-Krimi 7 - Inger Gammelgaard Madsen Rolando Benito

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Stimme klang beinahe weinerlich, als sie fortfuhr.

      „Ich habe das Auto hier in Neapel gesehen. Die sind uns aus Rom gefolgt.“

      „Bist du sicher, Olivia?“

      „Ganz sicher! Ich kann das Kennzeichen auswendig. Es ist dasselbe Auto. Was macht es hier? Wir sind im Urlaub, verdammt noch mal!“

      „Olivia …“ Er griff nach ihrer Hand, aber sie zog sie zurück, trank schnell den Rest des Cappuccinos und stand auf.

      „Ich bin gleich mit Giuseppe verabredet. Jetzt, da Mama und Zia Giovanna auf Rinaldo und Gabriella aufpassen, haben wir verabredet, uns ein bisschen die Stadt anzugucken und ein gemütliches Lokal zum Abendessen zu finden. Mit zwei kleinen Kindern sind wir selten allein. Danke für den Kaffee und den Kuchen, Papa.“

      „Ach, gebe ich einen aus?“ Er lächelte scherzhaft. „Aber, Olivia …“

      Sie lächelte auch, aber angestrengt, und er spürte, dass sie wie immer vor ihm flüchtete, wenn er zu nah drankam. Sie hängte sich den Riemen der Tasche über die Schulter.

      „Du darfst Giuseppe nicht sagen, dass ich mit dir über das hier gesprochen habe. Ja?“

      „Aber er muss …“

      „Versprichst du das, Papa?“

      „Ja, natürlich, Olivia, aber …“

      Sie winkte schnell mit den Fingern; dann war sie weg. Roland blieb mit einer wachsenden inneren Unruhe zurück, die ihn einen Whiskey beim Kellner bestellen ließ, der gerade vorbeikam und Olivias leere Tasse und ihren Teller abräumte. Er hatte gerade ein Glas Jack Daniels serviert bekommen, als sich ein sonnengebräunter älterer Herr mit schneeweißem, getrimmtem Vollbart und ebenso weißen gut frisierten Haaren, die von einer Sonnenbrille zurückgehalten wurden, auf den Stuhl setzte, auf dem Olivia gesessen hatte. Der Mann trug ein kurzärmliges marineblaues Poloshirt und weiße Bermudashorts, die wie die aussahen, die Roland anhatte.

      „Entschuldigung, ich konnte nicht umhin zu hören, dass Sie dänisch gesprochen haben“, sagte er.

      Roland nahm sofort eine distanzierte Körperhaltung ein. Er mochte Touristen nicht, die sich als die besten Freunde ihrer Landsleute fühlten, bloß weil sie in der großen, weiten Welt zufällig am gleichen Urlaubsort gelandet waren.

      „Es ist doch in Ordnung, wenn ich mich setze?“

      Er brachte es nicht übers Herz, den Mann abzuweisen. Er wirkte harmlos und war nicht betrunken.

      „Ich konnte auch nicht umhin zu hören, dass Sie Polizist sind. Aus welcher Stadt kommen Sie?“, fuhr er höflich fort.

      Roland überlegte, wie viel der Mann wohl von dem Gespräch mit seiner Tochter gehört hatte. Eigentlich hatten sie nicht besonders laut geredet. Wo hatte er gesessen? Direkt hinter ihnen?

      „Aarhus“, antwortete er ein wenig abweisend.

      „Aarhus ist eine schöne Stadt“, lächelte der Mann. „Ich wohne auf Seeland. In Rødovre. Aber meine gesamte Familie stammt vom Festland. Nordjütland.“

      Roland nickte gleichgültig, richtete seinen Blick wieder auf den Vesuv und versuchte die Unruhe zu dämpfen, die Olivias Geständnis in ihm ausgelöst hatte. Er nippte an dem Whiskey.

      „Sie sind wohl im Urlaub? Oder sind Sie ein Einheimischer? Sie sehen nicht dänisch aus.“

      Roland zwang seinen Blick hinüber auf den neugierigen Herrn und war kurz davor, ihn zu bitten, sich herauszuhalten und seine Zeit jemand anderem zu widmen, aber etwas in den Augen des Mannes änderte seine Meinung. Trauer erkannte er immer wieder. Sie lag tief in den Augen derer, die einen Verlust erlitten hatten und vermissten. In diesen Augen lag auch noch etwas anderes – ein Flehen um Hilfe.

      „Ich bin hier in Neapel geboren. Tatsächlich nicht weit von hier.“

      „Darf ich fragen, warum in aller Welt Sie aus dieser exotischen Großstadt nach Aarhus gezogen sind?“

      Roland zögerte.

      „Das war nicht freiwillig. Meine Mutter ist mit mir nach Dänemark geflohen, sie hatte eine Schwester, die dort wohnte. Ich war damals erst vier …“

      „Geflohen, sagen Sie?“

      „Mein Vater war Carabiniere. Er wurde ermordet, und …“ Er stoppte sich selbst und der andere nickte, als verstünde er.

      „Wohnt Ihre Mutter denn wieder hier in Neapel?“

      „Nein, sie ist vor vielen Jahren in Dänemark gestorben. Aber der Großteil meiner Familie wohnt hier.“

      Er leerte das Whiskeyglas und hatte Lust, einen weiteren zu bestellen. Seine Gedanken kreisten um das Gespräch mit Olivia. Sein Blick fiel auf ein Polizeiauto, das auf der anderen Straßenseite mit dem Meer und dem Vulkan im Hintergrund parkte. Ein weiteres taubenblaues Auto mit Polizia auf der Seite hielt an der Ecke der Via Palepoli. Man bemerkte sie fast gar nicht in dem Stadtbild, aber sie waren hier überall. Zur Stelle. Wachsam. Dennoch fühlten sich die Neapolitaner nie ganz sicher.

      Plötzlich streckte der Mann die Hand über den Tisch.

      „Ich heiße Asger Brink. Pensionierter Uhrmacher.“

      Roland drückte die Hand, die schlank und sehnig war.

      „Rolando Benito“, erwiderte er und wunderte sich darüber, dass er völlig natürlich seinen Geburtsnamen verwendete, mit dem ihn nur Freunde und Familie ansprachen. Vielleicht, weil er in Urlaub war und das Polizeipräsidium in Aarhus, wo ihn alle Roland nannten, so weit weg war. Vielleicht für immer weg.

      „Ich entschuldige mich noch mal, wenn ich Sie nerve, Rolando Benito, aber als ich hörte, dass Sie dänischer Polizist sind, hatte ich das Gefühl, es müsste beinahe Schicksal sein, und ich sollte versuchen … vielleicht können Sie mir helfen.“

      „Womit?“, fragte Roland weiter beunruhigt.

      Asger Brink hielt den Kellner an, der gerade vorbeikam, und bat ebenfalls um einen Whiskey. Roland nickte, als ihn der fragende Blick des Kellners traf. Es waren nur zirka fünfzehn Minuten Fußweg zu Giovannas Wohnung in der Via Monte di Dio, wo sie während ihres Aufenthaltes wohnten, auch wenn es dort eng war. Ihren Antiquitätenladen in der Via Chiaia hatte sie längst geschlossen und war seitdem Rentnerin. Sie habe nichts anderes zu tun, als sie zu bedienen, hatte sie beteuert. Aber bei ihr wohnte auch Opa Pippino. Nonno Pippino, wie sie ihn nannten. Er weigerte sich strikt, bisnonno genannt zu werden, obwohl er schon Uropa war. Er fand, das klang alt. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau vor ein paar Jahren hatte er allein in dem Haus gewohnt, in dem Rolands Vater und Giovanna geboren wurden, in der Via Calastro an den Bahngleisen, circa dreizehn Kilometer südlich von Neapel, in Torre Del Greco. Aber nun hatte es Zwischenfälle gegeben, die zeigten, dass der Großvater nicht mehr allein zurechtkam. Giovanna wollte nicht, dass er in ein Pflegeheim kam. Er selbst bestimmt auch nicht. Aber es musste trotzdem nicht ganz leicht sein, ihn dort wohnen zu haben. Er brauchte eine Menge Pflege, Hilfe auf den Treppen, um in die Bar zu kommen und mit den anderen Alten zu reden, und es gab Phasen, in denen er in einer ganz anderen Zeit lebte und glaubte, dass Il Duce an der Macht wäre.

      „Ich bin seit ein paar Tagen hier in Neapel.

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