Die Ansiedler in Kanada. Фредерик Марриет
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„War es denn klug von Major Gladwin, Pontiac und seinen Häuptlingen den Abzug zu gestatten, nachdem sie mit der Absicht, ihn und seine Leute zu ermorden, ins Fort gekommen waren?“ fragte Henry. „Hätte sie nicht der Major mit vollem Recht gefangen nehmen können?“
„Er hätte es können, und mein Onkel dachte ebenso, aber Major Gladwin sagte, er habe ihnen, ehe er die Verschwörung ahnte, Schutz und sicheres Geleit herein und hinaus zugesichert, und da er ein Versprechen geleistet habe, gestatte es seine Ehre nicht, dasselbe zu brechen.“
„Wenn der Major einen Fehler machte“, bemerkte Alfred, „so hat er ihn auf rechtliche Weise begangen. Ich glaube, er war zu gewissenhaft, ich an seiner Stelle hätte einige Häuptlinge, wenn auch nicht Pontiac selbst, als Bürgen in Gewahrsam behalten.“
„Die Erfahrung lehrte, daß Major Gladwin weise gehandelt hätte, wenn er so verfahren wäre; denn am nächsten Tag machte Pontiac einen Angriff auf das Fort, doch der Ansturm mißglückte. Hierauf umzingelte Pontiac das Fort, und schnitt alle Zufuhr ab, wodurch die Besatzung in große Not versetzt wurde. Doch ich muß hier abbrechen, denn wir sind jetzt in Trois Rivieres, wo wir über Nacht bleiben werden. Ich hoffe, Sie werden Ihr Unterkommen nicht allzu unbehaglich finden, Mrs. Campbell; wenn wir weiter gelangen, so fürchte ich, werden Sie noch mit Schlechterem vorlieb nehmen müssen.“
„O, wir sind gefaßt darauf, Hauptmannn Sinclair“, versetzte Mr. Campbell.
Die Boote wurden ans Ufer gezogen und die Gesellschaft begab sich an Land, um die Nacht in dem kleinen verschanzten Dorfe Trois Rivieres zuzubringen.
VIII.
Da Hauptmann Sinclair erklärte, daß man am folgenden Tage eine weite Strecke zurückzulegen habe und es daher rätlich sei, früh abzufahren, erhob sich die Familie mit Tagesanbruch. Sie war nach einer halben Stunde mit dem Frühstück fertig und begab sich in ihr Boot. Bald nachdem sie sich wieder auf dem Strom befanden und man, da der Wind günstig war, die Segel gehißt hatte, erkundigte sich Mr. Campbell, wie weit sie heute fahren müßten.
„Etwa fünfzig Meilen, wenn es sich ermöglichen läßt“, versetzte Hauptmann Sinclair. „In den ersten beiden Tagen haben wir zweiundsiebzig Meilen gemacht. Von hier bis Montreal sind noch etwa neunzig und wir möchten den größeren Teil noch heute zurücklegen, damit wir an einer Stelle, an der wir uns ganz sicher fühlen, landen können. Ich muß Ihnen leider sagen, daß Sie sich für die kommende Nacht auf Ihre Zelte und die eigenen Betten verlassen müssen, denn es befindet sich kein größerer bewohnter Ort in jener Gegend.“
„Keine Sorge, Hauptmann Sinclair, wir werden sehr gut schlafen, das kann ich im voraus sagen“, entgegnete Mrs. Campbell. „Aber wo werden die übrigen ruhen? Es ist nur ein Zelt vorhanden.“
„O, um die übrigen beunruhigen Sie sich nicht; wir sind daran gewöhnt. Einige werden in den Booten schlafen, andere am Feuer, andere werden Wache halten und überhaupt nicht schlafen.“
Im weiteren Verlauf des Gespräches bemerkte Mary Percival zu Hauptmann Sinclair:
„Ich glaube, Hauptmann Sinclair, Sie hatten Ihre Erzählung von Pontiac noch nicht beendet, denn Sie brachen gestern bei dem Punkte ab, als er das Fort belagerte. Wollen Sie nicht die Güte haben und uns mitteilen, was weiter geschah?“
„Mit größtem Vergnügen, Miß Percival. Es hatte seine Schwierigkeiten, das Fort zu entsetzen. Der Gouverneur sandte seinen Adjutanten, Hauptmann Dalyell, dem es gelang, mit etwa zweihundertundfünfzig Mann in das Fort zu dringen. Kurz darauf machte er einen Ausfall. Pontiac aber legte ihm, sobald er seine Absicht gewahr wurde, einen Hinterhalt, und die Truppen wurden mit großem Verlust zurückgeschlagen. Der arme Dalyell fiel im Kampfe. Pontiac schlug Hauptmann Dalyell das Haupt ab und setzte es auf einen Pfahl.“
„Dies alles fiel Major Gladwins übergroßem Ehrgefühl zum Opfer“, rief Alfred. „Hätte er Pontiac gefangen genommen, wäre nichts von alldem geschehen.“
„Ich muß Ihnen beistimmen, Mr. Alfred“, versetzte Hauptmann Sinclair. „Doch Major Gladwin glaubte das Rechte zu tun. — Nach dieser Niederlage wurde die Belagerung noch härter, als zuvor, und die Garnison hatte entsetzlich zu leiden. Verschiedene Fahrzeuge, die ausgeschickt wurden, um die Besatzung mit Nahrung zu versehen, fielen in Pontiacs Hände, der die Gefangenen grausam behandelte. Durch den Verlust an Mannschaft, durch den Mangel an Lebensmitteln, war die Garnison geschwächt und in das äußerste Elend geraten. Endlich kam ein Schoner mit Proviant herauf, der durch Pontiac und seine Krieger von ihren Kanoes aus angegriffen wurde. Der Schoner sah sich zur Umkehr genötigt, doch die Indianer verfolgten ihn, und nachdem durch ihr Feuern beinahe jeder Mann an Bord getötet oder verwundet war, holten sie das Schiff ein und nahmen es in Besitz. Während sie die Schiffswände erklommen, gab der Kapitän des Fahrzeuges, der ein entschlossener Mann war, und den Indianern nicht in die Hände fallen wollte, dem Kanonier den Befehl, Feuer an das Pulvermagazin zu legen und alle miteinander in die Luft zu sprengen. — Diese Weisung hörte einer von Pontiacs Häuptlingen, der englisch verstand. Er rief sie einem der anderen Indianer zu und sprang vom Schiff herab; die übrigen Indianer folgten und eilten in ihre Kanoes zurück oder flüchteten schwimmend aus der Nähe des Fahrzeuges. Der Kapitän erreichte sicher die Festung. So wurde durch den Mut eines einzelnen die Besatzung gerettet, und das Fort vor Zerstörung bewahrt.“
„Pontiac ist tot, erzählte uns Martin Super. Wodurch starb er denn, Hauptmann Sinclair?“ fragte Mrs. Campbell.
„Er wurde von einem Indianer getötet. Seit vielen Jahren hatte er mit uns Frieden gehalten und bezog von der Regierung eine gute Pension. Aber aufs neue schien sein Haß gegen die Engländer loszubrechen, und in einer Ratsversammlung der Indianer machte er den Vorschlag, uns wieder anzugreifen. Nachdem er gesprochen, stieß ihm ein Indianer das Messer in die Brust. Ob dies nun geschah, um einer Privatrache zu genügen, oder um weiteres Ungemach durch den zu verhüten, der ihren Stämmen schon so viele Opfer gekostet hatte, läßt sich schwer bestimmen. Soviel steht fest, daß mit ihm ein großer Teil aller Feindseligkeiten der Indianer gegen die Engländer zu Grabe getragen worden ist.“
„Vielen Dank, Hauptmann Sinclair, für Ihre freundliche Berichterstattung“, rief Mary Percival. „Mir war Pontiacs Geschichte höchst interessant.“
„Pontiac war ein Charakter, an dem man viel bewundern und viel beklagen muß, doch wir dürfen diesen Indianer nicht zu hart beurteilen. Zum Befehlen war er geboren, er besaß großen Mut und viel Geschick für seine Unternehmungen, abgesehen davon, daß er der keineswegs leichten Aufgabe gewachsen war, alle Stämme der Indianer vereinigt zu halten. Daß er es versuchte, uns aus dem Lande zu vertreiben, als dessen Herrscher er sich (und zwar mit Recht) betrachtete, ist nicht zu verwundern, besonders da unsere Eingriffe sich täglich mehrten. Sein größter Charakterfehler bleibt das Verräterische, doch müssen wir in Betracht ziehen, daß die ganze Kriegsführung der Indianer auf List beruht.“
„Aber