Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Paket

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es nicht auch sein, dass Frau Lammers uns etwas verschwiegen hat?«

      »Sie denken an eine Erkrankung?«

      »Eher an ein Medikament, das diese Reaktion auf das Narkotikum bewirkt hat.«

      »Interessante Theorie.« Dr. Klaiber wischte sich einen Kekskrümel aus dem Mundwinkel.

      »Und möglicherweise haltbarer als der versuchte Mord des Kollegen Lammers.« Endlich fand Daniel Norden seinen Humor wieder. Er riss noch ein paar Witze mit dem Kollegen, ehe er aufstand. »Dann begebe ich mich mal auf Wahrheitssuche.«

      Der Anästhesist sah ihn von unten herauf an.

      »Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden. Falls doch Lammers dahinter steckt, habe ich etwas gut bei Ihnen.«

      »Abgemacht!« Daniel lachte, ehe er sich auf den Weg machte, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

      *

      Eine leichte Brise wehte und sorgte für angenehme Kühlung. Dési Norden lag auf ihrem Balkon im Halbschatten und versuchte, sich auf das Buch in ihren Händen zu konzentrieren. Vergeblich. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu Joshua ab. Seit seine Mutter wie aus dem Nichts aufgetaucht war, hörte sie kaum mehr etwas von ihm, von sehen ganz zu schweigen. Umso überraschter war sie, als sie durch die Streben des Balkon-Geländers bemerkte, wie ausgerechnet ihr Freund den Gartenweg hinauflief.

      In hohem Bogen flog das Buch auf den Boden, und Dési sprang auf.

      »Joshua, endlich!«, rief sie, ehe sie in Windeseile die Treppe hinunter stürmte, um ihm zu öffnen. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, beleidigt zu sein. Als sie ihm aber gegenüberstand, gab es kein Halten mehr. Sie flog in seine Arme und ließ sich von ihm durch die Luft wirbeln. Ihr weißblondes Haar, ein Erbe ihrer Mutter, umwehte sie.

      Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, strich sie es zu Seite. Verliebt sah sie zu Joshua auf.

      »Du hast dich ganz schön rar gemacht in letzter Zeit. Das darf nicht mehr vorkommen. Sonst suche ich mir einen anderen«, neckte sie ihn.

      Unvermittelt wurde Joshua ernst.

      »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?« Er sah sich im Flur um.

      Dési wurde hellhörig.

      »Stimmt was nicht?«

      »Alles bestens. Ich muss nur mit dir reden.«

      »Wir sind allein.« Alarmiert trat Dési zurück. Sie steckte die Hände in die Hosentaschen und sah ihn forschend an. »Mum und Dad sind in der Klinik, Janni spielt bei einem Freund Computer und Lenni und Oskar haben sowieso Besseres zu tun, als bei dem schönen Wetter hier herumzugammeln.«

      »Vorwurf angekommen. Es tut mir leid.«

      Dési dachte kurz nach. Dann drehte sie sich um und ging ins Wohnzimmer. Sie ließ sich auf die Couch fallen.

      »Also raus mit der Sprache! Was hast du mir Großartiges zu erzählen.«

      Joshua machte keine Anstalten, sich zu setzen. Er schob die Hände in die Hosentaschen und wippte verlegen auf den Sohlen vor und zurück. Beim Anblick seiner Freundin hatte sich seine Euphorie in Luft aufgelöst.

      »Meine Mutter geht morgen nach Zürich. Sie hat dort ein mehrjähriges Engagement.«

      »Lass sie doch.« Ungerührt zuckte Dési mit den Schultern. »Sie hat sich in all den Jahren eh kaum um dich gekümmert.«

      Joshua konnte nicht länger stehen bleiben.

      Er begann, vor dem Sofa auf und ab zu gehen.

      »Ja, schon«, erwiderte er gedehnt. »Aber ich glaube, Paola hat sich geändert. Wir verstehen uns super und haben jede Menge Spaß zusammen.«

      Seine Schilderung machte Dési stutzig. Sie legte den Kopf schief.

      »Und was willst du mir wirklich sagen?«

      Joshua blieb wieder vor ihr stehen. Er zögerte kurz, ehe er sich auf den Hocker neben der Couch setzte. Er nahm die Hände seiner Freundin in die seinen. Es fiel ihm schwer, ihren Blick zu erwidern. Aber es musste sein.

      »Paola hat mich gefragt, ob ich nicht mit ihr kommen will. Sie hat tolle Kontakte. Ich könnte Unterricht bei den besten Schauspiellehrern nehmen. Das ist eine großartige Chance.«

      Mit einem Ruck zog Dési ihre Hände zurück.

      »Und du gehst natürlich mit.« Sie fühlte sich, als hätte er ihr eine Ohrfeige verabreicht.

      »Komm schon, Dési! Ich dachte, du freust dich für mich«, appellierte Joshua an ihre Empathie. Das schlechte Gewissen stand ihm ins Gesicht geschrieben.

      »Klar. Natürlich.« Ihre Stimme war spitz. »Herzlichen Glückwunsch auch.« Sie stand auf. »Du, es tut mir leid, ich habe jetzt keine Zeit mehr. Ich habe ganz vergessen, dass ich Mum versprochen habe, mich mit ihr im Klinikkiosk zu treffen.« Sie durchquerte das Wohnzimmer und sah Joshua auffordernd an. »Kommst du?«

      Dieses Gespräch war ganz anders verlaufen, als er es sich vorgestellt hatte. Er stemmte sich hoch und folgte ihr durch den Flur zur Haustür.

      »Dési, ich …« Vergeblich suchte er nach Worten.

      Und sie ließ ihm keine Wahl.

      »Ciao, Joshua!«

      Er schickte ihr einen verzweifelten Blick. Schließlich blieb ihm aber nichts anderes übrig als zu gehen.

      *

      Wild entschlossen, die Wahrheit aus seiner Patientin herauszukitzeln, betrat Dr. Daniel Norden das Krankenzimmer. Dieter Fuchs war bei ihr. Beim Anblick des Chefarztes sprang er vom Stuhl auf.

      »Ich habe nur gerade mit Frau Lammers die Abrechungsmodalitäten besprochen. Immerhin ist sie ja keine Privatpatientin und kann deshalb auch nicht auf einer Chefarztbehandlung bestehen«, rechtfertigte er seinen Besuch während der Arbeitszeit.

      In Normalfall hätte sich Daniel über seine Inkonsequenz lustig gemacht. Kleinlich gegenüber jeder Verfehlung der Klinik-Mitarbeiter, war der Verwaltungsdirektor im Augenblick gegen sich selbst sehr großzügig. Doch die momentane Lage ließ keinen Scherz zu.

      »Falls es Probleme geben sollte: Sie wissen ja, dass die Klinik über Gelder der Stiftung verfügen kann«, teilte Daniel ihm mit. »Wenn Sie uns jetzt bitte allein lassen würden.«

      »Natürlich. Ich wollte ohnehin gerade gehen. Ein wichtiger Termin mit der Buchhaltung wegen des Quartalsabschlusses.« Betont kühl verabschiedete sich Dieter Fuchs von seiner Angebeteten.

      Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, schüttelte Elfriede den Kopf.

      »Ich weiß wirklich nicht, was mit diesem Mann los ist. Er schenkt mir Blumen, lädt mich zu sich nach Hause ein und besucht mich ständig, leugnet aber hartnäckig, dass ich ihm gefalle.«

      »Sie müssen Geduld mit ihm haben«, erwiderte Daniel und bezog seinen Posten am Fußende des Bettes.

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