Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 39
Daniel notierte den Wert im Krankenblatt und nickte bedauernd.
»Es ist leider völlig normal, dass im Bereich des Operationsgebietes und der Nähte recht starke Schmerzen auftreten. Die verschwinden allerdings im Zuge des Heilungsprozesses«, erklärte er, um seinen Patienten zu beruhigen. »In fünf bis sieben Tagen sind Sie wieder so weit hergestellt, dass Sie die Klinik verlassen dürfen.«
Doch Bertram brannte ein ganz anderes Anliegen auf der Seele.
»Ich halte alles aus, wenn nur Leo wieder gesund wird«, gestand er und maß den Klinikchef mit forschendem Blick. Auch Nicoles Augen klebten förmlich an dem Klinikchef.
»Die Zeichen stehen gut.« Daniel freute sich über das Strahlen in den Augen seines Patienten. Einen kleinen Wermutstropfen gab es jedoch. »Leider dürfen Sie ihn im Augenblick noch nicht sehen. In den kommenden zwei Tagen müssen Sie strikte Bettruhe einhalten.«
»Das ist vielleicht ganz gut so. Wir müssen ohnehin nachdenken, wie es jetzt weitergehen soll.« Sein Blick huschte zu Nicole, ehe er zu Daniel zurückkehrte. »Haben Sie Kinder, Herr Doktor?«
»Ja, fünf. Und fragen Sie mich jetzt bitte nicht, ob ich auch noch ein anderes Hobby habe.« Er zwinkerte Bertram Quadt zu.
Der lachte kurz auf.
»Alle Achtung.« Im nächsten Augenblick war er schon wieder ernst. »Ehrlich gesagt habe ich mir in den vergangenen Jahren nicht allzu viele Gedanken über die Situation gemacht. Meine Frau und ich«, wieder sah er hinüber zu Nicole, »wir hatten uns damit arrangiert, dass Leo nicht bei uns lebt. Zumindest dachten wir das.«
Daniel konnte nachvollziehen, was in dem Ehepaar vorging. Aber was hätte er dazu sagen sollen? Während er noch über eine Antwort nachdachte, fuhr Bertram fort.
»Leos Unfall hat alles verändert. Nicht nur für meine Frau. Auch für mich.« Seine Augen ruhten auf Daniel. »Wie denken Sie darüber? Hat ein Kind nicht das Recht darauf, die Wahrheit seiner Herkunft zu erfahren? Sie dürfen nicht denken, dass wir Alexa das Kind wegnehmen wollen«, fügte er schnell hinzu. »Leo und sie gehören zusammen. Wir wünschen uns nur das Beste für unseren Sohn.«
Daniel Norden schickte einen stummen Dank an seine Frau, die psychologische Fachkenntnisse besaß. Von ihr hatte er viel über die menschliche Psyche gelernt. Andernfalls hätte er gestehen müssen, nie zuvor über dieses Thema nachgedacht oder gar diskutiert zu haben.
»Doch, das sehe ich genauso.« Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich denke, wir Erwachsenen neigen dazu, Kinder zu unterschätzen. Unter dem Vorwand, sie schützen zu wollen, belügen wir sie oder verschweigen Dinge. Dabei vergessen wir, dass Kinder ein sehr feines Gespür haben. Viel verletzender als die Wahrheit ist die Ahnung, belogen zu werden.«
Schweigend hatten Bertram und Nicole zugehört. Die Bewunderung für die weisen Worte des Klinikchefs stand beiden ins Gesicht geschrieben.
»Dann denken Sie auch, dass Leo erfahren sollte, was wirklich passiert ist?«, fragte Nicole fast schüchtern.
»Wenn Ihnen daran liegt, dass Ihr Sohn anderen Menschen und allen voran seiner Familie vertrauen kann: Ja!«
Bertram seufzte auf und wandte den Kopf ab. Sein Blick fiel aus dem Fenster hinaus in den Klinikgarten, den die ehemalige Klinikchefin Dr. Jenny Behnisch nach eigenen Plänen hatte anlegen lassen. Überall spitzte junges Grün neugierig hervor. Es war ein hoffnungsvoller Anblick, der auch Bertram Mut machte, den schweren Weg einzuschlagen.
»Können Sie mit meiner Ex-Frau sprechen? Ich denke, eine neutrale Person ist dazu besser geeignet als Nicky oder ich.«
»Trotz bester Vorsätze sind Alex und ich nach ein paar Sätzen immer kurz davon, uns die Augen auszukratzen«, gestand Nicole kleinlaut.
»Da sind wohl zu viele Emotionen im Spiel«, fügte Bertram hinzu.
Daniel Norden gefiel die Einsicht des Ehepaares. Unter diesen Voraussetzungen wollte er nur zu gern helfen.
»Wenn Sie einverstanden sind, bespreche ich das mit meiner Frau. Sie ist die Fachfrau. Alles Weitere würde ich gern ihr überlassen.«
»Natürlich! Sie haben unser volles Vertrauen.«
»Danke. Ich weiß das zu schätzen.« Daniel erwiderte Bertrams Lächeln, ehe er sich von dem Ehepaar verabschiedete. Sein nächster Weg führte ihn wieder in die Pädiatrie. Bevor er sich den Aufgaben des Tages widmete, wollte er diese Sache vom Tisch haben.
*
»Nanu, was machst du denn schon wieder hier?«, begrüßte der Pfleger Jakob den Notarzt Matthias Weigand. Gleichzeitig deutete er auf den Dienstplan an der Wand. »Du bist erst heute Nachmittag dran«, klärte er ihn auf, als ihm ein anderer Gedanke in den Sinn kam. »Oder ist dir etwa langweilig so ganz allein zu Hause? In diesem Fall hätte ich einen Tipp: Beziehungsstatus ändern! Das hilft ungemein.« Sein bewundernder Blick folgte einer jungen Lernschwester, die mit einem Packen Akten an ihnen vorbei eilte.
»Schön, dass ihr alle so besorgt um mich seid.« Matthias schnitt eine Grimasse. »Aber stell dir vor: Genau deshalb bin ich jetzt schon gekommen.« Mit diesen Worten ließ er Jakob stehen. Er hatte schon viel zu viel Zeit verschwendet. Jetzt sollte ihn nichts mehr aufhalten. Vor dem Aufzug blieb er stehen und drückte den Knopf. Während er wartete, trat er nervös von einem Bein auf das andere. Schließlich hielt er es nicht länger aus.
»Treppensteigen ist eh gesünder«, murmelte er und lief zum Treppenhaus. Zwei Stufen auf einmal nehmend, hastete er hinauf. Er hatte schon sein Ziel vor Augen und wollte eben durch die Glastür im zweiten Stock laufen, als ihm ausgerechnet die Frau entgegenkam, wegen der er es so eilig hatte.
»Ach du Sch …« Weiter kam er nicht. Der Aufprall war unvermeidlich. Er stolperte rückwärts und streckte noch haltsuchend die Hände aus.
»Matthias!« Sandras Schrei und ihr entsetztes Gesicht begleiteten seinen Sturz. Er fühlte einen harten Schlag. Dann wurde es Nacht um ihn.
Das erste, was Dr. Matthias Weigand wieder spürte, waren dröhnende Kopfschmerzen.
»O mein Gott, ich habe doch gestern gar nichts getrunken«, stöhnte er und wollte sich in seinem Bett aufrichten, als er bemerkte, dass es sich mitnichten um eine weiche Matratze, sondern um eine harte Liege handelte, auf der er bäuchlings lag.
»Wirklich nicht? Auch keine winzig kleine Flasche Bier?«, fragte eine weibliche Stimme spöttisch. »An deiner Stelle würde ich übrigens liegenbleiben. Ich glaube kaum, dass du mit halb vernähter Platzwunde herumlaufen willst.«
Stöhnend sank Matthias wieder auf seine harte Liegestatt. Die Wirklichkeit war noch viel schlimmer als der schlimmste Albtraum.
»Sandra?«, fragte er verlegen und hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Aber nur so lange, bis ihm der süße Duft eines bislang unbekannten Parfums in die Nase stieg. Gleichzeitig spürte er die Wärme eines menschlichen Körpers auf seiner Schulter. Vorsichtig öffnete er die Augen und schielt durch die Armbeuge zu seiner Kollegin hinauf. Sie beugte sich so dicht über ihn, dass er sie hätte küssen können. Um ein Haar wäre Matthias wieder in Ohnmacht gefallen.