Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Paket

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das zu intim ist, kannst du auch gern wieder Frau Dr. Neubeck sagen.«

      »Nein, nein, das ist wunderbar«, versicherte er schnell, und Sandra lachte leise.

      »Da hatte ich gestern aber einen anderen Eindruck«, erklärte sie, während sie Stich um Stich machte. »Da warst du sehr reserviert.«

      »Dafür habe ich dich heute fast umgerannt.«

      »Machst du immer Kehrtwenden um 180 Grad?« Sie verknotete den letzten Faden und schnitt ihn mit der Schere ab. »Fertig.«

      »Schade!«, entfuhr es Matthias.

      Noch einmal beugte sich Sandra über ihn, um ihre Arbeit zu kontrollieren. Sie war zufrieden und zog die Handschuhe aus. Mit zielsicherem Wurf landeten sie im Abfall. Doch statt aufzustehen, blieb sie neben ihrem Patienten sitzen und musterte ihn nachdenklich.

      »Warum hattest du es eigentlich so eilig vorhin?«

      »Ich …« Matthias hielt inne. Fee Nordens Stimme klang ihm im Ohr. Gleichzeitig spürte er in sich hinein. Das Erlebnis mit Marita reichte ihm. So etwas wollte er nicht noch einmal erleben. Doch sein Bauchgefühl gab ihm klare Anweisungen. »Ich habe dich gesucht, weil ich dich fragen wollte, ob du mit mir einen Kaffee trinken willst.«

      »Wie bitte?« Nach der Abfuhr vom vergangenen Abend hatte Sandra mit allem gerechnet. Aber nicht mit einer Einladung von Dr. Matthias Weigand. Irritiert schielte er zu ihr hinüber.

      »Kaffee. Im ›Allerlei‹«, wiederholte er seine Einladung. Augenblicklich fühlte er seine Hoffnung schwinden. »Oder ist das zu intim?«

      Sandra brach in belustigtes Lachen aus. Entgegen ihrer spontanen Absicht, ihm einen Korb zu geben, gab sie sich seiner Offenheit und seinem Sinn für Humor geschlagen. Doch ein wenig Strafe muss sein.

      »Tut mir leid«, erwiderte sie.

      Matthias fiel in sich zusammen.

      »Schade …«

      »Aber ich trinke keinen Kaffee. Wenn es auch Tee sein darf, dann gern.« Ihr belustigtes Glucksen begleitete ihre Zusage.

      Matthias hätte zu gern eingestimmt. Doch die Platzwunde erstickte dieses Bedürfnis im Keim. So begnügte er sich damit, vor sich hin zu grinsen und im Übrigen Fee Norden einen stillen Dank zu schicken. Ohne ihre Standpauke wäre er gar nicht auf die Idee gekommen, Sandra eine zweite Chance zu geben. Und so, wie es aussah, wäre das ein sehr großer Fehler gewesen.

      *

      » … in sechs bis acht Wochen die Klinik verlassen.« Felicitas Norden hatte ihre Ausführungen zu Leos weiterer Behandlung beendet und lächelte Alexa Quadt freundlich an, als es klopfte. Eine Schwester steckte den Kopf herein und teilte ihr mit, dass ihr Mann sie zu sprechen wünschte.

      »Bitte entschuldigen Sie mich kurz.« Fee nickte Alexandra zu und verließ das Büro.

      Die Unterredung dauerte nicht lange. Ihre Miene war ernst, als sie an den Schreibtisch zurückkehrte.

      Alexa erschrak.

      »Gibt es schlechte Nachrichten?« Die Angst um ihren Sohn stand ihr ins Gesicht geschrieben.

      »Keine Sorge, Leo geht es gut.«

      »Gott sei Dank.« Alexas Seufzen kam aus tiefstem Herzen. Doch das war noch nicht das gewesen, was Fee eigentlich sagen wollte.

      »Als angehende Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie möchte ich aber noch etwas mit Ihnen besprechen.«

      Alexa schluckte. »Ja?«

      Obwohl Felicitas sich schon während des kurzen Gesprächs mit Daniel Gedanken gemacht hatte, fiel ihr der Einstieg schwer. Schließlich beschloss sie, den Stier schlicht bei den Hörnern zu packen.

      »Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Leo die Wahrheit über seine Herkunft zu sagen?«

      Sie hatte kaum ausgesprochen, als sich Alexandras Augen mit Tränen füllten.

      »Sie wollen mir mein Kind wegnehmen!«, schluchzte sie auf und wollte aufspringen, als Felicitas entschieden den Kopf schüttelte.

      »Nein, natürlich nicht«, versicherte sie schnell. »Das wäre nicht in Leos Interesse. Und darum sollte es uns allen gehen. Ihnen, Ihrer Schwester und Ihrem Schwager. Und nicht zuletzt uns Ärzten.«

      Alexa zögerte. Sie war auf die äußerste Stuhlkante gerutscht, jederzeit bereit zur Flucht.

      »Wenn ich Leo sage, dass ich nicht seine Mutter bin, wird er mich für den Rest seines Lebens hassen.«

      »Natürlich wird er nicht begeistert sein«, räumte Fee ein. »Sie werden viele Gespräche führen müssen, um sein Vertrauen zurückzugewinnen. Aber er wird Ihnen auch hoch anrechnen, dass Sie sich überwunden haben und ehrlich zu ihm waren. Das wird Ihre Bindung stärken und letztlich Ihre Beziehung zueinander retten. Möglicherweise spürte er schon sein ganzes Leben lang, dass etwas nicht in Ordnung ist.« Sie machte eine kunstvolle Pause. »Aufrichtigkeit stärkt das Vertrauen von Kindern in ihre Eltern.«

      Mit ausdrucksloser Miene hatte Alexa die Worte der Ärztin angehört. Fee ahnte nicht, was in der Mutter vorging. Alexandra sagte es ihr schließlich selbst.

      »Verlangen Sie von mir, ihm ausgerechnet jetzt, in dieser schwierigen Phase, die Wahrheit zu sagen? Was, wenn Leo das nicht verkraftet? Wenn er nicht wieder gesund wird und stirbt? Dann werde ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen.«

      Mit diesen Einwänden hatte Felicitas gerechnet.

      »Im Augenblick muss er in der Tat nichts anderes als gesund werden. Aber eines Tages wird er Ihnen Fragen stellen. Wer ist der Mann, der einen Teil seiner Leber hergegeben hat? Der sein Leben für ihn riskiert hat? Wollen Sie ihn dann wieder anlügen?«

      Alexa konnte nicht sprechen. Weinend schüttelte sie den Kopf.

      Fee nutzte die Gunst der Stunde und fuhr fort.

      »Natürlich kommt es darauf an, mit welchen Worten ihm der Sachverhalt vermittelt wird. Aber keine Angst! Bei diesem schwierigen Prozess werden Sie alle von einer psychologischen Fachkraft begleitet.« Erleichtert bemerkte sie, wie sich Alexandras abwehrende Körperhaltung veränderte.

      Sie rutschte ein Stück auf dem Stuhl zurück und trocknete sich die Tränen. Eine ganze Weile sagte niemand ein Wort. Fee gab der verzweifelten Mutter die Zeit, die sie brauchte.

      »Es muss doch einen Weg geben, der für uns alle gut ist«, murmelte Alexa irgendwann. Sie starrte auf ihre Hand, in der sie das nasse Taschentuch zusammengeknüllt hatte. »Sie ahnen ja nicht, wie schwer es manchmal ist, allein all die Verantwortung für ein Kind, für unser beider Leben zu tragen. Wie oft ich mich einsam und verlassen fühle. Wie sehr ich meine Schwester vermisse. Mich danach sehne, wieder eine Familie zu haben«, gestand sie schließlich leise. »Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie Leo dieses Durcheinander je begreifen soll.«

      In diesem Moment wusste Felicitas, dass die Schlacht gewonnen war. Sie lächelte erleichtert.

      »Vielleicht war es gar nicht so schlecht, so lange geschwiegen zu haben«, versuchte sie, Alexa zu beruhigen. »Die Zeit hat

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