Messi. Luca Caioli
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Während des ersten Spiels gegen Feyenoord Rotterdam in Aichi sollte sich dieser erste Eindruck bestätigen. 15 Minuten nach dem Anstoß liegt Barcelona bereits mit einem Tor hinten. Leo fordert den Ball, tanzt vier Verteidiger und den Torhüter aus und legt Songo’o den Ball zum Einschuss vor. Hoyes kann es kaum fassen: Zum einen überrascht ihn die Großzügigkeit des Jungen, dem der Egoismus vieler anderer in seinem Alter (und darüber hinaus) fremd ist, zum anderen staunt er über dessen Klasse.
Am Ende wird man Leo zum Spieler des Turniers wählen. Diese Auszeichnung soll er noch viele Male erhalten, so beim 23. Jaume-Serra-Gedächtnisturnier in Sitges, nahe Barcelona, beim dritten Salvador-Rivas-Miró-Gedächtnisturnier in Sant Vicenç de Montalt, ebenfalls in der Nähe von Barcelona, sowie beim Torneo dell‘Amicizia, das Ende August in San Giorgio della Richinvelda in der italienischen Provinz Pordenone ausgespielt wird. Dort besiegt Barcelonas Juvenil B den AC Parma, eine Auswahl der gastgebenden Region Friaul-Julisch Venetien, Hansa Rostock, Eintracht Frankfurt und den FBC Treviso und schlägt im Finale Juventus Turin mit 4:0. Insgesamt schießt die Truppe 35 Tore. Trotzdem kann sich Leo einen verschossenen Strafstoß nicht verzeihen. Zunächst versucht Hoyes ihn mit den Worten zu trösten, dass der Torwart irgendwann seinen Kindern und Enkelkindern erzählen könne, dass er einmal einen Strafstoß des größten Spielers der Welt gehalten habe. Dann lässt er ihn täglich Strafstöße üben und erklärt ihm, dass er im Lauf einer Saison fünf- oder sechsmal vom Elfmeterpunkt antreten müsse und es jedes Mal um alles gehen könne, etwa bei einem Meisterschaftsspiel oder einem wichtigen Turnier. Diese Worte werden Leo wieder in den Kopf kommen, als Argentinien dank zweier von ihm verwandelter Strafstöße die U20-WM gewinnt.
Nichtsdestotrotz wird die erfolgreiche Partnerschaft von Hoyos und Messi – mit nur einer einzigen Niederlage gegen Real Madrid beim José-Luis-Ruiz-Casado-Sant-Gedächtnisturnier – nicht lange währen. Nach der Saisonvorbereitung ist Schluss. Denn der Vereinsvorstand hat nun keinen Zweifel mehr, dass Leo in dieser Liga unterfordert ist. Man beschließt, ihn gemeinsam mit Gerard Piqué in die Juvenil A, die Mannschaft der 17- bis 19-Jährigen, zu befördern.
Hier beginnt der kometenhafte Aufstieg des Youngsters. Im Laufe von nur einer Saison marschiert er von der B- in die A-Mannschaft. Weiter geht es zu Barça C in der Tercera División, der vierten spanischen Liga, und von dort in den Kader des ersten Reserveteams, FC Barcelona Atlètic, in der Segunda División B, Spaniens dritter Liga. Hinzu kommen sein schon geschilderter Kurzauftritt bei den Profis und die gelegentliche Rückkehr in die Juvenil, um bei seinen ehemaligen Mannschaftskameraden auszuhelfen. An dieser Stelle ist es nun an der Zeit, einen detaillierten Bericht der Highlights in allen drei Mannschaften zu geben.
Juvenil A: Messi stößt am dritten Ligaspieltag zur Mannschaft und bleibt bis Weihnachten, auch wenn er zwischendurch für einige Wochen den FC Barcelona C verstärkt. Ende Mai kehrt er in die Juvenil A zurück, um in der Copa del Rey mitzumischen. Insgesamt läuft er in elf Meisterschaftsspielen auf und erzielt dabei 18 Tore, von denen eines schlicht unglaublich ist: Die Juvenil A spielt im Finale des Turniers von Nerja gegen Real Betis Sevilla. Messi befindet sich etwa auf Höhe der Mittellinie und sieht, dass der Torwart von Betis zu weit vor dem eigenen Kasten steht. Ein harter Schuss, der Ball beschreibt einen perfekten Bogen, Tor und Sieg.
FC Barcelona C: Ende November 2003 läuft es alles andere als gut für die Mannschaft. Aus 14 Partien hat sie gerade einmal neun Punkte geholt. Also holt man Verstärkung: Messi und Alfi aus der Juvenil A. Am 29. November gewinnen sie gegen den CE Europa. Beide Jungen spielen hervorragend. Doch der schönste Augenblick kommt noch. Am 4. Januar 2004 spielt man in Santa Coloma gegen UD Atlètica Gramenet. Barça liegt mit 1:2 zurück. In der 87. Minute aber kommt Leos großer Auftritt. Ein Kopfball und ein Schuss mit links – zack, zack –, und der Floh erzielt in null Komma nichts nicht nur den Ausgleich, sondern auch den Siegtreffer für seine Mannschaft. Seine fünf Tore in zehn Spielen tragen maßgeblich zum Klassenerhalt bei. Leo aber wird in höhere Sphären wandern. Er ist zu gut für die Tercera División. Es scheint sinnvoller, ihn in einer höheren Liga zu testen, auch wenn er erst 17 Jahre alt ist.
FC Barcelona Atlètic: Am 16. März debütiert Messi in einem Heimspiel gegen den CE Mataró. Trainer Pere Gratacós bestätigt, dass er ein besonderes Training absolvierte, weil er auf ältere, größere, stärkere und erfahrenere Spieler treffen würde. Dennoch verblüfft es den Coach, wie leicht es dem Jungen fällt, zwischen den verschiedenen Mannschaften, Mannschaftskollegen, Trainern und Spielsystemen hin und her zu wechseln und dabei alles zu geben. Leo bestreitet fünf Spiele, doch nur das erste endet mit einem Sieg. Allerdings, so Gratacós, musste Leo sich zunächst akklimatisieren und konnte erst später zeigen, was er drauf hatte. Messi gewöhnt sich an die Liga und ist im Spiel gegen den FC Girona bester Mann auf dem Platz. Dennoch geht es zunächst einmal kurz zurück zu Juvenil B. „Andere hätten herumgemosert, nicht aber Leo“, sagt Juan Carlos Pérez Rojo, sein Jugendtrainer. „Als die Juvenil B ihn brauchte, sagte er sofort zu.“
Es sind die letzten drei Spiele der Meisterschaft 2003/04. Drei Mannschaften kämpfen noch um den Titel: Espanyol, Barça und CE Premià de Mar. Am 15. April findet das entscheidende Aufeinandertreffen mit Espanyol statt. Wenn Espanyol das Spiel nach Hause fährt, sind sie nur noch einen Schritt vom Titel entfernt. Im Gegensatz dazu kann Barça sich keine Niederlage leisten, wenn sie sich bis zum letzten Spieltag alle Optionen offenhalten wollen. Also zaubert Leo ein brillantes Spiel aus dem Hut. Als der Gegner 1:2 hinten liegt und in seinen verzweifelten Versuchen, den Ausgleich zu erzielen, immer gefährlicher wird – da gibt Messi seine ganz eigene Antwort und schießt ein Tor, das die Partie unter Dach und Fach bringt.
Zwei Wochen darauf feiert die Mannschaft den Titel. Seine 36 Pflichtspiel- und 50 Freundschaftsspieltore haben einen enormen Wert und sind nicht zuletzt ausschlaggebend für seinen ersten Profivertrag. Angesichts der vielen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vereinsvorstand und Jorge Messi, der sich persönlich um die Angelegenheit kümmert, verlaufen die Verhandlungen nicht gerade reibungslos. Schließlich aber einigt man sich. Barças Bosse wissen genau, dass Leo woanders nur zu willkommen ist, sollte er die Stadt verlassen. In den Turbulenzen nach dem Rücktritt Joan Gasparts haben sie bereits Cesc Fàbregas an Arsenal London verloren. Eine Wiederholung dieser Geschichte wollen sie dann doch lieber vermeiden.
Kapitel 11
Die Videokassette
29. Juni 2004
Hugo Tocalli erzählt folgende Geschichte: „Sie brachten mir eine Videokassette von einem Jungen, der beim FC Barcelona spielte. Was er konnte, fand ich wirklich toll, aber … in solchen Fällen habe ich immer die Sorge, dass die Kassette von irgendeinem Spielervermittler stammt. Außerdem war der Junge noch nicht sehr alt … Also sagte ich mir, nein … ich warte noch eine Weile. Erst mal reise ich mit der U17 nach Finnland. Wenn ich wieder da bin, finde ich dann mehr über diesen Spieler heraus. Alle erzählten sie mir Großartiges über ihn. Also traf ich mich mit Grondona [dem Präsidenten des argentinischen Fußballverbands AFA] und arrangierte, den Jungen in zwei Freundschaftsspielen