Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Das Dekameron - Джованни Боккаччо

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so kam eine solche Scham über ihn, daß sie seine bisherige Sinnesart nahezu umzukehren vermochte, und er sagte: „Ja, Herr Guiglielmo, ich will sie malen lassen, und zwar so, daß weder Ihr noch sonst jemand Grund haben soll, zu sagen, ich hätte sie weder gesehen noch gekannt.“ Und so viel Kraft hatten Guiglielmos Worte, daß er von diesem Tage an der freigebigste und höflichste Edelmann ward und unter allen, die zu seiner Zeit in Genua lebten, derjenige wurde, der Fremden und Einheimischen am meisten Ehre erwies.

      NEUNTE GESCHICHTE

      Aus dem schwachen König von Zypern wird durch den Spott einer Edeldame aus der Gaskogne ein entschlossener Herrscher.

      Der letzte Befehl der Königin war für Elisa verblieben, und diese begann, ohne ihn abzuwarten, mit freundlicher Miene:

      Schon oft ist es geschehen, daß ein einziges, mit Absicht oder durch Zufall geäußertes Wort bei jemandem auszurichten vermochte, was mancherlei Tadel und häufige Strafen nicht erreicht hatten. Davon gab uns die Geschichte Laurettas ein schlagendes Beispiel, und ich will euch das gleiche in einer kurzen Erzählung dartun. Denn gute Geschichten können uns immer förderlich sein, und darum soll man ihnen immer aufmerksam zuhören, wer immer auch der Erzähler ist.

      So sage ich denn, daß zu den Zeiten des ersten Königs von Zypern, nach der Eroberung des Heiligen Landes durch Gottfried von Bouillon, eine Edeldame, von der Pilgerfahrt nach dem Heiligen Grabe heimkehrend, Zypern besuchte und von einigen ruchlosen Leuten auf empörende Weise beleidigt ward. Sie konnte sich ob dieses Frevels nicht zufriedengeben und war gesonnen, den König selbst anzurufen. Doch einer ihrer Bekannten sagte ihr, sie werde sich nur vergebliche Mühe machen. Der König führe ein so kleinmütiges und unwürdiges Leben, daß er, weit davon entfernt, den anderen angetanen Schimpf gerecht zu rächen, ihm selbst zugefügte Schmach mit schnöder Feigheit ertrage, so daß, wer irgendeinen Verdruß gehabt habe, seinen Unmut in Beleidigungen und Hohn gegen den König auslasse.

      Als die Dame dies vernahm, gab sie es auf, Rache zu verlangen, und wollte nur, um ihren Zorn einigermaßen zu befriedigen, diesen König wegen seiner niedrigen Gesinnung noch verspotten. Weinend trat sie vor ihn hin und sagte: „Herr, ich komme nicht zu dir, um Rache für die Beleidigung zu erlangen, die mir widerfahren ist. Statt aller Vergeltung für diese bitte ich dich nur, mir zu sagen, wie du es anfängst, um die vielen Kränkungen zu ertragen, die man dir antut. Dann werde ich, von dir belehrt, die meinige geduldig hinnehmen, während ich sie jetzt, der Himmel weiß es, dir gern schenkte, weil du dergleichen so gut zu ertragen weißt.“

      Als wäre er vom Schlaf erwacht, fing der König, der bis dahin untätig und träge gewesen war, damit an, den der Dame angetanen Schimpf aufs nachdrücklichste zu rächen, und von diesem Tage an wurde er ein strenger Verfolger eines jeden, der sich irgendwie gegen die Ehre seiner Krone auch nur das mindeste verging.

      ZEHNTE GESCHICHTE

      Meister Alberto von Bologna beschämt auf feine Weise eine Dame, die ihn wegen seiner Liebe zu ihr beschämen wollte.

      Elisa schwieg, und des Erzählens letzte Pflicht blieb bei der Königin, die mit sicherer Stimme also zu reden begann:

      Wie in hellen Nächten die Sterne den Himmel und im Frühling die Blumen den grünen Anger zieren, so gereichen guten Sitten und heiteren Gesprächen zierliche Witzworte zum Schmucke. Um ihrer Kürze willen schicken sie sich besser für uns Frauen als für Männer, denn viel und lange zu reden ist, wenn es sich vermeiden läßt, für Frauen noch unziemlicher als für Männer.

      Heutzutage freilich ist, zu unserer, und aller Jetztlebenden allgemeinen Schande, kaum noch ein Frauenzimmer zu finden, das feinen Witz verstünde, oder wenn es ihn ja versteht, darauf zu antworten wüßte. Denn den Scharfsinn, welchen der Frauen Geist in der Vorzeit offenbarte, haben die neueren auf den Putz ihres Leibes verwandt, und die, welche sich mit dem buntesten von Zierat und Streifen geschmückten Gewand bekleidet, meint, sie müsse den übrigen um vieles vorgezogen werden und sei höherer Ehren wert. Doch sie bedenkt nicht, daß ein Esel, wenn jemand die Mühe des Aufladens übernehmen wollte, hundertmal mehr solchen Putz tragen könnte als sie, und dennoch nicht mehr Ehre verdiente, als einem Esel gebührt. Wohl schäme ich mich, das auszusprechen, denn ich kann nichts wider die andern sagen, ohne auch mich zu tadeln. Diese geputzten, bemalten und bunten Weiber stehen entweder stumm und verständnislos da wie Steinbilder oder sie beantworten an sie gerichtete Fragen so, daß es besser wäre, wenn sie geschwiegen hätten. Dabei wollen sie sich einreden, ihr Ungeschick, mit andern Mädchen oder gesitteten Männern zu reden, sei eine Folge ihrer Seelenreinheit, und geben ihrer Einfalt den Namen Sittsamkeit, als ob nur die Frau sittsam zu nennen wäre, die mit niemandem als der Magd, der Wäscherin und der Bäckersfrau redet. Wäre dies, wie sie sich einbilden, die Absicht der Natur gewesen, so hätte sie anderweitig ihrem leeren Geschwätz Grenzen gesetzt. Allerdings soll man beim Witzwort, wie bei anderen Dingen, auch Zeit und Ort und die Person, mit der man redet, im Auge haben, denn schon öfter ist es geschehen, daß eine Frau oder ein Mann in der Meinung, jemanden durch scherzhafte Reden in Verlegenheit zu setzen, die Beschämung, die sie jenem zugedacht, auf sich selbst zurückfallen sahen, weil sie ihre Kräfte denen des andern gegenüber nicht richtig eingeschätzt hatten. Damit ihr, liebe Mädchen, euch nun davor zu hüten wißt, damit überdies bei euch das Sprichwort nicht zutreffe, daß, wie man überall hört, die Frauen in allen Dingen stets den kürzeren ziehen, so soll euch diese letzte der heutigen Geschichten, die von mir erzählt werden muß, gewitzigt machen, damit ihr euch so wie durch Adel der Gesinnung auch durch Feinheit der Sitte vor ihnen auszeichnet.

      Noch nicht viele Jahre sind verstrichen, seit in Bologna ein trefflicher und fast in der ganzen Welt hochberühmter Arzt mit Namen Meister Alberto lebte, ja vielleicht lebt er heute noch. Dieser war von so edlem Geiste, daß er noch in seinem hohen Alter von fast siebzig Jahren, wo der Körper schon fast alle natürliche Wärme verloren hatte, den Flammen der Liebe den Eingang in sein Herz nicht verweigerte, als er auf einem Fest eine wunderschöne Witwe sah, die, wie einige berichten, Madonna Margherita de’ Ghisolieri hieß. In dem Wohlgefallen, das er an ihr fand, nahm er jene Glut nicht anders als ein Jüngling in die betagte Brust auf, so daß er keine Nacht ruhig schlafen zu können glaubte, wenn er am Tage das anmutige und zarte Gesicht der schönen Dame nicht gesehen hatte.

      Aus diesem Grunde begann er sich, je nachdem es sich fügte, bald zu Pferde und bald zu Fuß vor dem Hause der Dame sehen zu lassen. Diese sowohl als mehrere andere Frauen wurden auf solche Weise gewahr, was ihn dort so häufig vorüberzukommen veranlaßte, und oft spotteten sie miteinander, daß ein an Jahren und Erfahrungen so reicher Mann verliebt sei, als ob nach ihrer Meinung die holde Leidenschaft der Liebe allein in den törichten Herzen der Jünglinge und sonst nirgendwo Raum finden und dort verweilen könne.

      Meister Alberto fuhr indes fort, vor dem Hause der Dame vorüberzugehen, und so geschah es, daß an einem Feiertage, wo sie mit anderen Frauen vor der Tür saß, sie alle miteinander sich vornahmen, den Meister Alberto, den sie schon von weitem hatten kommen sehen, zum Verweilen einzuladen und ehrenvoll aufzunehmen, dann aber ihn wegen dieser seiner Liebe zu necken. So taten sie auch wirklich. Als er kam, standen sie alle auf, luden ihn zu sich ein und führten ihn in einen kühlen Hof, wo sie ihn mit feinen Weinen und Backwerk bewirteten. Zuletzt aber befragten sie ihn mit artigen und wohlgesetzten Worten, wie er sich in diese schöne Dame habe verlieben können, da er doch wisse, von wie vielen schönen, wohlgesitteten und adeligen jungen Männern sie geliebt werde.

      Als der Meister sah, daß man ihn auf feine Weise aufziehen wollte, nahm er eine heitere Miene an und entgegnete: „Madonna, daß ich liebe, kann keinen Verständigen in Verwunderung setzen, und daß ich gerade Euch zum Gegenstand dieser Liebe erwählt habe, erst recht nicht, denn Ihr verdient es. Und obgleich nach dem Naturgesetz alten Männern die Kraft zum Liebesspiel schwindet, so fehlt es ihnen darum weder am guten Willen noch an der Fähigkeit zu unterscheiden, was der Liebe würdig ist. Vielmehr weiß das reife Alter

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