Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Das Dekameron - Джованни Боккаччо

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auf ein Mittel sannen, ihn den Händen des Volkes zu entreißen, das ohne den Ausweg, den Marchese schnell ergriff, ihn sicher umgebracht hätte. Da nämlich die ganze Truppe der Stadtobrigkeit dort eben zur Stelle war, suchte Marchese, so schnell er konnte, den auf, der sie im Namen des Stadtvogts kommandierte, und sagte: „Um Gottes willen, helft mir. Hier ist ein Spitzbube, der mir einen Geldbeutel mit wohl hundert Goldgulden abgenommen hat. Ich bitte Euch, nehmt ihn fest, damit ich wieder zu meinem Geld komme.“ Sowie sie das gehört hatten, liefen sogleich ein Dutzend Landsknechte dahin, wo der unglückliche Martellino ohne Kamm gestriegelt wurde, entrissen ihn zerschlagen und zerstoßen dem Haufen, den sie mit der größten Mühe von der Welt durchbrochen hatten, und führten ihn aufs Stadthaus. Viele von denen, die sich durch ihn beschimpft glaubten, gingen mit, und als sie hörten, daß er als Beutelschneider gefangen sei, sagten sie in der Meinung, keinen besseren Grund finden zu können, um ihm ein schlimmes Ende zu bereiten, alle miteinander, er habe auch ihnen ihr Geld abgenommen.

      Als der Richter des Stadtvogts, der ein gestrenger Mann war, diese Beschuldigungen vernahm, führte er ihn sogleich beiseite und fing ihn zu befragen an. Martellino aber antwortete mit Späßen, als ob er die Verhaftung für nichts achtete. Darüber erzürnt, ließ der Richter ihn an das Seil binden und ein paarmal tüchtig aufziehen, um ihn zum Geständnis zu bringen und nachher hängen lassen zu können. Als Martellino wieder zu Boden gelassen ward und der Richter ihn fragte, ob wahr sei, was jene wider ihn vorbrächten, antwortete er, da ihm das Leugnen doch nichts half: „Herr, ich bin bereit, die Wahrheit zu gestehen. Laßt Euch aber von einem jeden, der mich beschuldigt, angeben, wann und wo ich ihm sein Geld genommen habe, dann werde ich Euch sagen, was ich getan habe und was nicht.“ „Gut“, erwiderte der Richter, „ich bin’s zufrieden.“ Nun ließ er einige rufen. Der eine versicherte, Martellino habe ihm vor acht Tagen den Geldbeutel gestohlen, ein anderer vor sechs, ein anderer vor vier Tagen, und wieder ein anderer an jenem Tage selbst.

      Als Martellino dies vernahm, sagte er: „Herr, nun seht Ihr, daß sie alle in ihren Hals hinein lügen! Wie sehr ich aber die Wahrheit sage, geht daraus hervor, daß ich erst vor ein paar Stunden diese Stadt zum erstenmal betreten habe, die ich nie gesehen zu haben wünschte. Kaum angekommen, ging ich zu meinem Unglück, um mir den heiligen Leichnam anzusehen, und bei der Gelegenheit bin ich so zerzaust worden, wie Ihr’s mir noch ansehen könnt. Daß es sich wirklich so verhält, werden Euch der Beamte, der die Anmeldungen entgegennimmt, das Fremdenbuch und mein Wirt bezeugen können. Findet Ihr nun, daß ich Euch die Wahrheit gesagt habe, so bitte ich Euch, mich nicht nach dem Verlangen dieser Bösewichte zu martern und hinzurichten.“

      Während Martellinos Angelegenheiten so standen, hatten Marchese und Stecchi bereits vernommen, daß der Richter des Stadtvogts streng mit ihm verfahren war und ihn an das Seil hatte binden lassen. Darum wurde ihnen gar bange, und sie sagten zueinander: „Das haben wir übel angefangen. Wir haben ihn aus der Pfanne geholt und ins Feuer geworfen.“ So liefen sie in großer Besorgnis umher, suchten ihren Wirt auf und erzählten ihm, wie alles zugegangen sei. Der führte sie lachend zu einem gewissen Sandro Agolanti, der damals in Treviso wohnte und bei dem Herrn der Stadt viel galt. Als der Wirt diesem alles der Reihe nach erzählt und gemeinschaftlich mit jenen ihn gebeten hatte, sich des Martellino anzunehmen, ging Sandro unter vielem Lachen zu dem Herrn und brachte es dahin, daß nach dem Martellino geschickt wurde. Die herrschaftlichen Boten fanden ihn noch im Hemde voller Furcht und Zittern vor dem Richter stehen; denn dieser wollte nicht allein auf keine Entschuldigung hören, sondern weigerte sich auch hartnäckig, ihn dem Herrn auszuliefern, weil er aus einem zufällig gegen die Florentiner gefaßten Widerwillen aufs bestimmteste gesonnen war, ihn henken zu lassen. Zuletzt mußte man ihn wider seinen Willen zwingen, den Gefangenen herauszugeben.

      Als Martellino dem Herrn gegenüberstand, erzählte er ihm alles nach der Ordnung und bat sich dann von ihm als höchste Gnade aus, daß er ihn gehen lasse; denn bevor er nicht wieder in Florenz wäre, glaubte er noch immer den Strick an der Kehle zu fühlen. Der Herr lachte über diese Begebenheit unmäßig und schenkte jedem von ihnen einen Anzug. Sie aber kehrten, aus so großer Gefahr unverhofft gerettet, heil und gesund in ihre Heimat zurück.

      ZWEITE GESCHICHTE

      Rinaldo von Asti kommt, von Räubern ausgeplündert, nach Castel Guiglielmo, wo er von einer Witwe beherbergt und für seinen Unfall schadlos gehalten wird, und dann unversehrt nach Hause zurückkehrt.

      Über die Schicksale des Martellino, wie Neifile sie erzählt hatte, lachten die Mädchen von ganzem Herzen; unter den Männern am meisten aber Filostrato, den die Königin, weil er der Neifile zunächst saß, als nächsten Erzähler bestimmte. Er begann ohne das mindeste Zögern wie folgt:

      Schöne Damen, eine aus Frömmigkeit, Unglück und Liebe gemischte Geschichte kommt mir eben in den Sinn und will erzählt sein. Sie mit angehört zu haben, kann nur nützlich sein, am meisten aber für diejenigen, welche im unsicheren Reiche der Liebe reisen, wo, wer nicht das Vaterunser des heiligen Julianus gesprochen, oft schlecht beherbergt ist, wenn er auch ein gutes Bett hat.

      Zu der Zeit des Markgrafen Azzo von Ferrara nämlich war ein Kaufmann namens Rinaldo von Asti seiner Geschäfte wegen nach Bologna gekommen und kehrte nun, nachdem er sie beendigt hatte, wieder heim. Da geschah es, daß er, gegen Verona reitend und kaum aus Ferrara hinausgekommen, auf einige Menschen traf, die ihm Kaufleute zu sein schienen, in Wirklichkeit aber Wegelagerer waren und ein ruchloses Leben führten. Er war unvorsichtig genug, sich in Gespräche mit ihnen einzulassen und sich ihnen anzuschließen. Sie aber beschlossen, als sie gewahr wurden, daß er ein Kaufmann war, und meinten, daß er Geld bei sich haben müsse, ihn bei der ersten günstigen Gelegenheit auszuplündern. Zu diesem Zwecke und damit er keinerlei Verdacht schöpfen sollte, redeten sie mit ihm, wie gesittete Leute von guter Herkunft, nur von anständigen und ehrbaren Dingen und benahmen sich, so gut sie nur wußten und konnten, freundlich und bescheiden gegen ihn. Rinaldo dagegen, der mit einem berittenen Diener allein reiste, schätzte es als großes Glück ein, sie gefunden zu haben.

      Wie es nun in den Gesprächen zu geschehen pflegt, traf es sich, daß sie in der Unterhaltung, die sie während des Reitens führten, von einem Gegenstand auf den andern verfielen und unter anderm auch auf die Gebete zu sprechen kamen, mit denen sich die Menschen an Gott wenden. Da sagte einer der Wegelagerer, deren es drei waren, zu Rinaldo gewandt: „Und Ihr, werter Herr, was für ein Gebet pflegt denn Ihr unterwegs zu sagen?“ „Ich bin in solchen Dingen einfältig und unerfahren“, erwiderte Rinaldo, „und weil ich nach alter Weise sacht fortlebe, habe ich nicht viel Gebete zur Hand und lasse den Groschen zwölf Pfennige gelten. Doch habe ich auf Reisen immer die Gewohnheit gehabt, des Morgens, wenn ich das Wirtshaus verlasse, ein Vaterunser und ein Avemaria für die Seelen des Vaters und der Mutter des heiligen Julianus zu beten. Und dann bitte ich Gott und diesen Heiligen, mir für die nächste Nacht eine gute Herberge zu geben. Nun bin ich in meinem Leben schon oft genug unterwegs in großer Gefahr gewesen, bin aber immer noch glücklich davongekommen und am Abend bei ordentlichen Leuten gut beherbergt worden. Darum habe ich auch den festen Glauben, daß der heilige Julianus, dem zu Ehren ich jene Gebete spreche, mir diese Gnade von Gott ausgewirkt hat, und ich glaubte, den Tag über eine schlechte Reise zu haben und am Abend kein gutes Unterkommen zu finden, hätte ich sie einmal des Morgens nicht gebetet.“

      Darauf sagte der, welcher ihn gefragt hatte: „Habt Ihr denn auch heute morgen dieses Vaterunser gebetet?“ „Gewiß“, antwortete Rinaldo. Der andere aber, der schon wußte, was im Werke war, sprach bei sich selbst: „Du wirst’s noch brauchen können, denn wenn uns nichts dazwischen kommt, denke ich, sollst du wohl eine schlechte Herberge haben.“ Dann sagte er laut: „Ich bin doch auch schon viel herumgereist, und obgleich ich’s oftmals habe loben hören, habe ich niemals gebetet. Dennoch hat sich’s noch nie geschickt, daß ich andere als gute Herberge gehabt hätte, und heute abend werdet Ihr ja noch sehen, wer besser herbergen wird, Ihr, der Ihr gebetet habt, oder ich, der ich’s nicht getan habe. Freilich bediene ich mich statt dessen des Dirupisti oder des Intemerata oder auch des De profundis, welche, wie meine Großmutter zu sagen pflegte, von ausnehmender Kraft sind.“

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