Das Dekameron. Джованни Боккаччо
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Alessandro war ein junger Mann von schönem Wuchs und einnehmenden Gesichtszügen und so wohlgesittet und unterhaltend, als man es nur sein kann. In der Tat gefiel er dem Abt im ersten Augenblick auf eine so erstaunliche Weise, wie ihm nie zuvor etwas anderes gefallen hatte. Er rief ihn zu sich, fing freundlich mit ihm zu reden an und fragte ihn, wer er sei, woher er komme und wohin er gehe. Alessandro gab ihm auf seine Fragen volle Auskunft, eröffnete ihm unverhohlen seine ganze Lage und erbot sich, so gering auch seine Kräfte seien, zu jedem Dienste. Als der Abt diese verständige und wohlgesetzte Antwort hörte, als er Alessandros feine Bildung im einzelnen genauer beobachtete und bei sich selbst erwog, daß jener, ungeachtet seines niedrigen Geschäfts, dennoch ein Edelmann sei, wurde sein Wohlgefallen an ihm immer lebhafter. Voll Mitleid mit seinen Unglücksfällen ermunterte er ihn zutraulich und hieß ihn gute Hoffnung hegen; denn wenn er nur ein wackerer Mann sei, werde Gott ihn wieder an dieselbe Stelle, von welcher er ihn verstoßen habe, ja vielleicht an eine noch höhere setzen. Übrigens bat er ihn, da seine Reise nach Toskana gerichtet sei und auch er ein gleiches Ziel habe, ihm unterwegs Gesellschaft zu leisten. Alessandro dankte für so freundlichen Zuspruch und erklärte sich zu allem bereit, was jener ihm beföhle.
Von neuen Empfindungen bewegt, die der Anblick Alessandros in ihm geweckt hatte, setzte der Abt seine Reise fort, und nach einigen Tagen langte die Gesellschaft in einem Dorfe an, das mit Wirtshäusern gar spärlich versehen war. Da jedoch der Abt eben hier einkehren wollte, veranlaßte ihn Alessandro, im Hause eines Wirts abzusteigen, mit dem er von früherer Zeit her befreundet war, und sorgte dafür, daß ihm ein Zimmer gerichtet wurde, das unter allen im Hause noch am mindesten unbequem gelegen war. Alessandro war ohnehin eine Art Haushofmeister des Abtes geworden, und in dieser Eigenschaft brachte er das übrige Gefolge, so gut er konnte, in den benachbarten Häusern unter, wo er ebenfalls wohlbekannt war.
Als nun der Abt zu Abend gespeist hatte und es schon so spät in der Nacht geworden war, daß alle Leute sich schlafen gelegt hatten, fragte Alessandro den Wirt, wo er selber schlafen könne. „Das weiß ich wirklich nicht“, antwortete der Wirt. „Du siehst, alles ist besetzt, und kannst dich überzeugen, daß meine Angehörigen auf den Bänken schlafen. In der Stube des Abts wären freilich noch einige Kornladen; da könnte ich dich hinführen, ein paar Betten darauflegen, und wenn dir’s recht wäre, würdest du die Nacht, so gut es gehen will, darauf schlafen.“ Alessandro entgegnete: „Wie soll ich jetzt noch in des Abtes Stube gehen, die überdies so klein ist, daß keiner seiner Mönche darin hat schlafen können? Hätte ich’s gewußt, ehe die Vorhänge zugezogen wurden, so hätte ich auf dem Kornkasten ein paar Mönche schlafen lassen und wäre selbst dahin gegangen, wo die jetzt sind.“ Darauf sagte der Wirt: „Es ist doch nun einmal so, und du findest dort, wenn du willst, das beste Lager von der Welt. Der Abt schläft, und die Vorhänge sind zugezogen. Ich bringe dir in aller Stille ein Kissen, und du schläfst da.“ Als Alessandro sah, daß die Sache sich einrichten ließ, ohne dem Abt beschwerlich zu fallen, willigte er ein und legte sich so leise wie möglich zurecht.
Der Abt aber schlief noch nicht, sondern hing seinem neuerregten Verlangen leidenschaftlich nach und hatte alles gehört, was Alessandro und der Wirt miteinander gesprochen, und wo jener sich niedergelegt hatte. In seinem Innern hocherfreut, sagte er zu sich selber: „Gott hat mir Gelegenheit zur Erfüllung meiner Wünsche gegeben. Wenn ich sie vorübergehen lasse, wird für lange Zeit eine ähnliche nicht so leicht wiederkommen.“ Entschlossen also, sie zu nutzen, rief er, sobald alles im Hause still zu sein schien, den Alessandro mit leiser Stimme und forderte ihn auf, sich zu ihm ins Bett zu legen. Alessandro widerstrebte anfangs, dann aber entkleidete er sich und legte sich nieder. Sogleich legte der Abt ihm die Hand auf die Brust und begann ihn nicht anders zu betasten, als es lüsterne Mädchen bei ihren Liebhabern tun. Alessandro war darüber nicht wenig erstaunt und dachte, den Abt treibe vielleicht eine schändliche Liebe, ihn also zu betasten. Dieser erriet indes, entweder aus Alessandros Benehmen oder aus innerer Ahnung, diesen Verdacht, zog rasch das Hemd aus, das er noch anhatte, ergriff die Hand des jungen Mannes, legte sie auf seine Brust und sagte: „Alessandro, verbanne deinen törichten Wahn und erkenne hier, was ich bisher verbarg.“ Alessandros Hand hatte inzwischen auf der Brust des Abtes zwei runde, feste und zarte Hügel entdeckt, die sich nicht anders anfühlten, als seien sie von Elfenbein, und kaum hatte er diese gefunden und sogleich erkannt, daß er neben einem Mädchen lag, so hatte er es auch, ohne eine weitere Aufforderung abzuwarten, in den Arm genommen und wollte es schon zu küssen anfangen, als es ihn mit folgenden Worten unterbrach:
„Ehe du mir näherkommst, höre erst, was ich dir sagen will. Ich bin, wie du dich überzeugt haben wirst, ein Mädchen und kein Mann. Als Jungfrau habe ich meine Heimat verlassen und habe zum Papst reisen wollen, damit er mich vermähle. Zu deinem Glück oder vielmehr zu meinem Unstern bin ich vor einigen Tagen, als ich dich zum ersten Male sah, in solcher Liebe zu dir entbrannt, daß vielleicht nie ein Weib einen Mann heftiger geliebt hat. Deshalb habe ich beschlossen, lieber dich als irgendeinen andern zum Manne zu nehmen. Willst du mich aber nicht zur Frau, so verlasse mich augenblicklich und kehre wieder zu deiner Schlafstelle zurück.“
Obwohl Alessandro sie nicht kannte, so schloß er doch mit Rücksicht auf die Gesellschaft, in der sie reiste, sie müsse vermögend und von gutem Stande sein, und daß sie schön war, sah er selbst. So antwortete er denn, ohne sich eben lange zu besinnen, wenn es ihr lieb sei, so sei es ihm höchst erwünscht. Nun setzte sie sich im Bett auf, gab ihm einen Ring in die Hand und befahl ihm, sich vor einem Bilde, das dort hing und auf welchem unser Heiland abgebildet war, ihr zu verloben. Dann umarmten sie sich und ergötzten sich während des übrigen Teils der Nacht aneinander, zu großer beiderseitiger Lust. Als der Tag anbrach und beide sich über ihr künftiges Betragen verabredet hatten, stand Alessandro auf und verließ die Stube, so wie er hereingekommen war, ohne daß jemand erfuhr, wo er in dieser Nacht geschlafen hatte. Dann machte der Abt sich hochvergnügt mit seiner Gesellschaft wieder auf den Weg, und nach einer Anzahl Tagereisen kamen sie endlich in Rom an.
Kaum hatten sie sich hier einige Tage ausgeruht, so wartete der Abt mit den beiden Edelleuten und mit Alessandro dem Papste auf und fing nach der geziemenden Begrüßung also zu reden an: „Heiliger Vater, Euch muß es besser als jedem andern bekannt sein, daß, wer rechtlich und ehrbar leben will, nach Kräften jeden Anlaß vermeiden muß, der ihn anders zu handeln verleiten könnte. Da ich nun gesonnen bin, solcherart zu leben, bin ich, um jener Regel vollkommen zu genügen, in der Tracht, in der ich vor Euch stehe, vom Hofe meines Vaters, des Königs von England, geflohen und habe einen großen Teil seiner Schätze mit mir genommen. Dieser wollte mich nämlich, so jung ich bin, an den König von Schottland, einen steinalten Herrn, verheiraten. Ich aber habe mich hierher auf den Weg gemacht, damit Eure Heiligkeit mich vermählen möge. Auch hat mich nicht sowohl das Alter des Königs von Schottland zur Flucht bewogen, als die Furcht, ich könnte infolge meiner jugendlichen Schwäche mich nach meiner Heirat wider die göttlichen Gesetze und. wider die Ehre des königlichen Blutes versündigen. Während ich nun in solcher Absicht hierher reiste, hat mir Gott, der allein vollkommen weiß, was einem jeden not tut, nach seiner Barmherzigkeit den vor die Augen geführt, der, wie ich glaube, nach seinem Willen mein Gemahl sein soll, und das ist dieser junge Mann“ — dabei zeigte sie auf Alessandro —, „den Ihr hier an meiner Seite seht und dessen edle Sitten und wackeres Benehmen jeder noch so hochgeborenen Dame würdig sind, wenn