Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman). Karl May

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Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman) - Karl May

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vollständig zu bewahren.

      »Das wäre ja Wahnsinn!« antwortete er achselzuckend.

      »Auch der Wahnsinnige hält seine Einbildungen für Wahrheit. Wir werden immerhin auf etwas Derartiges gefaßt sein müssen. Doch bitte, fahren Sie weiter fort!«

      »Ich habe nichts hinzuzufügen. Ich traf unterwegs auf Gensdarme und Grenzbeamte, welche das Weitere wissen.«

      »Würden Sie bereit sein, Ihre Aussage zu beschwören?«

      »Wort für Wort!«

      »Man wird es von Ihnen verlangen. Doch, apropos, wissen Sie bereits daß auch Ihr Cousin, Baron Otto von Helfenstein, ermordet worden ist?«

      »Ja. Ich habe diese zweite Mordthat vor zehn Minuten durch einen der Diener erfahren.«

      »Haben Sie Verdacht auf irgend Jemand?«

      »Nein.«

      »Sie sagten, daß gestern Brandt auch mit dem Baron einen Wortwechsel gehabt habe?«

      »Einen sehr heftigen; es ist schon mehr als ein Wortwechsel gewesen; der Hauptmann erzählte mir, daß mein Cousin dem Menschen das Schloß verboten habe.«

      »Wäre es nicht möglich, daß er dennoch Zutritt gefunden haben könnte?«

      Franz von Helfenstein wiegte den Kopf hin und her und antwortete:

      »Hm! Er hat ihn gefunden!«

      »Wie? Wirklich? Er ist im Schlosse gewesen?«

      »Ich erfuhr es vorhin ganz zufällig.«

      »Wann soll es gewesen sein?«

      »Kurz nach Mitternacht.«

      Der Vorsitzende schaute nach dem Arzte hinüber und fragte:

      »Und wann meinen Sie, daß die That geschehen sei?«

      »Wenig vor und auch nicht viel nach Mitternacht,« antwortete der Gefragte im Tone der Sicherheit.

      »Was hat Brandt um diese Zeit im Schlosse zu thun gehabt?« fragte der Amtmann den Baron weiter.

      »Er ist bei meinem Cousin gewesen.«

      »Können Sie dies beweisen?«

      »Durch mehrere Zeugen, denen er selbst es mitgetheilt hat.«

      »Wer sind diese Zeugen?«

      »Die Zofe Ella und einige andere Domestiken, welche Sie sich von der Zofe nennen lassen können.«

      »Ich bin mit meinen Fragen zu Ende. Haben Sie noch etwas zu bemerken, zu berichtigen oder hinzuzufügen?«

      »Nein.«

      »So nehmen Sie unseren Dank für Ihre Bereitwilligkeit, uns die erbetene Auskunft zu ertheilen.«

      Der Baron nickte vornehm mit dem Kopfe und entfernte sich.

      Jetzt nun wurde die Zofe geholt. Sie wußte von einem Liebesverhältniß zwischen Brandt und ihrer Herrin nicht das Mindeste; aber sie erzählte, daß der Angeklagte nach Mitternacht bei dem Barone gewesen sei. Sie war wegen des Todes ihres Bruders über Brandt so ergrimmt, daß sie ihm nur schaden konnte.

      Auch das weitere Zeugenverhör führte zur bestimmten Annahme, daß er der Mörder sei. Zu Allerletzt sollte auch Alma geholt werden; aber sie war zu schwach, zu kommen und ließ die Herren zu sich bitten. Sie lag, bleich wie der Tod, auf einem Ruhebette und vermochte nur mit leiser Stimme ihre Aussagen abzugeben.

      Der Amtmann wollte sie möglichst schonen, mußte aber doch nach Dingen fragen, welche sie lieber umgangen gehabt hätte. Sie stimmte in ihrer Darstellung des Mordes an dem Hauptmanne mit der Erzählung ihres Cousins überein. Sie gab auch zu, von Brandt selbst gehört zu haben, daß er um Mitternacht bei ihrem Vater gewesen sei und mit ihm gesprochen habe.

      »Sie halten ihn also für den Mörder des Hauptmannes?« fragte der Amtmann.

      »Ich bin leider dazu gezwungen.«

      »Und auch für den Mörder Ihres Vaters?«

      Sie blickte, abermals auf's heftigste erschrocken, auf.

      »Meines Vaters?« fragte sie, indem das reine Entsetzen aus ihrem Auge blickte. »Fällt auch da der Verdacht auf ihn?«

      »Ja. Er hat den abhanden gekommenen Zimmerschlüssel in seiner Tasche gehabt.«

      »O Gott, o mein Gott!« jammerte sie. »Das wäre zu viel, mehr als ich ertragen könnte. Nein, so ein Ungeheuer kann er doch nicht sein!«

      »Sie wissen noch nicht, daß Ihr Herr Vater mit einem Rasirmesser ermordet wurde?«

      »Nein.«

      »Nun, dieses Rasirmesser haben wir unter dem Tische gefunden. Wir wollen Ihnen den Anblick desselben ersparen. Aber vielleicht wissen Sie zufälligerweise, ob Ihr Milchbruder sich rasiren läßt, oder sich selbst rasirt.«

      »Er rasirt sich selbst. Ich weiß, daß Papa ihm zu seinem letzten Namenstage ein elfenbeinernes Rasirbesteck geschenkt hat.«

      »Hm! Können Sie sich irgend welche Gründe denken, welche Brandt zu so blutigen Gedanken geführt hätten?«

      »Nur den einen, daß er von dem Hauptmanne provocirt worden war.«

      »Weshalb forderte ihn dieser heraus?«

      Sie erröthete leise und fragte:

      »Werden Sie auf eine Beantwortung dieser Frage dringen?«

      »Nein; aber es könnte grad davon Wichtiges abhängen.«

      »So will ich gestehen, daß vielleicht Eifersucht der Grund gewesen sein mag.«

      »Wohl unbegründete?« fragte der Richter lächelnd.

      »Sicher! Sie müssen nämlich erfahren, daß ohne mein Wissen eine Verheirathung zwischen mir und dem Hauptmanne bestimmt gewesen ist. Vater sagte es mir erst gestern früh.«

      »Wußte Brandt davon?«

      »Kein Wort. Wir hatten uns während zweier Jahre nicht gesehen. Gestern war ich nach dem Tannensteine promeniren gegangen, wo ich mit ihm zusammentraf. Während unserer Begrüßung kam der Hauptmann herbei. Er glaubte, ein Recht auf mich und meine Hand zu haben –«

      »Ich darf wohl fragen, ob diese Begrüßung – Sie verstehen mich, gnädiges Fräulein!«

      Sie erröthete abermals und antwortete nach einigem Zögern:

      »Brandt ist mein Milchbruder; wir sind uns zugethan wie Geschwister; so war die Begrüßung, inniger keineswegs. Der Hauptmann hatte das Ungeschick, sich meiner bemächtigen zu wollen. Brandt verteidigte mich; es kam zu Worten und Thaten, welche eine Forderung als gerechtfertigt erscheinen lassen. Ein Duell hielt ich für möglich, einen Mord aber niemals.«

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