Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада страница 23

Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада

Скачать книгу

      Du hast viel zu tun? fragt Prackwitz, ein wenig verlegen. Gott, zu tun! Studmann lacht kurz. Wenn du die andern fragst, hier die Liftboys oder die Kellner oder die Portiers, die werden dir erzählen, daß ich gar nichts zu tun habe, nur so rumstehe. Und doch bin ich abends so hundemüde wie nur damals, wenn wir Schwadronsexerzieren hatten und der Alte schliff uns.

      So etwas wie einen Alten gibt es hier vermutlich auch?

      Einen –? Zehn, zwölf! Generaldirektor, drei Direktoren, vier Subdirektoren, drei Geschäftsführer, zwei Prokuristen –

      Bitte, höre auf!

      Aber am Ende ist es nicht so schlimm. Es hat viel Ähnlichkeit mit dem Militär. Befehlen, gehorchen – tadellose Organisation …

      Aber doch immerhin Zivilisten … meinte von Prackwitz bedenklich und dachte dabei an Neulohe, wo Gehorchen lange nicht immer auf Befehlen folgte.

      Natürlich, bestätigte Studmann auch. Es ist etwas loser als damals, zwangloser. Darum schwieriger für den einzelnen, möchte ich sagen. Der ordnet etwas an, und du weißt nicht genau, ob er ein Recht hat, es anzuordnen. Keine ganz klar abgegrenzten Befugnisse, verstehst du?

      Das gab es aber auch bei uns, meinte Prackwitz. Irgendein Offizier mit einem Sonderauftrag, weißt du?

      Gewiß, gewiß. Aber im ganzen kann man sagen, es ist eine staunenswerte Organisation, ein musterhafter Riesenbetrieb. So etwas wie unsere Wäscheschränke solltest du einmal sehen. Oder die Küche. Oder die Einkaufskontrolle. Staunenswert, sage ich dir!

      Es macht dir also ein bißchen Spaß? fragte der Rittmeister vorsichtig.

      Die Lebhaftigkeit von Studmanns erlosch. Gott, Spaß! Nun ja, vielleicht. Aber darauf kommt es doch nicht an, nicht wahr? Wir müssen leben – wie? – weiterleben, nach alldem. Ganz einfach weiterleben. Trotzdem man es sich mal anders dachte.

      Prackwitz sah prüfend in das umschattete Gesicht des andern. ›Ja, wieso müssen?‹ dachte er flüchtig, ein wenig verärgert. Und er fand die einzig mögliche Erklärung, fragte laut: Du bist verheiratet? Hast Kinder?

      Ich? fragte Studmann sehr erstaunt. Aber nein! Kein Gedanke!

      Nein, nein, natürlich nicht, sagte der Rittmeister, ein wenig schuldbewußt.

      Schließlich, warum nicht? Aber es hat sich nicht so gemacht, sagte von Studmann nachdenklich. Und heute? Nein! Wo die Mark täglich wertloser wird, wo man zu tun hat, das bißchen Geld für sich zusammenzukratzen …

      Geld –? Dreck! sagte der Rittmeister scharf.

      Ja, natürlich, antwortete Studmann leise. Dreck, ich verstehe dich schon. Ich habe deine Frage vorhin auch ganz richtig verstanden, oder vielmehr deine Gedanken. Warum ich für solchen ›Dreck‹ dies hier tue, ungern tue, meinst du … Prackwitz wollte bestürzt protestieren. Ach, red nicht, Prackwitz! sagte von Studmann zum erstenmal wärmer. Ich kenne dich doch! Geld – Dreck, das ist keine bloße Inflationsweisheit von dir, ein bißchen dachtest du früher schon so. Du –? Wir alle! Geld war jedenfalls etwas, was sich von selbst verstand. Man hatte seinen Wechsel von Haus und seine paar Groschen vom Rrrr’ment, man sprach nicht davon. Und wenn man einmal etwas nicht gleich bezahlen konnte, mußte der Mann eben warten. So war es doch? Geld war etwas, das Nachdenken nicht verlohnte … Prackwitz wiegte zweiflerisch den Kopf und wollte etwas einwenden. Aber Studmann sagte eiliger: Ich bitte dich, Prackwitz, so ungefähr war es. Aber heute frage ich mich – nicht doch, ich bin meiner Sache ganz sicher, daß wir alle ganz falsch davor waren, keine Ahnung von der Welt hatten. Geld, das habe ich mittlerweile entdeckt, ist etwas sehr Wichtiges, etwas, das alles Nachdenken verlohnt …

      Geld! sagte von Prackwitz empört. Wenn es wenigstens noch richtiges Geld wäre! Aber dieses Papierzeug …

      Prackwitz! sagte Studmann vorwurfsvoll. Was heißt denn richtiges Geld?! So etwas gibt es ja gar nicht, wie es auch kein unrichtiges Geld gibt. Geld, das ist einfach das, was man zum Leben braucht, die Basis des Da-Seins, das Brot, das wir jeden Tag essen müssen, um da zu sein, der Anzug, den wir tragen müssen, um nicht zu erfrieren …

      Aber das ist ja Mystik! rief von Prackwitz ärgerlich. Geld ist doch eine sehr einfache Sache! Geld ist eben – früher jedenfalls, meine ich – wenn du da einen Goldfuchs hattest, aber Papier ging auch, Papier war damals was anderes, weil man Gold dafür bekam … Also Geld, ich meine ganz egal welches Geld – du verstehst doch … Nun wurde er über sich selbst wütend, über dieses blödsinnige Gestammel. Sollte man denn das nicht richtig und klar sagen können, was man so richtig und klar empfand –? Also, schloß er, wenn ich Geld habe, will ich wissen, was ich mir dafür kaufen kann.

      Ja, natürlich, sagte Studmann und hatte nichts von der Verwirrung des Freundes gemerkt, sondern spann munter seinen eigenen Gedankenfaden fort. Natürlich waren wir falsch davor. Ich habe entdeckt, daß neunundneunzig Prozent der Menschen sich sehr um das Geld quälen müssen, daß sie Tag und Nacht daran denken, davon reden, es einteilen, sparen, wieder anfangen – kurz, daß Geld das ist, worum sich die Welt dreht. Daß es einfach lächerlich lebensfremd ist, nicht an das Geld zu denken, nicht davon reden zu wollen – das wichtigste, was es gibt!

      Aber ist das denn richtig?! rief Prackwitz aus, verzweifelt über den neuen Geisteszustand des Freundes. Ist das denn etwa schön –? Bloß leben, um das bißchen Hunger satt zu kriegen?!

      Gewiß ist es nicht richtig. Gewiß ist es nicht schön, stimmte Studmann zu. Aber danach wird nicht gefragt, vorläufig ist es so. Und wenn es so ist, darf man nicht die Augen zukneifen, sondern muß sich damit beschäftigen. Und wenn man es nicht schön findet, muß man sich fragen, wie ändert man es?

      Studmann, fragte von Prackwitz ganz bestürzt und verzweifelt, Studmann, du bist doch nicht etwa Sozi geworden –?

      Der ehemalige Oberleutnant sah einen Augenblick so bestürzt und verblüfft aus, als habe man ihn eines Meuchelmordes verdächtigt. Prackwitz, sagte er, alter Kriegsgenosse, die Sozis denken doch über das Geld genauso wie du! Nur möchten sie es dir wegnehmen, damit sie es haben. Nein, Prackwitz, ein Sozi bin ich gewiß nicht. Und werde es auch nicht.

      Aber was bist du denn? fragte von Prackwitz. Zu irgendeiner Gruppe oder Partei mußt du doch schließlich gehören.

      Wieso? fragte von Studmann. Warum muß ich das eigentlich?

      Ja, ich weiß nicht, sagte von Prackwitz, ein wenig verblüfft. Zu irgendetwas gehört doch schließlich jeder von uns, das ist doch schon wegen der Wahlen. Irgendwie muß man sich doch einordnen, ins Glied treten. Es ist gewissermaßen – ordentlich!

      Wenn es für mich aber noch keine Ordnung gibt? fragte von Studmann.

      Ja … sagte Prackwitz nachdenklich. Ich weiß noch, erinnerte er sich, ich hatte da mal so einen Kerl in der Schwadron, einen Schnöffel sagten wir ja immer, einen Sektierer, wie hieß er doch? Grigoleit, jawohl, Grigoleit! Ein ganz proprer, ordentlicher Mann. Aber er weigerte sich, einen Karabiner oder ein Seitengewehr anzufassen. Bitten half nichts, Stauchen half nichts, Strafen half nichts. ›Zu Befehl, Herr Leutnant‹, sagte er – ich war Leutnant, es war noch im Frieden. ›Aber ich darf es nicht. Sie haben Ihre Ordnung und ich habe meine Ordnung. Und weil ich meine Ordnung habe, darf ich mich nicht an ihr versündigen. Einmal wird ja doch meine Ordnung Ihre Ordnung sein …‹ Und solches Zeug, irgendein Sektierer, Pazifist, aber von der anständigen Sorte, nicht diese Drückeberger, die ›Nie wieder Krieg!‹ schreien, weil sie feige sind … Nun, man hätte ihm natürlich das Leben

Скачать книгу