Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада
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Читать онлайн книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада страница 19
Und partout hatte sie gewollt, daß er das Fenster nicht zumache. Wenn sie stehen will und lauschen, laß sie doch stehen, Hänsecken! Uns ist’s egal, und ihr macht’s vielleicht Spaß – vom Beten hat sie ihre Tochter ooch nicht!
Der kleine Meier gniggerte höchst vergnügt vor sich hin und drückte die Backe fester gegen den Arm, als fühle er den weichen und doch festen Leib seiner Amanda. Solche war grade richtig für einen Habenichts und Junggesellen wie ihn! Kein Schmus von Liebe, Treue, Heirat, aber immer obenauf, fix bei der Arbeit und fix mit dem Maule. Und keß! Keß, daß einen manchmal das Schaudern ankam! Aber am Ende auch kein Wunder, wie sie aufgewachsen war, mit vier Jahren Krieg und fünf Jahren Nachkrieg und:
Wenn ich mir nischt zu fressen nehme, kriege ich nischt. Und wenn ich dir keine latsche, latschst du mir eine. Immer die Zähne zeigen, junger Mann, auch gegen ’ne olle Frau, spielt gar keine Rolle. Sie hat ihr Gutes gehabt – und ich soll mein Gutes nicht haben, bloß weil sie ’nen dußligen Krieg und ’ne Inflation machen –?! Daß ich nicht lache! Ich bin ich, und wenn ich nicht mehr bin, ist keiner mehr da! Und für die Tränen, die sie mir als braves Mädchen ins Grab weint (es sind aber bloß Drücketränen) und für den Blechkranz, den sie mir auf meine Madenkiste packt, kann ich mir ooch nischt koofen, und darum wollen wir lieber heute vergnügt sein, was, Hänsecken? Mitleid mit der ollen Frau und ein bißchen sachte –? Na, weißte, wer hat denn mit mir Mitleid gehabt? Immer über’n Kopp, und wenn die Neese blutete, war’s grade schön. Und wenn ich bloß mal ein bißken heulen wollte, hieß es gleich: Halt den Rand, oder es gibt noch mehr aus derselben Tüte! Nee, Hänsecken, ich sagte nischt, wenn es einen Sinn hätte. Aber es hat keinen Sinn, und so doof wie meine Hühner, die die Eier zu unserm Vergnügen legen, und denn zum Schluß noch rin in den Kochpott – ich nicht, nee, danke! Wenn du magst, bitte, ich nich!
Richtig, das Mädchen! lacht der kleine Meier noch einmal und ist schon im tiefen Schlaf und hätte nun wohl wirklich bis in den Abendtau – Wirtschaft hin, Rittmeister her – weitergeschlafen, wenn es ihm nicht plötzlich doch zu heiß und vor allem zu stickig geworden wäre.
Auffahrend – aber mit einem gar nicht mehr ermüdeten Ruck und gleich auf beide Beine – sah er, daß er mitten im schönsten, beginnenden Waldbrand lag. Er sah durch den weißlichen, tief ziehenden, beißenden Qualm eine Gestalt springen und trampeln und schlagen, und schon sprang er selbst mit, trampelte auch in die Flammen und schlug mit einem Fichtenast hinein und schrie dem andern zu: Das brennt ja lieblich!
Zigarette! sagte der bloß und löschte weiter.
Fast wär ich mitverbrannt, lachte Meier.
Auch nicht schade! sagte der andere.
Sagen Sie! rief Meier, vor Qualm hustend.
Halte den Rand, Mensch, befahl der andere. Rauchvergiftung ist auch nicht ohne.
Und nun löschten sie beide aus Leibeskräften weiter und Negermeier lauschte dabei gespannt nach seinen beiden Bindemaschinen hinüber, ob die auch weiterklapperten. Denn es wäre ihm doch gar nicht angenehm gewesen, wenn die Leute was gemerkt und dem Rittmeister erzählt hätten.
Aber die schnitten ganz wider Erwarten geruhig weiter ihre Bahn runter, und eigentlich hätte das den Inspektor wieder ärgern müssen, denn es bewies, daß die Kerls auf ihren Sitzen dösten und den Pferden nicht nur die Arbeit, sondern auch den Verstand überließen, und daß ihretwegen ganz Rittergut Neulohe mit allen Gebäuden und achttausend Morgen Forst hätte wegbrennen können – sie hätten ihre eingeäscherten Pferdeställe bei der Heimkunft von der Arbeit angestarrt, als wäre Hexerei im Spiele. Doch für dieses Mal ärgerte sich Meier nicht, sondern war über das Weiterklappern froh und auch über den abnehmenden Qualm. Schließlich standen er und sein Retter sich auf einem zimmergroßen schwarzen Fleck gegenüber, ein wenig atemlos und angerußt, und schauten einander an. Der Retter aber sah ein bißchen wild aus, jung zwar noch, aber mit einem Geflatter und Geweh von rötlichen Haaren um Nase und Kinn, recht stark blickenden blauen Augen, einem alten grauen Waffenrock und ebensolchen Hosen, aber mit einem schönen gelben Ledergurt um den Bauch und einer ebenso schönen gelbledernen Pistolentasche. Es mußte auch etwas darin sein, in der Pistolentasche nämlich, und nicht nur Zuckerbonbons, so schwer hing sie herunter.
Zigarette gefällig? fragte der unverbesserliche Windhund Meier den andern und hielt ihm sein Etui hin, denn er fand, er müsse für seinen Retter auch etwas tun.
Gib schon her, Kamerad, sagte der andere. Meine Flossen sind schwarz.
Meine auch! lachte Meier. Aber er griff doch zu mit zwei spitzen Fingern, und sofort brannten auch die Zigaretten, und die beiden setzten sich ein wenig entfernt von der verkohlten Stelle in den spärlichen Kiefernschatten, schön hinein in das trockene Gras. So viel hatten sie aber doch aus dem Erlebnis eben gelernt, daß der eine einen alten Kiefernstubben, der andere einen flachen Stein zum Aschenbecher nahm.
Der Feldgraue tat ein paar tiefe Lungenzüge, dehnte und reckte sich, gähnte ungeniert mit ein paar tiefen A-Lauten und sprach tiefsinnig: Ja … ja …
Bescheiden, was? stimmte Inspektor Meier zu.
Bescheiden –? Beschissen! sprach der andere, musterte mit zusammengekniffenen Augen noch einmal die hitzeglühende Landschaft und ließ sich rücklings ins Gras fallen, scheinbar grenzenlos gelangweilt.
Eigentlich hatte Meier weder Zeit noch Lust, Partner einer weiteren Vormittagsdöserei zu werden, aber er fühlte sich doch verpflichtet, neben diesem Mann ein Weilchen auszuhalten. So bemerkte er, um die Unterhaltung nicht ganz versickern zu lassen: Heiß, was?
Der grunzte bloß.
Meier sah ihn prüfend von der Seite an und riet: Baltikumer, was?
Aber diesmal bekam er nicht einmal ein Grunzen zur Antwort. Dafür rauschte es in den Kiefern. Es erschien, das Meiersche Rad führend, der Förster Kniebusch, weißbärtig, aber kahlköpfig, warf Meier das Rad vor die Füße und sprach schweißtrocknend: Mensch, Meier, läßt du dein Rad wieder an der offenen Straße liegen?! Und dabei ist es nicht mal deines, sondern Dienstrad – und wenn es reisen geht, tobt der Rittmeister und du –
Darüber aber hatte der Förster den schwarzgebrannten Fleck gesehen, entzündete sich auf der Stelle zornrot (denn bei einem Beamtenkollegen konnte er sich leisten, was er bei Holzdieben wegen Lebensgefahr nicht wagen durfte) und fing an zu schimpfen: Hast du verdammter Lauselümmel wieder deine verfluchten Stinkadores geraucht und mir meinen Wald angekokelt?! Na, warte, Freundchen, da kann von Freundschaft und abendlichem Skatkloppen keine Rede mehr sein – Dienst ist Dienst und heute abend noch erfährt der Rittmeister …
Aber es stand geschrieben, daß für dieses Mal der Förster Kniebusch keinen Satz zu Ende bringen sollte. Denn nun entdeckte er das scheinbar schlafende, höchst verdächtige, liederlich feldgraue Subjekt im Grase und sprach: Hast du einen Penner und Waldbrandstifter erwischt, Meier? Großartig, das gibt ein Lob vom Rittmeister; und eine Weile muß er die Klappe halten von wegen Schlappheit und Nicht-Durchgreifen und Angst vor den Leuten. – Wach auf, du Schwein! schrie der Förster und stieß dem Kerl den Fuß kräftig in die Rippen. Los! Hoch und ab zu Vater Philipp –!
Doch der Getretene schob nur die Feldmütze aus dem Gesicht, schoß einen scharfen Blick auf den Wütenden