Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада

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Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада

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armer Idiot!‹ Und so wurde er D. U. 15 geschrieben, weißt du, wegen bestehender Geisteskrankheit …

      Der Rittmeister schwieg nachdenklich, vielleicht sah er den dicken, rundköpfigen Grigoleit mit dem weißblonden Haar vor sich, der so gar nicht nach einem Märtyrer aussah.

      Studmann aber lachte hell heraus. O Prackwitz! rief er. Du bist doch noch immer der Alte! Und wie du mir hier eben in aller Unschuld Idiotie und bestehende Geisteskrankheit bescheinigt hast – ohne es auch nur zu merken –, das erinnert mich doch sehr lebhaft daran, wie du damals nach dem Manöver unserm Alten, der wahnsinnig schlecht abgeschnitten hatte, zum Trost von einem Major erzähltest, der sogar bei der Manöverkritik vor der versammelten Generalität vom Gaul gefallen war, und doch nicht den blauen Brief bekommen hatte! Und weißt du noch –?

      Damit verloren sich die beiden Freunde in gemeinsame Erinnerungen, ihre Stimmen wurden lebhafter. Aber das machte nichts. Jetzt fing das Café an, sich zu füllen. Geschäftig liefen die Kellner, trugen schon die ersten Biergläser, Stimmen schwirrten. Das Gespräch der beiden war nur eines von vielen.

      Nach einer Weile aber, als sie sich genug erinnert und genug gelacht hatten, sagte der Rittmeister: Ich möchte dich auch noch was fragen, Studmann. Ich sitze da so allein auf meiner Klitsche und höre und sehe immer nur dieselben Leute. Aber du bist hier in der Großstadt und noch dazu in solchem Betriebe, und sicher hörst und weißt du mehr als wir alle.

      Ach, wer weiß denn heute was?! fragte Studmann und lächelte. Glaub mir, selbst Herr Ministerpräsident Cuno hat keine Ahnung, was morgen wird.

      Aber Prackwitz ließ sich nicht beirren. Er saß ein wenig zurückgelehnt, die langen Beine übereinandergeschlagen, rauchte mit Wohlbehagen und sprach: Du denkst vielleicht, der Prackwitz ist fein raus, er hat ein Rittergut und ist ein großer Mann. Aber ich sitze nicht fest, ich muß sehr vorsichtig sein. Neulohe gehört nicht mir, es gehört meinem Schwiegervater, dem alten Herrn von Teschow – ich habe ja schon lange vor dem Kriege die kleine Eva Teschow geheiratet – ach, verzeih, du kennst ja meine Frau! Nun, ich habe Neulohe gepachtet von meinem Schwiegervater – und der alte Knabe hat den Pachtzins nicht billig gemacht, das kann ich dir sagen. Manchmal habe ich ekelhafte Sorgen. – Jedenfalls muß ich sehr vorsichtig sein. Neulohe ist unsere einzige Existenz, und wenn mir was passiert – der alte Mann liebt mich nicht, der nimmt mir die Klitsche bei dem kleinsten Anlaß sofort wieder ab.

      Und was kann dir passieren? fragte Studmann.

      Ja, sieh mal, ich bin ja kein Einsiedler und die Eva erst recht nicht, und so haben wir unser bißchen Verkehr in der Gegend, und natürlich auch mit den Kameraden von der Reichswehr. Und da hört man denn so allerlei. Und geflüstert wird auch, direkt und indirekt.

      Und was hört man und was sieht man?

      Daß etwas losgehen soll, Studmann, wieder einmal. Man ist ja auch nicht blind. Das ganze Land steckt voll bei uns von Leuten, Arbeitskommandos nennen sie sich, aber du mußt sie nur sehen. ›Schwarze Reichswehr‹ wird geflüstert.

      Das kann wegen Entente und Kontrollkommission sein, Schnüffelkommission, sagte von Studmann.

      Natürlich – und daß sie Waffen vergraben und wieder ausgraben und wegholen, das kann auch darum sein. Aber es ist nicht nur darum, Studmann, es wird mehr geflüstert, es ist mehr zu sehen. Kein Zweifel: es wird auch in der Zivilbevölkerung geworben, vielleicht schon in meinem eigenen Dorf. Der Besitzer erfährt ja immer zuletzt davon, daß der Hof brennt. An Neulohe grenzt Altlohe, und da sind viele Industriearbeiter, und das bedeutet natürlich Feindschaft bis aufs Messer mit uns vom Hof und mit den Bauern in Neulohe. Denn wo die einen zu essen haben, und die andern haben Hunger, da ist es wie in einem Pulverfaß – und geht es in die Luft, fliege ich mit.

      Ich sehe noch nicht recht, wie du da etwas hindern kannst, sagte von Studmann.

      Hindern … Aber vielleicht werde ich mich entscheiden müssen, ob ich mitmache oder nicht? Man will doch nicht unkameradschaftlich sein. Es sind doch die alten Kameraden bei der Reichswehr, Studmann, und wenn die was riskieren wollen und die Karre aus dem Dreck holen, und man wäre dann nicht dabei gewesen – man müßte sich ja zu Tode schämen! Ja, und vielleicht ist doch alles nur Gequatsche, Gemache von ein paar Abenteurern, aussichtsloser Putsch – und darum Hof und Auskommen und Familie riskieren …

      Der Rittmeister sah Studmann fragend an. Der meinte: Hast du denn niemanden bei der Reichswehr, den du beiseite nehmen und auf Ehre und Gewissen fragen kannst –?

      Gott, fragen, Studmann! Natürlich kann ich fragen, aber wer weiß denn was? Bei so was wissen doch nur drei, vier wirklich Bescheid, und die antworten dir bestimmt nicht. – Hast du mal von einem Major Rückert gehört?

      Nein, sagte Studmann. Von der Reichswehr?

      Ja, siehst du, Studmann, das ist es ja gerade! Dieser Rückert soll der Mann sein, welcher … Aber ich kann nicht einmal rausbringen, ob er zur Reichswehr gehört oder nicht. Die einen sagen ja, die andern sagen nein, und die ganz Schlauen zucken die Achseln und sagen: ›Das weiß er vielleicht selber nicht!‹ Und das klingt dann wieder so, als stünden andere hinter ihm – es ist wirklich zum Verzweifeln, Studmann!

      Ja, sagte Studmann. Ich verstehe schon. Wenn es nötig ist, sofort, aber für irre Abenteuer – danke!

      Richtig! sagte Prackwitz.

      Dann schwiegen beide. Aber Prackwitz sah weiter erwartungsvoll auf Studmann, den gewesenen Oberleutnant und jetzigen Hotelempfangschef. (Trug beim Rrrr’ment den Spitznamen ›das Kindermädchen‹.) Schließlich ein Mann mit neuerdings sehr merkwürdigen, eigentlich schon verdächtigen Ansichten über Geld und gottgewollte Armut. Sah auf ihn, als erwarte er von seiner Antwort Befreiung aus allen Zweifeln.

      Und schließlich sagte dieser Studmann auch langsam: Ich glaube, du solltest dir nicht solche Sorgen machen, Prackwitz. Du solltest einfach warten. Wir kennen das doch eigentlich aus dem Felde. Sorge und auch mal Angst hatte man nur, wenn man in Ruhe oder still im Graben lag. Aber wenn es dann hieß: Raus und vorwärts! – dann war man da und ging los und alles war vergessen. Du wirst das Signal schon nicht überhören, Prackwitz. Wir haben es im Felde doch schließlich gelernt, das ruhige Warten ohne Grübeln – warum soll man es jetzt nicht können?

      Recht hast du! sagte der Rittmeister dankbar, und ich will auch daran denken! Es ist komisch, daß man jetzt nicht mehr warten kann! Ich glaube, es macht dieser blöde Dollar. Laufe, renne, schnell noch was einkaufen, hetze, jage …

      Ja, sagte Studmann. Jagen und gejagt werden, Jäger und Wild zugleich, das macht so böse und ungeduldig. Aber man braucht beides nicht. Ja … lächelte er, aber nun muß ich wieder los, ganz bin ich ja auch nicht frei davon. Ich sehe da den Portier winken. Vielleicht jagt schon ein Direktor nach mir, wieso und warum ich denn eigentlich nirgendwo zu sehen bin. Und ich werde die Stubenmädchen wieder ein wenig jagen, damit die Zimmer der Abreisen um zwölf fertig sind. Also Weidmannsheil, Prackwitz! Und wenn du heute um sieben noch in der Stadt sein solltest und hast nichts vor …

      Dann bin ich schon längst wieder in Neulohe, Studmann, sagte von Prackwitz. Aber ich habe mich wirklich unsinnig gefreut, direkt unsinnig gefreut, dich wiederzusehen, Studmann, und wenn ich mal wieder in die Stadt komme …

      Das Mädchen saß allein, unbeweglich, beschäftigungslos, immer noch auf dem Bett in der Stube. Der Kopf war ein wenig gesenkt, die Linie, die aus dem Rücken über den Nacken zum Kopf führte, war nachgiebig, weich. Das kleine, klare, reinlinige Gesicht stand weich in der Luft, die Lippen waren halb geöffnet,

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