Der letzte Mensch. Mary Shelley
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Sie antwortete, dass ich recht habe und mit ihr verfahren könne, wie es mir gefiele. Ich bemerkte die nur angelehnte Tür eines kleinen Nebengebäudes. Ich stieß sie auf; formte aus etwas verstreut umherliegendem Heu ein Bett für sie, legte ihre erschöpfte Gestalt darauf und bedeckte sie mit meinem Umhang. Ich fürchtete, sie zu verlassen, sie sah so schwach und blass aus – aber plötzlich erwachte sie wieder zum Bewusstsein und damit zum Zustand der Angst, und wieder flehte sie mich an, nicht zu zögern. Die Leute vom Gasthaus zu wecken und einen Wagen und Pferde zu erhalten, war, obwohl ich sie selbst anspannte, die Arbeit von vielen Minuten; Minuten, deren jede ein ganzes Zeitalter zu sein schien. Ich ließ den Wagen ein wenig vorrücken, wartete, bis die Leute vom Gasthaus sich zurückgezogen hatten, und ließ dann den Postjungen die Kutsche zu der Stelle lenken, wo Idris, ungeduldig und jetzt etwas erholt, auf mich wartete. Ich hob sie in die Kutsche und versicherte ihr, dass wir mit unseren vier Pferden vor fünf Uhr in London ankommen sollten, zu der Stunde, in der sie gesucht und vermisst werden würde. Ich bat sie, sich zu beruhigen; ein dankbarer Tränenschauer erleichterte sie, und nach und nach erzählte sie ihre Geschichte von Angst und Gefahr.
Sofort nach Adrians Abreise hatte ihre Mutter sie in einem peinlichen Verhör um ihre Verbundenheit mit mir befragt. Jedes Argument, jede Drohung, jeder zornige Spott war vergebens. Sie schien zu glauben, dass sie durch mich Raymond verloren hätte; dass ich der böse Einfluss in ihrem Leben sei; ich wurde sogar beschuldigt, die übergroße und grundlegende Abneigung Adrians vor allen Aussichten auf Erhöhung und Verbesserung zu vergrößern und zu bestätigen; und nun sollte dieser elende Bergbewohner auch noch ihre Tochter stehlen. Niemals, so erzählte Idris, kehrte die zornige Dame zu Sanftmut und Überredung zurück; wenn sie es getan hätte, wäre es außerordentlich peinvoll gewesen zu widerstehen. So wie es war, wurde die großzügige Natur des lieben Mädchens dazu erweckt, mich zu verteidigen und sich mit mir zu verbünden. Ihre Mutter endete mit einem halb verächtlichen und halb triumphierenden Blick, der für einen Augenblick Idris’ Verdacht erweckte. Als sie sich für die Nacht trennten, sagte die Gräfin: »Ich vertraue darauf, dass sich morgen dein Ton ändern wird. Fasse dich, ich habe dich erregt, geh zu Bett, und ich werde dir eine Medizin schicken, die ich immer nehme, wenn ich unruhig bin – sie wird dir eine ruhige Nacht schenken.«
Sobald sie mit beklommenen Gedanken ihre Wange auf ihr Kissen gelegt hatte, brachte ihr die Dienerin ihrer Mutter einen Trank. Ein Verdacht durchfuhr sie bei dieser neuen Entwicklung, der erschreckend genug war, um sie zu überzeugen, den Trank nicht einzunehmen; doch die Abneigung gegen Streitigkeiten und der Wunsch, herauszufinden, ob es einen berechtigten Grund für ihre Vermutungen gab, brachten sie dazu, sagte sie, beinahe instinktiv und im Gegensatz zu ihrer üblichen Offenheit vorzugeben, die Medizin zu schlucken. Unruhig, wie sie es durch die Gewalt ihrer Mutter gewesen war, und jetzt aufgrund neuer Ängste, lag sie bei jedem Laut zusammenfahrend und unfähig zu schlafen da. Bald öffnete sich leise ihre Tür, und als sie hochfuhr, hörte sie ein Flüstern: »Sie schläft noch nicht«, und die Tür schloss sich wieder. Mit pochendem Herzen erwartete sie einen weiteren Besuch, und als nach einer Weile wieder jemand in ihr Zimmer eindrang, gab sie, nachdem sie sich zuerst versichert hatte, dass die Eindringlinge ihre Mutter und eine Dienerin waren, vor, zu schlafen. Ein Schritt näherte sich ihrem Bett, sie wagte nicht, sich zu bewegen, sie bemühte sich, ihr Herzklopfen zu beruhigen, das heftiger wurde, als sie ihre Mutter murmelnd sagen hörte: »Du kleiner Einfaltspinsel, merkst du nicht, dass dein Spiel schon aus ist.«
Für einen Moment dachte das arme Mädchen, dass ihre Mutter glaubte, sie hätte Gift getrunken: Sie war im Begriff, aufzuspringen; als die Gräfin, die schon in einiger Entfernung vom Bett war, mit leiser Stimme zu ihrer Begleiterin sprach. Und wieder lauschte Idris: »Eile dich«, sagte sie, »es ist keine Zeit zu verlieren – es ist längst nach elf, sie werden um fünf hier sein, nimm nur die Kleider, die für ihre Reise nötig sind, und ihre Schmuckschatulle.« Die Dienerin gehorchte; auf beiden Seiten wurden wenige Worte gesprochen, diese jedoch wurden vom ausersehenen Opfer begierig aufgefangen. Sie hörte, wie der Name ihrer eigenen Zofe erwähnt wurde. – »Nein, nein«, antwortete ihre Mutter, »sie geht nicht mit uns; Lady Idris muss England und alles, was dazugehört, vergessen.« Und wieder hörte sie: »Sie wird morgen erst spät aufwachen, und dann werden wir auf See sein.« »Alles ist bereit«, gab die Frau schließlich bekannt. Die Gräfin trat wieder ans Bett ihrer Tochter: »Zumindest in Österreich«, sagte sie, »wirst du gehorchen. In Österreich, wo Gehorsam durchgesetzt werden kann und keine andere Wahl bleibt als die zwischen einem ehrenvollen Gefängnis und einer passenden Ehe.«
Beide zogen sich dann zurück; obgleich die Gräfin, als sie ging, sagte »Leise, alle schlafen zwar, doch wurden nicht alle zum Schlafen gebracht wie sie. Ich möchte keinen Verdacht wecken, sonst könnte sie zum Widerstand erregt werden und vielleicht flüchten. Komm mit mir in mein Zimmer, wir werden dort bis zur vereinbarten Stunde verweilen.« Sie gingen. Idris, in grenzenlosem Entsetzen, doch durch ihre übermäßige Angst belebt und gestärkt, zog sich hastig an, und indem sie eine Hintertreppe hinunterging und die Annäherung an das Zimmer ihrer Mutter vermied, gelang es ihr, durch ein niedriges Fenster aus dem Schloss zu entkommen und durch Schnee, Wind und Dunkelheit meine Hütte zu erreichen; sie verlor nicht ihren Mut, bis sie ankam, und erst als sie ihr Schicksal in meine Hände gelegt hatte, gab sie sich der Verzweiflung und Ermüdung hin, die sie überwältigten.
Ich tröstete sie, so gut ich konnte. Ich war ganz Freude und Jubel, jetzt wo sie mir gehörte und ich sie retten durfte. Um aber keine neue Aufregung in ihr zu erregen, und »um der Stirne heitern Frieden nicht zu stören«, zügelte ich meine Freude. Ich bemühte mich, den aufgeregten Tanz meines Herzens zu beruhigen, wandte meine mit einem Übermaß an Zärtlichkeit strahlenden Augen von ihr ab und murmelte stolz meine Empfindungen in die dunkle Nacht und die kalte Luft hinaus. Wir kamen in London an, viel zu früh, wie mich dünkte; und doch konnte ich unsere baldige Ankunft nicht bereuen, als ich Zeuge der Freude wurde, mit der mein geliebtes Mädchen sich ihrem Bruder in die Arme warf, sicher vor allem Bösen unter seinem untadeligen Schutz.
Adrian schrieb eine kurze Notiz an seine Mutter und informierte sie, dass Idris unter seiner Obhut und Vormundschaft sei. Mehrere Tage verstrichen, und endlich traf eine Antwort aus Köln ein. »Es sei nutzlos«, schrieb die hochmütige und enttäuschte Dame, »dass der Graf von Windsor und seine Schwester sich an ihre beleidigte Mutter wandten, deren einzige Hoffnung auf Ruhe aus dem Vergessen ihrer Existenz gezogen werden müsse. Ihre Wünsche seien verworfen, ihre Entwürfe vernichtet worden. Sie beklage sich nicht, sie werde am Hof ihres Bruders zwar keine Entschädigung für ihren Ungehorsam finden (die kindliche Lieblosigkeit schlösse eine solche aus), aber einen solchen Stand der Dinge und Lebensalltag, der sie am besten mit ihrem Schicksal versöhnen könnte. Unter diesen Umständen lehne sie jegliche Verbindung mit ihnen ab.«
Dies waren die seltsamen und unglaublichen Ereignisse, die schließlich zu meiner Vereinigung mit der Schwester meines besten Freundes, mit meiner angebeteten Idris führten. Mit Einfachheit und Mut fegte sie die Vorurteile und den Widerstand beiseite, die meinem Glück im Wege standen, und sie scheute sich nicht, dem die Hand zu geben, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Ihrer würdig zu sein, sich durch die Ausübung von Talenten und Tugend zu ihrer Größe zu erheben, ihre Liebe mit hingebungsvoller, unermüdlicher Zärtlichkeit zu erwidern, war der einzige Dank, den ich