Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 20
»Wo Deniz jetzt wohl steckt?«, fragte er sich auf dem Heimweg. »Schade eigentlich, dass die Treffen immer dermaßen schief gehen. Dabei ist er ja eigentlich ein netter Kerl. Bisschen verzogen, wie alle Nesthäkchen.« Aber das konnte Milan ihm kaum zum Vorwurf machen. Die klare Nachtluft in Verbindung mit der körperlichen Anstrengung stimmte ihn versöhnlich. »Das nächste Mal wird alles anders«, beschloss er, als er in seine Straße einbog.
Wenig später stand er vor seiner Wohnung. In Gedanken versunken nestelte er den Schlüssel heraus.
Verdammt! Das hatte er total vergessen! Milan verzog das Gesicht. Eine Räucherkammer war harmlos gegen den Gestank, der ihm aus seiner Wohnung entgegenkam. Da gab es nur eins. Er hielt die Luft an und fuhr los. Öffnete jedes einzelne Fenster. Das Internet bot weitere Hilfe an. In Essigwasser getauchte Handtücher sollten den Geruch aufnehmen. Kaffeepulver ihn neutralisieren. Doch wie lange dauerte es, bis all diese Maßnahmen Früchte trugen? Milan saß im Rollstuhl im Wohnzimmer und sah sich um. Er entdeckte die Flasche Wein auf dem Tisch. Ein trockener Sangiovese.
»Seit wann trinkt Deniz Alkohol?« Er drehte die Flasche hin und her. »Ich könnte mich betrinken. Vielleicht kann ich dann schlafen. Aber allein?« Der Gedanke war wenig verlockend. Noch dazu in diesen verrauchten Zimmern. Kurz entschlossen zückte Milan sein Handy. Wählte die Nummer von Laura. Es klingelte gefühlte hundert Mal, bis sich endlich eine verschlafene Stimme meldete.
»Süße, ich bin’s, dein Schnäuzelchen!« Wie hatte er diesen Kosenamen gehasst! Doch der Zweck heiligte bekanntlich die Mittel. »Sag bloß, du hast schon geschlafen?«
»Milan?«
Frechheit!
»Wer sonst? Du, ich habe eine gute Flasche Wein. Wenn du willst, besorge ich uns noch ein paar Leckereien beim Griechen. Ich könnte in einer halben Stunde bei dir sein.«
Das Schnauben war nicht gerade die Antwort, auf die er gehofft hatte.
»Hast du mal auf die Uhr geschaut? Es ist halb eins. Ich muss morgen um sechs raus.«
»Wir können auch gleich weiterschlafen«, machte Milan einen Vorschlag zur Güte. »Ohne Wein und Essen.«
»Ich will aber JETZT schlafen. Gute Nacht.« Ein Klicken in der Leitung beendete das Gespräch.
Milan starrte den Hörer an. Das war ihm schon lange nicht mehr passiert. Normalerweise waren die Frauen Wachs in seinen Händen.
»Aber offenbar nicht zu jeder Uhrzeit«, brummte er.
Er wählte die nächste Nummer. Katja aus dem Labor. Ein Glück, dass er ein gutes Verhältnis zu seinen Verflossenen pflegte. Es tunlichst vermied, im Streit auseinanderzugehen. Mit einem Lächeln auf den Lippen drückte er den Hörer ans Ohr. Ein Lächeln hörte man. Vielleicht half es. Es klingelte. Und klingelte. Und klingelte. Das Lächeln verschwand. »Dann eben nicht.« Milan drückte die Taste mit dem roten Hörer darauf. »Schließlich gibt es noch Silvie.« Diesmal schraubte er seine Erwartungen herunter und erschrak förmlich, als sich eine putzmuntere Stimme meldete.
»Silvie, das ist ja schön, dass ich dich erreiche.« Schlagartig kehrte Milans gute Laune zurück. Na, bitte! Sein Zauber hatte doch nichts von seiner Wirkung verloren. »Tut mir leid, dass ich mich erst so spät melde. Aber du weißt ja: Je später der Abend, desto schöner die Gäste.«
Silvies Glucksen war Musik in seinen Ohren.
»Du meinst, ich soll dich besuchen?«
»Das würde ich niemals von dir verlangen.« Zufrieden betrachtete Milan die Flasche Sangiovese. »Deshalb dachte ich mir, ich komme zu dir.«
Er hörte ein Sprudeln. Champagner?
»Wer ist denn das, Schatz?«, rief eine männliche Stimme aus dem Hintergrund.
Um ein Haar wäre Milan die Flasche Wein aus der Hand gerutscht.
»Ach, nur ein flüchtiger Bekannter«, rief Silvie fröhlich. Und zu Milan gewandt sagte sie: »Du hast ja gehört, dass ich leider keine Zeit habe. Mach’s gut, Süßer. Auf Nimmerwiedersehen.«
Milan schluckte. Heute war wirklich nicht sein Tag.
*
Wie ein Tiger im Käfig schlich Elena eine Weile durch das verwaiste Haus. Mit jedem Schritt wuchs die Wut auf ihren Mann.
»Das habe ich wirklich nicht verdient!«, zürnte sie und versetzte dem Ständer mit seinen Autozeitschriften einen Tritt. Er fiel um. Die Hefte rauschten über das glatte Parkett.
Doch die Genugtuung währte nicht lange. Schon wollte Elena nach einer Vase greifen. Geschenk zum dreiundzwanzigsten Hochzeitstag. Sie hob den Arm. Und hielt inne.
»Hör auf mit dem Unsinn! Du bist doch keine Zwanzig mehr. Außerdem musst du den Mist hinterher selbst aufräumen«, schalt sie sich und stellte das Kristallglas zurück auf das Sideboard.
Stattdessen griff sie nach dem Schlüsselbund. Bevor sie erstickte, musste sie aus dem Haus.
Die Luft kühlte ihre erhitzten Wangen. Eine Weile stand Elena in der Dunkelheit und atmete. Ein und aus. Ein und aus. Bis das Band um ihren Hals lockerer wurde. Endlich tauchte sie aus ihrer Versunkenheit auf. Sah sich um. Und nun? Was sollte sie nun tun? Wohin gehen? Dazu fiel ihr eigentlich nur eines ein. Ein Piepen und Blinken. Die Schlösser ihres Wagens sprangen auf. Elena stieg ein und fuhr los.
Als Streifen glitten die Lichter der Nacht an ihr vorbei. Um diese Uhrzeit war kaum ein Wagen auf den Straßen unterwegs. Tagsüber brauchte sie für dieselbe Strecke oft eine Dreiviertelstunde. Doch nachts war alles anders. Nur zwanzig Minuten später parkte sie auf dem leeren Parkplatz. Der Kies knirschte unter ihren Füßen. Sie wählte einen der Nebeneingänge. Gedimmtes Licht und angenehme Ruhe empfingen sie. Was für eine Wohltat nach der Hektik des Tages!
»Ich sollte öfter die Nächte hier verbringen«, murmelte sie auf dem Weg zu ihrem Büro.
»Führen Sie immer Selbstgespräche?«
Elenas Herz setzte einen Schlag aus. Sie presste die Hände gegen die Brust und fuhr herum. Es dauerte einen Moment, bis sie Milan erkannte.
»Aydin, sind Sie verrückt geworden? Wie können Sie mich so erschrecken?« Sie holte tief Luft. »Was machen Sie überhaupt noch hier?«
»Dasselbe könnte ich Sie auch fragen.« Die Räder des Rollstuhls quietschten leise auf dem Vinylboden.
Elenas Schultern sackten herab. Was sollte sie darauf antworten? Sie hatte keine Kraft mehr. Und schon gar nicht für eine Lüge.
»Mein Mann hat mich gerade verlassen.«
»Perfekt.«
Mit allem hatte sie gerechnet. Nur nicht mit dieser Antwort.
»Wie bitte?«
Milan grinste.
»Ich wurde heute auch verlassen. Aber nicht nur einmal. Gleich mehrfach.« Er griff nach