Oliver Twist. Charles Dickens

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Oliver Twist - Charles Dickens

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nicht, dass Sie mich fortschicken wollen, Sir; weisen Sie mir nicht die Thür, dass ich wieder auf der Strassen umherirren muss. Lassen Sie mich bei Ihnen bleiben und Ihnen dienen. Schicken Sie mich nicht in das schreckliche Haus zurück, woher ich gekommen bin. Erbarmen Sie sich eines armen verlassenen Knaben, bester Herr!“

      „Mein liebes Kind,“ sagte der alte Herr gerührt, „du brauchst nicht zu fürchten, dass ich meine Hand von dir abziehe, so lange du mir keine Ursache dazu gibst.“

      „Das will ich nie, niemals, Sir!“

      „Ich hoffe, dass du es nicht thun wirst, glaube es auch nicht. Ich bin oft getäuscht und betrogen von Leuten, denen ich wohlthun wollte; bin aber trotzdem sehr geneigt, dir zu vertrauen, und ich empfinde eine grössere Theilnahme für dich, als ich sie sogar mir selbst erklären kann. Die ich am meisten geliebt habe, ruhen längst in ihren Gräbern, und ich habe auch meines Lebens Glück und Zier begraben — nicht aber meine Herzenswärme. Auch herber Kummer hat sie nicht ausgelöscht, sondern nur noch stärker angefacht; wie denn allerdings Schmerz und Leid unser Inneres stets reinigen und läutern sollten.“ — Er hatte dies mit leiser Stimme und mehr vor sich hin, als zu Oliver gesprochen, der ganz still dasass und kaum zu athmen wagte. — „Doch ich sagte das nur, fuhr der alte Herr wieder heiterer fort, „weil du ein junges Gemüth hast, und wenn du weisst, dass ich viel gelitten habe, dich vielleicht noch sorgfältiger hüten wirst, mir abermals wehe zu thun. Du sagst, dass du eine Waise wärst und ganz allein daständest in der Welt. Alles, was ich habe erkunden können, bestätigt deine Angaben. Erzähle mir nun, wer deine Eltern gewesen sind, wo du erzogen, und wie du in die Gesellschaft gerathen bist, in welcher ich dich gefunden habe. Sag’ die Wahrheit, und wenn ich finde, dass du kein Verbrechen begangen hast, so soll es dir niemals, so lange ich lebe, an einem Freunde fehlen.“

      Oliver vermochte vor Schluchzen ein paar Minuten nicht zu antworten, und als er sich endlich gefasst hatte und seine Erzählung beginnen wollte, liess sich ein Herr zum Thee anmelden.

      „Es ist ein Freund von mir, Mr. Grimwig.“ sagte Brownlow zu Oliver. „Er hat ein wenig rauhe Manieren, ist aber im Herzen ein sehr wackerer Mann.“

      Oliver fragte, ob er hinunter gehen solle, allein Brownlow hiess ihn bleiben, und in demselben Augenblicke trat Mr. Grimwig, ein corpulenter alter Herr, gestützt auf einen tüchtigen Handstock — denn er hatte ein etwas lahmes Bein — schon in das Zimmer. Oliver hatte nie ein so verzwicktes Gesicht gesehen. Grimwig hielt dem Freunde sogleich auf Armslänge ein Stückchen Citronenschale entgegen, und polterte, dergleichen würde ihm überall in den Weg geworfen. „Ich will meinen eigenen Kopf aufessen, wenn Citronenschale nicht noch mein Tod ist!“ bet euerte er.

      Es war seine gewöhnliche Betheuerung; allein wenn die Erfindung, den eigenen Kopf zu verspeisen, auch noch gemacht werden sollte, so würde es einem Herrn, wie Mr. Grimwig war, doch jedenfalls stets sehr schwer fallen, in einer einzigen Mahlzeit damit zu Stande zu kommen.

      Mr. Grimwig erblickte Oliver, trat ein paar Schritte zurück, und fragte Brownlow verwundert, wer der Knabe wäre.

      „Der Oliver Twist, von welchem ich Ihnen gesagt habe,“ erwiderte Brownlow.

      Oliver verbeugte sich.

      „Doch nicht der Knabe, der das Fieber gehabt hat?“ sagte Grimwig, sich noch etwas weiter zurückziehend.

      „Gehabt hat,“ wiederholte Brownlow lächelnd.

      Grimwig setzte sich, ohne seinen Handstock zur Seite zu stellen, beäugelte den hocherröthenden Oliver durch seine Lorgnette, und redete ihn nach einiger Zeit an. „Wie befindest du dich?“

      „Danke, Sir, sehr viel besser,“ erwiderte Oliver.

      Brownlow schien zu besorgen, dass sein absonderlicher Freund etwas Unangenehmes sagen möchte, und hiess Oliver daher hinuntergehen und Frau Bedwin ankündigen, dass die Herren den Thee erwarteten. Oliver ging mit Freuden.

      „Er ist ein artig aussehender Knabe, nicht wahr?“

      „Kann’s nicht sagen,“ entgegegnete Grimwig verdriesslich.

      „Sie können es nicht sagen?“

      „Nein. Ich kann nie einen Unterschied an Knaben entdecken. Ich kenne nur zwei Arten von Knaben — Milchsuppengesichter und Rindfleischgesichter.“

      „Zu welcher Art gehört Oliver?“

      „Zu den Milchsuppengesichtern. Ich kenne so ein Rindfleischgesicht — einen abscheulichen Knaben. Er hat eine Stimme wie ein Bootsknecht und ist wie ein Wolf.“

      „Dann gleicht er Oliver nicht, dem Sie daher nicht zürnen dürfen.“

      „Freilich gleicht er dem Oliver nicht, der vielleicht noch schlimmer ist.“

      Brownlow hustete ungeduldig, was seinen Freund höchlich zu ergötzen schien.

      „Ja, ja, er ist vielleicht noch schlimmer,“ fuhr Grimwig fort. „Woher ist er? Wer ist er? Was ist er? Er hat ein Fieber gehabt. Gute Menschen pflegen keine Fieber zu bekommen, wol aber schlechte. Ich habe einen Menschen gekannt, der in Jamaika gehangen wurde, weil er seinen Herrn ermordet hatte. Er hatte sechs Mal das Fieber gehabt, und wurde deshalb nicht zur Begnadigung empfohlen.“

      Grimwig war im innersten Herzensgrunde sehr geneigt, anzuerkennen, dass Oliver ein ausserordentlich einnehmender Knabe wäre; allein er liebte noch mehr den Widerspruch, die Citronenschale hatte ihn gereizt, er war entschlossen, sich von Niemand sein Urtheil über einen Knaben vorschreiben zu lassen, und hatte sich aus diesen triftigen Gründen von Anfang an vorgenommen, seinem Freunde das Widerspiel zu halten. Als Brownlow daher zugestand, dass seine bisherigen Erkundigungen noch ungenügend wären, lächelte Grimwig ziemlich boshaft, und fragte, ob die Haushälterin auh wol regelmässig das Silbergeschirr nachsähe und wegschlösse, denn er würde sich eben nicht wundern, wenn sie einmal einige. Löffel oder dergleichen vermisste, u. s. w.

      Brownlow, obgleich selbst etwas heftigen Temperaments, ertrug dies Alles sehr gutlaunig, da er die Sonderbarkeiten seines Freundes kannte; und da sich dieser mit dem Thee und den Semmeln sehr zufrieden bezeigte, so ging Alles weit besser, als man hätte erwarten sollen, und Oliver, der wieder heraufgerufen war, fühlte sich in des sauertöpfischen Herrn Anwesenheit leichter als zuvor. Als das Theegeschirr hinweggeräumt wurde, fragte Grimwig, wann sein Freund den Knaben zu veranlassen gedächte, ihm einen ausführlichen und wahrhaften Bericht über seine Lebensumstände und Schicksale zu erstatten?

      „Morgen früh,“ erwiderte Brownlow. „Ich wünsche dabei unter vier Augen mit ihm zu sein. Komm morgen Vormittag um zehn Uhr zu mir herauf, Oliver.“

      „Ja, Sir,“ sagte Oliver. Er antwortete mit einigem Stocken, weil er dadurch in Verwirrung gerathen war, dass Mr. Grimwig ihn bei seiner Frage so scharf angesehen hatte.

      „Ich will Ihnen etwas sagen,“ flüsterte Grimwig Brownlow in das Ohr; „er kommt morgen früh nicht herauf zu Ihnen. Ich habe ihn beobachtet. Er betrügt Sie, Liebster.“

      „Ich schwöre darauf, dass er’s nicht thut,“ entgegnete Brownlow mit Wärme.

      „Ich will meinen Kopf aufessen, wenn er’s nicht thut.“

      „Und ich bürge mit meinem Leben für seine Wahrhaftigkeit.“

      „Und ich mit meinem Kopfe für seine Lügenhaftigkeit.“

      „Wir werden

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