Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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war. Die nächste Nachricht, die seine Freunde von dem neuen Ehepaar erhielten, lautete, daß sich Doktor Todd in der Absicht, seine Kunst auszuüben, zu Templeton, im Gebiet von Neuyork niedergelassen habe.

      Wie ein Londoner Student der Rechte Marmadukes Befähigung zum Richteramt belächelt haben würde, so dürfte es wohl ein Graduierter von Leyden oder Edinburg ebenso belustigend finden, wenn er diese wahrhaftige Geschichte von Elnathans Dienst im Tempel Äskulaps hört. Aber der Richter und der Aderlasser konnten sich damit trösten, daß Doktor Todd mit seinen im Lande ansässigen Kunstgenossen ebensowohl auf gleicher Höhe stand wie Marmaduke mit seinen Brüdern auf der Gerichtsbank.

      Zeit und Erfahrung übten Wunder an dem Heilkünstler. Er war von Natur menschenfreundlich, was indes seinem moralischen Mut durchaus keinen Eintrag tat, oder mit andern Worten: er hielt das Leben seiner Patienten wert und machte keine unnötigen Versuche an solchen Gliedern der Gesellschaft, die man als nützlich betrachtete; wenn ihm aber hin und wieder ein unglücklicher Landstreicher unter die Hände kam, so war er nicht abgeneigt, die Wirkung jeder Flasche seiner Sattelranzen an der Konstitution des Patienten zu erproben. Glücklicherweise waren jedoch seine Vorräte klein und meist ziemlich unschuldiger Natur. Mit Hilfe derselben hatte sich Elnathan ziemliche Erfahrung in den Wechselfiebern erworben und konnte mit vieler Gelehrtheit von intermittens, remittens, Tertiana, Quotidiana usw. sprechen. In gewissen Hautkrankheiten, die in den neuen Ansiedlungen vorherrschend sind, galt er als unfehlbar, und das weibliche Geschlecht in dem Patent hätte eher daran gedacht, ohne Gatten Mutter als ohne Doktor Todds Beistand entbunden zu werden. Mit einem Wort, er strebte auf so sandigem Grunde himmelan wie ein Gebäude, das die Erfahrung zum Bindemittel hat, obgleich es auch hier hin und wieder etwas brüchig aussah. Gelegentlich griff er auch wieder zu seinen Elementarstudien, und mit der Fassungsgabe eines erleuchteten Kopfes wußte er leicht seine Praxis seiner Theorie anzupassen.

      Da er in der Chirurgie am wenigsten Erfahrung hatte und diese auch ein Geschäft war, über dessen Erfolg der Augenschein allein belehren konnte, so wagte er es nicht, in dieser Beziehung seine Kräfte allzuhoch anzuschlagen; er behandelte jedoch Brandwunden mit Ölen und Salben, riß schadhafte Zähne mit der Wurzel aus und hatte die Hiebwunden zahlloser Holzfäller mit beträchtlichem Eklat wieder zusammengenäht, bis einmal einem unglücklichen Jobber durch einen stürzenden Baum ein Bein zerbrochen wurde. Bei dieser Gelegenheit wurden die Nerven und das moralische Gefühl unseres Helden in einer Weise heimgesucht, wie er es vorher nie erlebt hatte. In der Stunde der Not ließ er sich jedoch nie vergeblich suchen. Die meisten Amputationen, die in diesen neuen Niederlassungen gerade nicht zu den Seltenheiten gehören, wurden durch einen Praktiker vorgenommen, der sich von Anfang an eines großen Rufes erfreute und diesem Umstand eine Summe von Erfahrungen zu danken hatte, die es ihm möglich machten, seinen Ruhm zu verdienen. Elnathan war bei einer oder zweien dieser Operationen zugegen gewesen. Da nun bei dem gegenwärtigen Anlaß der erfahrenere Wundarzt nicht zu haben war, so fiel dieses Geschäft natürlich dem Doktor Todd anheim. Er ging dabei mit einer Art von blinder Verzweiflung ans Werk, obgleich er es nicht unterließ, in seinem Äußeren wenigstens die Würde des geschickten Arztes zu bewahren. Der Name des Patienten war Milligan, derselbe, den wir bereits Richard nennen hörten, als er des Beistands erwähnte, den er bei Gelegenheit einer Amputation dem Doktor durch Halten des Beines geleistet hatte. Das Glied wurde auch wirklich abgetrennt, und der Kranke überlebte die Operation. Zwei oder drei Jahre fuhr aber der arme Milligan fort, sich zu beklagen, daß man sein abgenommenes Bein in einem zu engen Behälter begraben habe, so daß es eingezwängt werde; denn er fühle deutlich den Schmerz aus dem begrabenen Bruchstück nach den gesunden Gliedern hinaufschießen. Marmaduke meinte, der Grund werde in den Arterien und Nerven liegen; aber Richard, der die Amputation teilweise für sein eigenes Werk hielt, bestritt diese Ansicht lebhaft, indem er zugleich erklärte, er habe schon oft von Leuten gehört, die aus dem Gefühl in den Zehen ihrer abgenommenen Glieder einen kommenden Regen prophezeien konnten. Nach zwei oder drei Jahren wurde daher, ungeachtet sich Milligans Klagen allmählich verminderten, das Bein ausgegraben und in einem größeren Sarg wieder eingescharrt, und von jener Stunde an hörte man nie wieder eine Klage aus dem Mund des Amputierten. Dieser Umstand vermehrte das öffentliche Vertrauen zu dem Doktor Todd, dessen Ruf mit jeder Stunde wuchs, während sich zum Glück für seine Patienten auch seine Erfahrung erweiterte.

      Aber trotz seiner vielseitigen Praxis und des glücklichen Falles mit dem Bein war Herr Todd nicht wenig beängstigt, als er in die Halle des Landhauses trat Sie war taghell erleuchtet, und alles sah, im Vergleich mit den hastig gebauten und sparsam möblierten Stuben, in welche ihn sein Beruf gewöhnlich führte, so gar prächtig und imponierend aus; auch waren so viele wohlgekleidete Personen mit ängstlichen Gesichtern zugegen, daß seine sonst kräftigen Nerven etwas in Verwirrung gerieten. Er hatte den Bedienten, der ihn in das Landhaus berief, von einer Schußwunde sprechen hören, weshalb er seine Sattelranzen auf dem Rücken durch den Schnee einherschleppte und auf dem ganzen Herweg nur an zerrissene Arterien, verletzte Lungen und beschädigte Eingeweide dachte, als ginge er unmittelbar nach dem Walplatz einer blutigen Schlacht und nicht nach Richter Temples friedlicher Wohnung.

      Der erste Gegenstand, der beim Eintritt in die Halle seinem Auge begegnete, war Elisabeth in ihrem reich mit goldenen Schnüren besetzten Reitkleid, die ihm mit dem Ausdruck tiefer Besorgnis in ihren Zügen entgegenging. Die grobknochigen Knie des Arztes schlugen hörbar zusammen; denn in seiner Verwirrung glaubte er in der Dame einen von Kugeln durchlöcherten Stabsoffizier zu sehen, der vom Schlachtfeld weggeeilt sei, um seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Täuschung war jedoch nur momentan, und sein Auge schweifte rasch nach dem ernsten und würdevollen Angesicht des Vaters, sodann nach dem umherstolzierenden Richard, der, um seinen Unmut über die Zurückweisung des Jägers abzukühlen, mit langen Schritten in der Halle hin und her ging und mit seiner Peitsche knallte; von diesem auf den Franzosen, der seit mehreren Minuten, mit einem Stuhl für die Dame in der Hand, unbeachtet dastand; dann auf den Major Hartmann, der ganz kaltblütig eine drei Fuß lange Pfeife an der Kerze eines Kronleuchters anzündete; dann auf Herrn Grant, der bei einem der Seitenlichter in das Lesen eines Manuskripts vertieft war; dann auf Remarkable, die mit gekreuzten Armen dastand und mit einem Blick voll Bewunderung und Neid den Anzug und die Schönheit der jungen Dame musterte; dann auf Benjamin, der mit in die Seite gestemmten Armen seinen viereckigen kleinen Körper auf den gespreizten Beinen balancierte und dabei die Gleichgültigkeit eines Mannes an den Tag legte, der mit Wunden und Blutvergießen vertraut ist. Aber alle Personen schienen unverletzt, und der Operateur begann wieder frei zu atmen. Ehe er jedoch seine Musterung zum zweiten Male vornehmen konnte, trat der Richter auf ihn zu, schüttelte ihm freundlich die Hand und sprach:

      »Du bist willkommen, lieber Doktor, in der Tat sehr willkommen. Hier ist ein Jüngling, der deines Beistandes bedarf, weil ich so unglücklich war, ihn heute abend zu verwunden, als ich nach einem Hirsch geschossen.«

      »Du nach einem Hirsch geschossen, Duke?« unterbrach ihn Richard – »ha, ha! nach einem Hirsch geschossen! Meinst du, man könne etwas verordnen, ohne daß man den ganzen Tatbestand weiß? Aber so geht es immer mit gewissen Leuten; sie meinen, man könne einen Arzt ebenso ungestraft hintergehen wie einen anderen Menschen.«

      »Allerdings habe ich nach dem Hirsch geschossen«, entgegnete der Richter lächelnd, »und es ist keineswegs ausgemacht, ob ich bei seiner Erlegung nicht Beihilfe leistete. Sei dem aber, wie ihm wolle, der junge Mann wurde durch meine Hand verletzt, und es ist nun deine Sache, ihn zu kurieren, und die meiner Tasche, dich für deine Bemühung zu belohnen.«

      »Swei Sach, auf die man sich kann verlaß sehr gut«, bemerkte Monsieur Le Quoi mit einer höflichen Verbeugung gegen den Richter und den Praktiker.

      »Danke, Monsieur«, entgegnete der Richter, »aber wir halten den jungen Mann unnötig auf. Remarkable, du wirst so gut sein, für Leinwand und Scharpie zu sorgen.«

      Diese Bemerkung bewirkte eine Beendigung der Komplimente und veranlaßte den Arzt, einen spähenden Blick nach seinem Patienten zu werfen. Der junge Jäger hatte während des eben berührten Gesprächs seinen Mantel abgeworfen und stand nun in einem einfachen Anzug von dem hellfarbigen selbstgewirkten

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