Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung

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Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart - v.-Hinckeldey-Stiftung

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auch Gewerkschaftsmitglied geworden. 1947 kam ich in den Betriebsrat der Polizeiinspektion Tiergarten, außerdem gehörte ich zur Betriebsgewerkschaftsleitung. Wir konnten nur wenig zur Festigung der beruflichen Stellung unserer Kollegen tun. Es gab nur Pflichten und keine Rechte. Im wesentlichen bemühten wir uns deshalb um soziale Hilfen. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund hatte den Spitznamen »Freier Deutscher Gemüsebund«, weil die Beschaffung von Gemüse damals eine gewerkschaftliche Leistung war.

      Innerhalb des FDGB war eine Gegenbewegung entstanden, um der Dominanz der Kommunisten Paroli zu bieten. Eine unabhängige Gewerkschaftsopposition (UGO), hauptsächlich gestützt durch Polizeiangehörige, die der SPD angehörten, konnte auch bei der Polizeiinspektion Tiergarten die Mehrheit im Betriebsrat erringen.

      Nach der Teilung der Gewerkschaft wurde die UGO der Vorläufer des Landesbezirks Berlin des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Es gelang jedoch nicht, innerhalb dieser Organisation eine eigene Polizeigewerkschaft durchzusetzen. Die UGO-Betriebsgewerkschaftsleitungen der Polizei bereiteten daraufhin die Gründung einer eigenen Interessenvertretung vor.

      Am 23. Juli 1948 versammelten sich die Vertrauensleute aller Polizeidienststellen in der »Kampfstätte« der Berliner Gewerkschaften, in »Kliems-Festsälen«. Einmütig wurde dort der Beschluß gefaßt, den Verband der Polizeiangehörigen Groß-Berlin zu gründen. Aus diesem Verband entstand später der Landesbezirk Berlin der Gewerkschaft der Polizei.

      Ebenfalls im Juli 1948 wurden die bei den Polizeiinspektionen bestehenden Überfallkommandos durch Funkwagen abgelöst. Jede Inspektion erhielt zunächst einen Funkwagen. Ich war sehr stolz, zu den ersten Funkwagenbesatzungen zu gehören. Die Funkwagen waren übrigens Leihfahrzeuge aus alliierten Beständen.

      Die Teilung der Berliner Polizei wurde 1948 in der Praxis nur allmählich umgesetzt. Zunächst sprachen die Kollegen hüben und drüben an der Sektorengrenze noch miteinander, bis eines Tages die Ostseite dort Polizeiangehörige aus Sachsen einsetzte, die dann befehlsgemäß jeden Kontakt mit dem »Klassenfeind« ablehnten.

      Neben dem Funkstreifendienst bestand ein gut funktionierender Straßenaufsichtsdienst. Alle Straßen und Plätze waren in ein Streifen- und Postennetz einbezogen, das weitgehende Sicherheit für die Bevölkerung gewährleistete. Die Schutzpolizei konnte auf diese Weise ihre Aufgabe hervorragend erfüllen, durch Prävention strafbare Handlungen möglichst schon im Ansatz zu verhindern. Da noch keine speziellen Polizeigesetze erlassen worden waren, beriefen sich die Schutzpolizisten bei der Dienstausübung auf die Berliner Straßenordnung beziehungsweise das Allgemeine preußische Landrecht, wo bestimmte Ordnungsprinzipien vorgeschrieben waren. Besondere Sektionswachtmeister überwachten die Einhaltung dieser Regelung.

      Die wichtigste Dienststelle war das Polizeirevier mit dem Revierkriminalbüro als Anlaufstelle für die Bürger. Mit diesem Netzwerk konnte auch die im Chaos des Jahres 1945 entstandene Schwerst- und Bandenkriminalität in den folgenden Jahren erfolgreich bekämpft werden.

      Über die Anfänge der Schutzpolizei – Zwischen Markgraf und Stumm

       Wilfried Jacobi interviewt Hans-Georg Urban

      Dr. Urban trat im August 1945 als Jurist in den Dienst des Polizeipräsidiums Berlin und arbeitete in dieser Zeit eng mit dem damaligen Leiter der Präsidialabteilung und späteren Polizeivizepräsidenten Dr. Johannes Stumm zusammen, der nach der Spaltung der Berliner Polizei im Jahre 1948 Polizeipräsident wurde.

       Herr Dr. Urban, wie kamen Sie 1945 bereits kurz nach Kriegsende in den Polizeidienst?

      Ich habe mich am 30. Juni 1945 im Polizeipräsidium in der Elsässer Straße gemeldet. Zunächst bei einem Personalchef, der sich Tölken nannte, der aber schon kurze Zeit später als SS-Mann entlarvt wurde und die Polizei wieder verlassen mußte. Er sagte mir als erstes: »Diese Polizei braucht keine Juristen, wir machen es diesmal ohne Juristen. Aber Sie können ja mal zum Genossen Stumm gehen, vielleicht hat der Interesse für Sie.« Ich habe mich daraufhin bei Herrn Dr. Stumm gemeldet, und nach einem kurzen Gespräch meinte Stumm: »Sie können gleich hierbleiben, Sie können sofort anfangen.« Nachdem er sich nach meiner juristischen Ausbildung und meiner bisherigen Tätigkeit erkundigt hatte, überlegte er: »Das Zweckmäßigste wäre, Sie würden ein Dezernat für Rechtsangelegenheiten übernehmen.« Rechtliche Probleme fielen in großer Zahl an, wobei man allerdings sagen muß, daß es noch keine Gerichte gab, die entscheiden konnten, ganz zu schweigen von Arbeitsgerichten. Die Entscheidungen in Personalangelegenheiten und anderen Fragen traf demnach mehr oder weniger der Polizeipräsident.

      Polizeipräsident Markgraf hatte ursprünglich mit der Polizei überhaupt nichts zu tun. Er war Berufssoldat, zum Oberleutnant befördert worden und Ritterkreuzträger. Markgraf und Stumm waren ein absolut ungleiches Paar: Markgraf völlig von den Russen abhängig, ohne, wie er mir jedenfalls versicherte, Mitglied der Kommunistischen Partei zu sein; Stumm dagegen alter Sozialdemokrat, der bis 1932 im Polizeipräsidium – zuletzt als Kriminalrat – mit politischen Fällen befaßt gewesen war. Stumm war mein unmittelbarer Chef, er gab mir die Anweisungen, und ich muß sagen, daß ich zu ihm ein besonders gutes und herzliches Verhältnis hatte.

      Aber ich wurde auch öfter zu Markgraf gerufen, und daraus ergaben sich für mich Probleme. »Was hat Markgraf gesagt?« wollte Stumm wissen, und Markgraf erkundigte sich bei mir nach Stumm. Denn nach einem Jahr Zusammenarbeit verkehrten die beiden nur noch schriftlich miteinander.

      Im Laufe der ersten drei Jahre, d. h. bis zur Teilung der Polizei, war ein ständiger Wechsel unter den Polizeiangehörigen zu verzeichnen. Die Gesamtbelegschaft betrug etwa 15 000 Mann. Soviel ich weiß, sind 10 000 bis 12 000 Mann ausgewechselt und die Stellen neu besetzt worden. Das geschah nicht nur, weil viele Polizisten politisch belastet waren, sondern auch, weil viele Kriminelle die Gunst der Stunde genutzt und sich in den Polizeidienst eingeschlichen hatten. Wir hatten bei der Präsidialwache beispielsweise einen wegen Mordes Vorbestraften, der sich als »Politischer« (das heißt politisch Verfolgter des Nazi-Regimes) ausgegeben hatte. Als nun allmählich die Strafregisterauszüge wieder vorlagen – zuletzt die aus den besetzten Ostgebieten -, da stellte man in vielen Fällen fest, wie ungeeignet die Leute für den Polizeidienst waren.

      Zunächst war nur die sowjetische Besatzungsmacht in Berlin. Anfang Juli 1945 erschienen die Amerikaner, kurz darauf die Briten und Mitte August 1945 die Franzosen. Die Alliierte Kommandantur stellte das höchste Organ für die damals noch ungeteilte Stadt Berlin dar, für Polizeiangelegenheiten war ein Ausschuß gebildet worden, das Public Safety Committee. In ihm saßen Vertreter aller vier Mächte, getagt wurde im Polizeipräsidium. Zu den Sitzungen mußten immer Herr Markgraf und Herr Stumm erscheinen. Ich wurde meistens mitgenommen – manchmal vertrat ich auch Herrn Stumm. Wir bekamen unsere Weisungen, was wir zu erledigen hatten und worüber Berichte angefertigt werden mußten. Auf den Sitzungen ging es oft ziemlich stürmisch zu, und zunächst war das Verhältnis zu allen vier Mächten gespannt.

      Die Alliierten waren den Deutschen gegenüber natürlich mißtrauisch, sahen in jedem Deutschen einen Nazi und einen, der ihnen feindlich gesinnt war. Aber schon im Laufe der nächsten Monate zeigte sich ein Gegensatz zwischen den Amerikanern und den Sowjets, und die Amerikaner hatten bald den Eindruck, daß die meisten im Polizeipräsidium Tätigen westlich eingestellt waren, zumindest die an der Spitze Stehenden, von Markgraf einmal abgesehen. Natürlich hatten die Russen versucht, überall ihre Leute unterzubringen, vor allem in den Inspektionen des damaligen Ostsektors. Die Inspektionsleiter waren zum Teil Mitglieder der Kommunistischen Partei, und das führte natürlich auch innerhalb der Polizei zu schwierigen Auseinandersetzungen.

      An einem Treffen bei Markgraf im August waren auch Stumm und der damalige Kommandeur Heinrich anwesend. Wir sprachen über Einsatzfragen, und dann kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Markgraf und Heinrich. Stumm und ich mußten den Raum verlassen. Das war das letzte

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