G.F. Barner Staffel 6 – Western. G.F. Barner
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Читать онлайн книгу G.F. Barner Staffel 6 – Western - G.F. Barner страница 31
»In Ordnung«, sagt Ray gelassen. »Ich warte, du Strolch.«
Howard treibt sein Pferd an. Und Ray, der ihm folgt, sieht ihn in Nordrichtung verschwinden. Anscheinend reitet er direkt zur Ranch seines Vaters.
Ray kehrt um und sieht die beiden Girls mit nassen Haaren, aber angezogen an den Büschen stehen.
»Hallo, alles beisammen?« erkundigt er sich. »Keine Angst, daß sich der Bursche noch mal blicken läßt. Ich denke, er ist nach Hause geritten, um sich beim alten Jim auszuheulen.«
»Weshalb willst du schon fort?« fragt Sheila und sieht Ray mit offensichtlichem Wohlgefallen an. »Bleib doch ein wenig. Warum kommst du nie in die Stadt und hältst dich zum Wochenende mal im Saloon auf, wenn getanzt wird? Du bist nur einmal im Jahr da, am Unabhängigkeitstag. Ist es wahr, läßt euch euer Vater nicht zum Tanz in die Stadt reiten?«
Das ist ein prächtiges Girl, denkt Ray und sieht es forschend an. Die hellen Augen, der Mund… Nun ja, Sheila ist wirklich prächtig, wenn auch ein wenig ernst für ihr Alter.
»Irgendwann komme ich«, sagt Ray. »Kann nur einige Zeit dauern, bis ihr mich wiederseht. Nun, dann reite ich. Nehmt Howards Gewehr und Revolver mit, vergeßt es nicht!«
»Und du vergißt nicht, uns zu besuchen, Ray.«
*
Big Jim sagt kein Wort. Er geht zu seinem Schreibtisch, läßt sich in den Sessel fallen und greift nach einer Zigarre. Erst als sie brennt, sieht er seinen Sohn durchdringend an.
»Du kennst Raffaelo Flores?«
Was soll das denn? denkt Howard verstört.
»Antworte schon, überlege nicht lange! Also, du kennst ihn. Und den alten Juan Flores auch, ja?«
»Sicher, Dad.«
Ich werde verrückt, denkt Howard, was braut sich da zusammen?
»Und wie ist es mit Carlotta Flores, Sohn?«
»Ich kenne sie eben. Wieso, ist was?«
»Juan Flores war vorhin hier. Er wollte mich sprechen. Ich dachte erst, es sei wegen seiner Mühle, weil wir dort Getreide mahlen lassen. Du hast wohl, als du Mehl abholtest, auch gleich seine Tochter kennengelernt, oder?«
»Na und? Was ist schon dabei? Sie ist Mexikanerin.«
Der Alte steht langsam auf, kommt auf ihn zu und ist feuerrot.
»Was schon dabei ist? Du verdammter Taugenichts! Du hast nie was dabei, die Girls sind ja verrückt nach dir. Wonach sind sie es wirklich? Nach dir oder dem Geld, das noch immer mir gehört? Daß dich doch der Teufel holen soll, Mensch. Weißt du, was du angestellt hast? Dieses Mexikanergirl sitzt zu Hause und heult sich die Augen aus, ebenso ihre Mutter. Sie sind fromm, diese Leute. Ihre Tochter will dich heiraten.«
»Wa… was?« stottert Howard verstört. »Ist sie verrückt? Ich habe ihr nie etwas versprochen, das kannst du mir glauben.«
»Dafür bekommt sie jetzt ein Kind, du verdammter Tölpel«, brüllt der Alte, und es hört sich an wie ein Donnergrollen. »Von wem das ist, das darfst du dreimal raten. Heiraten will sie dich, damit das Kind auch den richtigen Vater bekommt. Der Spaß hat mich fünftausend Dollar gekostet.«
Er preßt die linke Hand auf die Herzgegend und knirscht mit den Zähnen.
Verdammt, denkt Howard verwirrt, das kann doch nicht wahr sein. Das hat gerade noch gefehlt. Ich und eine Mexikanerin?
»Fünftausend?« stammelt er. »Aber es ist doch nicht erwiesen, ob ich der Vater bin.«
»Noch einen Ton, dann knalle ich dir eins.«
Der Alte stampft auf und ab, während sich der Junge erschlagen in den nächsten Sessel fallen läßt. Das also ist es: Carlotta! Wäre ihr Sohn, der ja auch der Howards ist, im schlimmsten Fall der Erbe?
»So weit bringst du mich und dich«, knirscht der Alte. »Dieser Greaserhaufen hat genauso lange gewartet, bis nichts mehr an der Geschichte zu ändern war. Du weißt, wie gerissen die Flores sind, du kennst die Brüder von Carlotta. Sie sind berechnend und bilden sich schon ein, daß aus ihrer Sippe einmal der Nachfolger von Howard Vance kommen wird. Ich muß also einen Vorerben einsetzen. Und das werde ich tun, ganz gleich, was du dazu sagst. Das ist dein Preis für deinen Leichtsinn.«
»Und – nun?«
»Sie wird einen Mexikaner heiraten, deshalb die Geldforderung. Flores wußte genau, was er wollte. Kommt es noch mal vor, vererbe ich meinen Besitz sonstwem, aber dir keinen blanken Cent. Begriffen? Du läßt die Finger von den Girls! Und jetzt raus damit! Wie bist du zu der aufgeplatzten Lippe gekommen?«
Ich erzähl’s ihm, denkt Howard, er erfährt es ja doch.
Er redet. Der Alte stiert ihn an, tritt schließlich ans Fenster und blickt zum Hof hinaus.
»Er hätte dich noch schlimmer verdreschen müssen«, brummt Big Jim Vance von dort aus. »Wenn es nur nicht ausgerechnet wieder ein Thayer wäre, der es dir besorgt hat. Solange die da sind, werde ich nachts nicht ruhig schlafen können. Es ist ein Fehler, wenn man nie etwas vergessen kann. Ich dachte, ich käme mit den Jahren darüber hinweg, aber ich schaffe es nicht. Immer die Thayers.«
*
Der alte Nat sitzt ganz still, und er kommt sich wie ein Dieb vor, der irgendwo eingebrochen ist. Es ist Nacht, der Wind fegt heulend um die Ranch. Regen klatscht gegen die Scheiben.
Briefe liegen vor ihm, die Cliff in seinem Kasten unter dem Schrank hatte. Old Nat hat sie herausgenommen und gelesen.
Man kann etwas ein Leben lang ertragen, etwas vergessen. Vielleicht eine Niederlage, aber nie einen Sohn. So ist das, irgendwann, wenn man allein mit sich selbst ist, kommen die Gedanken.
Der Alte sieht hoch, hält das Bild in der Hand. Das ist er, sein Sohn Ray. Er steht vor einer Lokomotive, von Rindern umgeben. Auf der Rückseite des Fotos hat Ray hingekritzelt: Beim Auftrieb von zweitausend Rindern für viertausend hungrige Bahnarbeiter, Chinks und alle anderen Sorten von Menschen. Manitoba, 18. Juli 18…
Drei Jahre ist das schon her. Als der Junge wegging, da wurde er dreiundzwanzig. Jetzt würde er im kommenden Herbst neunundzwanzig. Im hohen Norden ist er gewesen, für die Armee ist er als Scout und Proviantboß geritten. Arm ist er nicht, das schreibt er in dem Brief, der vor einem halben Jahr ankam. Jetzt soll er irgendwo in Oregon sein. Da bauen sie eine neue Bahnlinie. Und wer verschafft den Chinesenarbeitern das Fleisch?
Ray Thayer.
Der Alte nimmt das letzte Bild hoch. Ray trägt darauf einen Schnurrbart, so ein dünnes Ding auf der Oberlippe. Sieht nicht einmal schlecht aus damit, der Lümmel.
Ich nehm’s weg, denkt der Alte, ich behalte es. Wird Cliff schon nicht auffallen. Ich packe alles wieder so in den Kasten, wie es gelegen hat. Hatte recht damals, der Ray, wirklich. Aber mir zu drohen – das hätte er nicht machen dürfen, das war zuviel.
Der Alte sieht sich verstohlen um, als er das Bild einsteckt und die Briefe und die anderen Bilder