Bürgermeister und interne Kommunikation. Johannes Latsch
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Während trotz aller digitaler Rückschläge die Printkommunikation unterm Strich in der Verwaltung an Boden verliert, wird die mündliche Kommunikation ihren Platz behalten – nicht zuletzt, weil der Mensch von Natur aus ein geselliges Wesen ist. Wäre eine Verwaltung lebens- und erstrebenswert, in der jeder in seinem Büro sitzt, mit den anderen ausschließlich per E-Mail oder App kommuniziert? Und so werden Reden, Besprechungen, Mitarbeitergespräche, aber auch Gerüchte Mittel der Kommunikation in der Verwaltung bleiben.
Digitale Kommunikation, Print und mündlicher Austausch vereinen sich schließlich unter dem vierten Dach, der Veranstaltungskommunikation. Veranstaltungen bringen die Mitarbeiter und das Führungspersonal bei vielerlei Gelegenheiten zusammen – seien es Pflichtveranstaltungen wie die Personalversammlung, sich aus dem Arbeitsablauf ergebende Termine wie der Start eines Projekts, personenbezogene Ereignisse wie Ehrungen und Beförderungen oder gesellige Treffen wie ein Sommerfest oder die Weihnachtsfeier. Eine Veranstaltung bedient sich der Mittel der anderen Kommunikationskategorien: Das Konzept wird digital erarbeitet, die Einladung digital versandt; Plakate machen auf die Veranstaltung aufmerksam und Schilder zeigen den Weg zum Veranstaltungsort. Bei der Veranstaltung selbst treten Redner auf oder es läuft eine Publikumsdiskussion, und Besprechungen in Arbeitsgruppen sind angesetzt, deren Ergebnisse am Ende im Plenum präsentiert werden. Das komplexe Zusammenspiel dieser Kommunikationsformen rechtfertigt es aber, der Veranstaltungskommunikation eine eigene Betrachtung zu widmen, die zeigt, wie die Fäden zusammenlaufen.
2.1.6Herausforderungen
Betrachten wir die Möglichkeiten und Kanäle der Internen Kommunikation und freunden wir uns mit dem Idealbild einer zielgerichteten, sorgfältig abgestimmten, umgesetzten und Erfolg bringenden Internen Kommunikation an, sollten wir uns doch die Risiken und Herausforderungen vor Augen führen, die in jeder Verwaltung lauern, die Strategen ernüchtern und so manches Kartenhaus schnell einstürzen lassen.
Leicht sind wir versucht zu sagen: „Die Interne Kommunikation hat alles richtig gemacht – die Leute wollen halt einfach nicht mitziehen.“ Gehen wir aber den Dingen vorurteilsfrei auf den Grund, dann stoßen wir oft auf ein grundsätzliches Missverständnis: Objektiver Informationsbedarf (also das, was Mitarbeiter wissen müssten, um ihre Aufgaben wahrzunehmen) und subjektives Informationsbedürfnis (was Mitarbeiter tatsächlich wissen wollen und erwarten) driften auseinander. Bisweilen klopfen sich Führung und Interne Kommunikation auf die Schulter und sagen: „Wir haben doch alle nötigen Infos zur Verfügung gestellt; jeder konnte sich umfassend schlau machen, wenn er wollte. Niemand kann behaupten, er sei nicht informiert worden.“ Damit aber ist es nicht getan, soll das alles zu einem Ziel führen. Zum einen erwarten Mitarbeiter keinen „Information overload“, also die Überschwemmung mit Daten und Details, sondern sie wollen die für sie wirklich relevanten Informationen. Zum anderen sind sie nicht nur an Daten interessiert, sondern auch am persönlichen Austausch, an der freien Diskussion über Sorgen oder andere drängenden Fragen, an Aspekten, die vielleicht nicht im primären Fokus der Hausführung stehen. Oder vielleicht wollen sie einfach respektiert, geschätzt, persönlich wahrgenommen werden. Die Führungsebene kann sich über derlei hinwegsetzen und die Augen nur auf das Ziel richten: Wird das und das erreicht? Nur „das“ und „das“ wird mitunter eben nicht erreicht, wenn die Führung die Perspektive der Mitarbeiter ignoriert und stattdessen auf ein reines Fakten-Bombardement setzt. Stroebe macht das an einem simplen Beispiel deutlich:
„Mitarbeiter bitten ihren Chef, er möge sie über die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen persönlich informieren. Der Chef hält einen Vortrag (Ein-Weg-Information) und verschwindet. Die Mitarbeiter klagen: ‚Er hat ja gar nicht mit uns geredet‘ (Zwei-Weg Kommunikation).“ 8
Sie hatten also das Bedürfnis nach Austausch, vielleicht auch nach einem Signal des Respekts und der Zuwendung, oder sie wollten, dass er ihnen Sorgen und Ängste nimmt. Ihr Chef indes entlässt sie mit dem unbefriedigenden Gefühl, das der Dramatiker Bertolt Brecht im „Guten Mensch von Sezuan“ so beschreibt: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/den Vorhang zu und alle Fragen offen.“9
Besonders ins Gewicht fällt all das, wenn die Interne Kommunikation tiefgreifende Veränderungen unterstützen soll. In Fachkreisen hat sich dafür ein eigener Begriff eingebürgert: „Change communications“, also Veränderungskommunikation. Da viele Menschen ein bevorstehender Wandel bange macht oder sie zumindest unsicher werden, wiegt die Last der Kommunikation hier besonders schwer. Übertragen auf eine Kommunalverwaltung sind etliche Szenarien denkbar: Große Ämter werden zusammengelegt, ein Teil der Behörde zieht in eine Außenstelle oder die Kommune fusioniert gar mit einer Nachbargemeinde.
Auch Krisenzeiten setzen die Verwaltung unter besonderen Druck. Wie beispielsweise soll die Führung damit umgehen, wenn die Staatsanwaltschaft wegen Untreue ermitteln lässt und Durchsuchungen im Rathaus anordnet? Soll die Behördenleitung etwa schweigen und still auf ein „Als wär‘ nichts gewesen“ setzen, wenn die Mitarbeiter in der Lokalzeitung oder in Online-Plattformen täglich neue Enthüllungen oder Spekulationen zum mutmaßlichen Griff in die Kassen lesen?
Interne Kommunikation stößt an ihre Grenzen, wenn Geld und Personal nicht ausreichen, um Ideen in ein schlüssiges Konzept zu gießen und das alles dann auch umzusetzen. Um ein Betriebsfest zu planen und zu organisieren, stehen dem Rathaus weit geringere Mittel zur Verfügung als wenn Konzerne ihre Mitarbeiter zur Party in die Zentrale holen oder – wie vor einigen Jahren eine Versicherung – ihren Vertriebsleuten in einer Budapester Therme eine Sause mit Prostituierten gönnt.10 Bei der Vorbereitung des Rathaus-Betriebsfestes werden kleinere Brötchen gebacken. Gleichwohl kann das Vorbereitungsteam bestimmte Prinzipien beachten und manchen kreativen Einfall aus der Event-Szene auch mit Bordmitteln abgespeckt umsetzen.
Ebenso wird der Relaunch des Intranets nicht so stringent und aufwändig laufen, wie es die Theorie sagt. Eine Betrachtung solcher Schemata aber hilft abzustecken, was bei einem solchen Prozess bedacht werden muss und wo Fallstricke lauern. Solch ein Fallstrick kann auch der eigene Chef sein. So manches große Engagement wurde schon erstickt, weil der Bürgermeister oder Landrat kurzfristig immer wieder alles umgeworfen hat, ohne auch nur zu fragen, was sich seine Mitarbeiter, gerade solche mit Expertise auf ihrem Gebiet, bei dieser oder jener Idee gedacht haben.
Schließlich wird die formelle Interne Kommunikation herausgefordert durch die stets im Rathaus oder im Landratsamt wabernde Gerüchteküche, den Flurfunk, die täglichen Intrigen bis hin zum Mobbing. Ihnen ist mit Mitteln der Internen Kommunikation nur bis zu einem gewissen Grad beizukommen, etwa beim Mobbing. Da ist es nicht mit pflichtschuldigen Aufrufen zu einem kollegialen Miteinander getan; hier müssen kompetente Ansprechpartner bereitstehen, konkrete Hilfsangebote gemacht und arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden. Nichtsdestotrotz werden wir uns an späterer Stelle auch mit diesen Herausforderungen befassen, soweit sie die Interne Kommunikation betreffen.
Interne Kommunikation, so lernen wir aus alledem, kann nicht den Menschen verändern. Sie kann aber helfen, dass er das Gute, das in jedem von uns liegt, im Dienst der gemeinsamen Sache einsetzt. Sie kann dazu beitragen, dass Leistungsbereitschaft und Engagement sich entfalten können. Sie kann den Austausch untereinander fördern und damit die Verwaltung als lebendigen Organismus, als sich ständig weiterentwickelndes Wesen voranbringen.