Bürgermeister und interne Kommunikation. Johannes Latsch
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Alles sehr theoretisch, wird so mancher Bürgermeister, mancher Landrat und erst recht so mancher Sachbearbeiter denken, weil er im tagtäglichen Leben eine Wirklichkeit erlebt, in welcher der beste Wille zur Veränderung an gesetzlichen Zwängen, internen Formalismen, strengem Hierarchiedenken und notorischer Personalknappheit zu scheitern scheint. Und doch müssen sich auch die Kommunen der VUCA-Welt stellen. Darin folgt die Verwaltung nicht mehr dem Ideal eines Obrigkeitsstaats, bei der Bürger nur Bittsteller und Verwaltete sind; sie sieht sich vielmehr als ein modern ausgerichtetes Dienstleistungsunternehmen, dessen Purpose der Dienst am Bürger ist und damit auch die Stärkung und Weiterentwicklung der eigenen Stadt.
2.3Organisationskultur
Bevor wir zu konkreteren Aktionsfeldern, zu den diversen Kanälen, Mitteln und Maßnahmen kommen, derer sich die Interne Kommunikation bedient, sollten wir noch einmal sortieren, wo wir stehen. Fassen wir zunächst kurz zusammen, welche Ansprüche an die Kommunalverwaltung heutigen Typs gestellt werden, was Bürger, Mitarbeiter und potenzielle Mitarbeiter erwarten. Verdichten wir das zu ein paar Kernsätzen und überlegen, was das für die Interne Kommunikation im Rathaus oder Landratsamt bedeutet. Heraus kommt dabei folgendes Koordinatensystem:
–Die Verwaltung ist Dienstleister statt Obrigkeitsstaat.
–Sie räumt die alten Aktenordner weg und kommuniziert digital.
–Die Mitarbeiter sind keine Weisungsempfänger, sondern denken mit und helfen, die Verwaltung immer besser zu machen.
–Rathaus oder Landratsamt sind attraktive Arbeitgeber, die mit Wirtschaftsunternehmen um die fähigen Köpfe konkurrieren.
–Die Verwaltung ist modern, flexibel und entwickelt sich ständig weiter.
Davon leiten sich dann weitere Ansprüche von außen und von innen ab – etwa die Erreichbarkeit außerhalb traditioneller Dienstzeiten (von außen) und flexibles Arbeiten wie Homeoffice oder mobiler Zugriff auf Daten (von innen).
Gewiss ist die Welt nicht schwarz-weiß, wir werden Ausnahmen finden und Relikte der Vergangenheit. Zum einen sind längst nicht alle Bürger so firm in digitaler Kommunikation, dass sie den Mausklick dem traditionellen Gang aufs Amt vorziehen. Zum anderen stoßen wir in der Verwaltung bis hoch in die Spitze immer wieder auf altgediente Kollegen, die ihre Mails ausdrucken und zum Abheften lochen oder Mitarbeiter im Haus wegen einer simplen Terminanfrage lieber fünfmal in Abwesenheit anklingeln, statt einmal eine Mail zu schicken. Dennoch sind die großen, oben beschriebenen Ziele klar und unter den Vertretern von Verwaltungen und den kommunalen Spitzenverbänden unbestritten.
Welche Schlüsse haben wir aus diesen Ansprüchen für die Interne Kommunikation zu ziehen?
Auch hier können wir das in ein paar Kernsätzen und Forderungen verdichten:
–Die Interne Kommunikation setzt nicht nur Ziele, sondern lebt sie auch vor; etwa indem sie selbst digitale Kanäle und kreative, innovative Mittel nutzt.
–Sie stützt und verbreitet die Ziele der Verwaltung koordiniert auf multiplen Kanälen.
–Sie nimmt Mitarbeiter ernst, fördert ihr Engagement und ihre Beteiligung. Sie spricht augenfällige Probleme offen an und gibt nicht nur Weisungen, sondern erklärt, zeigt Möglichkeiten und motiviert zu Lösungen.
–Sie trägt zum Bewusstseinswandel bei.
–Ihre Inhalte werden durch den Alltag gedeckt, weil der Bürgermeister oder Landrat und das gesamte Führungspersonal die erklärten Ideale Tag für Tag leben und für alle erfahrbar machen.
Das ist quasi die innere Seite der Kommunikation – sie entscheidet, ob das Haus mitzieht, wenn die Führung mit Lippe, Federstrich oder Computertastatur Maßgaben setzt. Daneben haben wir es mit einer äußeren Seite der Kommunikation zu tun – gleichsam dem Gefäß, in dem die Botschaften übermittelt werden. Das sind zum einen die faktischen Kanäle, über die Interne Kommunikation im Rathaus oder der Kreisverwaltung läuft, zum anderen die Formen und die äußere Gestalt, in der das geschieht. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, steht uns dort eine ganze Palette von Kanälen zur Verfügung; gestützt wird dieses Engagement aber durch einen einheitlichen Auftritt mit Wiedererkennungswert – gewissermaßen als Markenzeichen. Beschrieben wird das durch die so genannte Corporate Identity, auf die wir noch zu sprechen kommen. Gemeint ist damit die Unternehmenspersönlichkeit, die sich in Verhalten der Mitarbeiter, in Gestaltungsmerkmalen wie Logo und Layout der Publikationen und den Botschaften der Kommunikation nach innen und außen zeigt.
Die Grundsätze einer Organisationskultur lassen sich in einem Leitbild festschreiben; als Beispiel eines solchen Kodexes mag das Leitbild des Main-Taunus-Kreises (Hessen) dienen. Darin sind die Leitgedanken in fünf Bereichen zusammengefasst: Bürgerorientierung, Aufgabenverständnis, Zusammenarbeit, Führung und Personalentwicklung.22
Entwickelt wurde das Leitbild in einem mehrstufigen Prozess. Dabei legte die Führung besonderen Wert auf die Beteiligung der Mitarbeiter. Nachdem ein Team mithilfe einer externen Agentur die Inhalte sortiert und den Text zu einem ersten Entwurf verdichtet hatte, wurden das Papier und seine Grundzüge in einer Dienstversammlung dem gesamten Haus vorgestellt. Der Chef eines weltweit agierenden örtlichen Unternehmens unterstrich in einer Rede, warum ein Leitbild für eine Organisation wichtig sei, bevor die Grundzüge der Leitbild-Inhalte in einer Präsentation schlaglichtartig beleuchtet und anschließend in Arbeitsgruppen besprochen wurden. Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge der Mitarbeiter wurden daraufhin gesammelt und gingen in eine Überarbeitung des Leitbilds zum fertigen Produkt ein.
Nun stellte sich die Herausforderung, das Leitbild auch im Bewusstsein der Mitarbeiter wach zu halten. Es wurde dazu zunächst in zwei Versionen veröffentlicht: Als Nur-Text mit dem gesamten Inhalt auf vier Seiten und als hochwertige Broschüre, die mithilfe einer externen Agentur konzipiert wurde. In diesem Heft wurden Kernsätze der unterschiedlichen Aufgabenbereiche weiter komprimiert und durch Fotos aus dem Leben der Verwaltung illustriert. Dabei bediente der Kreis sich nicht aus Stockbildern von Agenturen oder Models, sondern zeigte echte Mitarbeiter. Broschüre und Leitbildtext wurden hausintern verteilt, ins Intranet gestellt und in ein Unterlagenpaket integriert, das der Kreis jedem neuen Mitarbeiter am ersten Arbeitstag überreicht.
Parallel wurde – ebenfalls mit externer Begleitung - eine anspruchsvoll gestaltete Plakatserie entwickelt und an Schlüsselstellen des Landratsamts und seiner Außenstellen aufgehängt. Jedes der großen Plakate greift einen Satz des Leitbilds heraus und illustriert ihn mit einer Szene aus dem Behördenalltag. Die Szenen wurden bewusst nicht aus Stockbildern einer Agentur genommen, sondern eigens mit professionellen Fotografen im Landratsamt selbst hergestellt, um die Identifikation der Mitarbeiter mit den Motiven zu steigern. Bei der Platzierung wurde darauf geachtet, dass die jeweiligen Motive möglichst gut zum jeweiligen Bereich passen – sich also in den publikumsintensiven Gebäudeteilen vor allem um den Bürgerservice drehen. Mit der Plakatserie wurde das Leitbild öffentlich gemacht. So rufen die Poster nicht nur den Mitarbeitern die Kerngedanken des Leitbilds in den Sinn, sondern tragen die Botschaften auch nach außen, sodass Bürger die dort gestellten Ansprüche im Kontakt mit Mitarbeitern einfordern können. Weitere interne Kanäle sind vorgesehen, um Kerngedanken aus dem Leitbild unter den Mitarbeitern wachzuhalten.
Freilich garantieren weder ein Leitbild noch seine Multichannel-Präsentation, dass die damit verbundenen Werte und Maßgaben tatsächlich jederzeit und von allen umgesetzt werden. Aber zumindest formulieren sie einen Anspruch und geben die Richtung vor, an der sich alles weitere Handeln ausrichtet und an