Einführung in die Systemtheorie. Niklas Luhmann

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Einführung in die Systemtheorie - Niklas  Luhmann Systemische Horizonte

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hat dann immer weniger Sinn, sich zu überlegen, wie der parsonssche Kulturbegriff mit dem der Kulturanthropolgie oder mit den Hermeneutikproblemen à la Gadamer und so weiter zusammenhängt. Theorievergleiche werden immer schwieriger, je deutlicher ein spezifisches Theoriemuster hervortritt.

      Wenn Sie den bisherigen Überlegungen gefolgt sind, könnten Sie nun der Meinung sein, dass Parsons’ Theorie sich im Wesentlichen mit der Definition, Ausfüllung und Anplausibilisierung dieser Boxen beschäftigt. Das wäre jedoch ganz verkehrt. Zumindest trifft das nur einen Aspekt dieser Theorie. Ein wesentlicher Teil der hinzukommenden theoretischen Überlegungen hat es mit der Beziehung zwischen diesen Boxen zu tun, mit der Beziehung zwischen den Teilsystemen. Alle weiteren Theoriemittel sind auf Konsequenzen der funktionalen Differenzierung angesetzt. Das gibt der Theorie einen bemerkenswerten Stil. Sie behandelt die Differenzierung des Handlungssystems und die Konsequenzen einer immer weiter gehenden Differenzierung und steht damit durchaus im Zusammenhang mit durkheimschen Vorstellungen von Arbeitsteilung oder überhaupt mit der soziologischen Tradition, die die moderne Gesellschaft als differenzierte Gesellschaft beschrieben hat.

      Diese drei Aspekte der Zwischensystembeziehungen – kybernetische Kontrollhierarchie, Kommunikationsmedien oder Interchangemedien und Interpenetration – sind in sich schlecht integriert und sind auch mit der Innenaufteilung der Systeme in jeweils vier Boxen schwer zu integrieren. Parsons hat in diese Frage viel Arbeit gesteckt und mehr oder weniger plausible, aber dann sehr komplexe Lösungsversuche vorgeführt, aber daran zeigt sich schon, dass er sich in der Ausarbeitung seiner Theorie immer stärker in selbst geschaffene Zwänge verstrickt, immer stärker von dem üblichen Sprachgebrauch abweicht, immer stärker auf eigene Probleme reagieren muss und immer mehr den Kontakt mit dem soziologieüblichen Jargon verliert. Abgesehen von der ideologischen Kritik der Theorie, die nie argumentativ Kontakt gesucht hat, also nie in die Theorie eingestiegen ist, scheint mir diese in gewisser Weise kleinformatige Selbstdisziplinierung der Arbeit an dieser Theorie eine der Hauptschwierigkeiten zu sein und vor allen Dingen die Schwierigkeit, die den Schülerkreis von Parsons behindert hat oder sehr stark reduziert hat, der vor der Anforderung stand, sich auf einzelne Boxen oder auf einzelne Spezialprobleme dieser Theorie zu konzentrieren oder anderenfalls nicht mitmachen zu können.

      Es hat sicherlich keinen Sinn, schlicht zu sagen, die parsonssche Theorie sei gescheitert, oder es seien grundlegende Fehler in die Theorie eingebaut, die man heute erkennen könne, aber sie war in gewisser Weise doch eine Sackgasse in der Entwicklung einer spezifisch soziologischen Systemtheorie. Nie zuvor und nie später ist in einem so durchkonstruierten Rahmen so viel an soziologischer Einsicht zusammengefasst worden. Andererseits zeigt sich an der Hermetik der Theorie, dass man von da aus den interdisziplinären Fortschritten der Systemtheorie im Allgemeinen nicht mehr folgen kann.

      Parsons hat wie kein anderer Soziologe zu seiner Zeit nichtsoziologische Theorieleistungen integrieren können. Das gilt für die ökonomische Theorie, aber auch für Freud. Das gilt auch für die Input-Output-Sprache der Systemtheorie, für Aspekte der Linguistik, für Aspekte der Kybernetik und so weiter. Aber in dem Maße, in dem die Systemtheorie auf Selbstreferenz umschaltet, zeigt sich, dass die parsonssche Theorie nicht mehr rezeptionsfähig ist. Deshalb scheint mir hier eher das Auslaufen einer eigenständigen soziologischen Theorieentwicklung vorzuliegen, und das gibt uns alle Gründe, uns zunächst einmal im interdisziplinären Raum näher umzusehen.

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